Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 34.1918-1919

DOI Artikel:
Küppers, Paul Erich: Karl Thylmann
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13748#0351

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

K. THYLMANN ILLUSTRATIONEN ZU GOGOL „DER ZAUBERER“. HOLZSCHNITTE (1916)
Verlag von Kurt Wolff, Leipzig

ster des Donaustiles rückt Landschaft und Archi-
tektur und alle Begebenheit in die Sphäre des
Wunderbaren. Im zerfallenen Gemäuer — auf
seinen Gemälden mit der Geburt des Herrn —
ist Spuk und gespenstisches Leben. Er liebt
das Romantische. Und das hat auch Thylmann
unübertrefflich gestaltet in den zahlreichen Illu-
strationen, die mehr als seine freien Blätter sei-
nen Namen bekanntgemacht haben.
Im Jahre 1913 schafft er die ersten illustra-
tiven Folgen radierter und lithographierter Blät-
ter. Seit jenen Arbeiten von 1911 ist er gewach-
sen. Die figürlichen Darstellungen, die er neben
den Landschaften in Italien schuf, der „Johan-
nes auf Patmos“ und „Die heilige Veronika“,
waren noch beengt durch die Nähe der Quattro-
centisten, blieben noch ein wenig im Literari-
schen haften und kränkelten an der Gedanken-
blässe der Präraffaeliten. Nun erst findet er
seinen eigenen Stil. Nun sind Ängstlichkeit
und jugendliches Anlehnungsbedürfnis über-
wunden. Wer Gelegenheit hat, die Handzeich-
nungen des Künstlers aus dieser Zeit durchzu-
sehen, der kann unschwer diese Entwicklung
verfolgen: Die Naturanschauung wird großzü-

giger, kecker die Handhabung des Stiftes, freier,
unbekümmerter und leichter dieFormengebung.
Nun strömen ihm die Gesichte zu, und im Ge-
fühl der errungenen, frühen Meisterschaft ent-
stehen die kostbaren Blätter zu den Dichtern
der Romantik*), mit denen ihn eine innige
Gleichgestimmtheit der Seelen verbindet. Für
Wielands „Geschichte des Prinzen Biribinker“
wählt er den zarten, krausen Strich der Ra-
diernadel. E. T. A. Hoffmanns „Goldener Topf“,
Bonaventuras „Nachtwachen“ und Achim von
Arnims „Majoratsherren“ verlangen nach dem
zuckenden, gespenstischen Helldunkel der wei-
chen lithographischen Kreide. Aber er zeichnet
nicht knechtisch die Bilder des Dichters nach,
wird nicht Sklave des geschriebenen Wortes.
Er gestaltet neu. Mit dem feinen Einfühlungs-
vermögen des kongenialen Geistes lebt er sich
in die Atmosphäre des Buches ein. Die Dich-
tung ist ganz durch das Filter seiner Person-

*) Jean Pauls „Schmälzles Reise nach Flätz“, E. T. A.
Hoffmanns „Goldener Topf“, Achim v. Arnims ..Majorats-
herren“, Grabbes „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeu-
tung“ und Gogols „Zauberer“ sind bei Kurt Wolff erschienen.
Wielands „Biribinker“, Bonaventuras „Nachtwachen“ bei
Gustav Kiepenheuer, Weimar.

330
 
Annotationen