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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Zweites Heft (1873)
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Technische Erklärung der Beilagen
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0061
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^ro. 2. 1873.

dagegm hellroth. Die Säulenschäfts sollten entweder von rothem oder
schwarzem Marmor, oder von reich bemaltem und vergoldetem Kalk-
steine sein. Als Muster hierfür eignen sich sehr gut Zickzackornamente
oder schief sich abwickelndes Laubwerk mit Vögeln.

Der freie Raum unter der Mensa kann auch zur Aufnahme eines
Reliquienschreines dienen.

Der Altaraufsatz ist für Ausführung in reich polychromirtem
Halze bestimmt. Eine zweifache Art der Fassung des Holzwerkes ist
zu empfehlen; entweder wird das Ganze als Jmitation eines Metall-
altares behandelt, in welchem Falle alle Flächen in matter Vergoldung,
die tieferen Füllungen und Nischen, sowie die Friese an den Giebeln
mit emailartigen Verzierungen — goldenes Laubwerk auf blauem oder
schwarzem Grunde, hier und da weiße Perlen — versehen werden;
auch sind bunte Glassteine in Metallfassung ein sehr wirksamer Schmuck
bei dieser Art der Behandlung. Oder, man bemalt den Körper des
Altares in warmer Steinfarbe, gelblichgrau, ja nicht blaugrau, die
Nischen mit bunten Teppichen, oberhalb derselben fein goldenes Ranken-
werk auf blauem Grunde, alles Laubwerk, sowie die Gesimsgliederungen
matt- und glanzgold; die Füllungen in den Leuchterstufen wären nach
Art der Mosaikfriese in den italienischcu Kirchen des 12. und 13.
Jahrhunderts zu bemalen. Das Tabernakelthürchen sollte bei reich-

1. Wie Christns am Kreuze für den Mar darzustellen würe.

Die Kirche will, daß man dem Altarkreuze eine große Aufnrerk-
samkeit schenke, dasselbe in ansehnlicher Größe verfertige und Christum
darauf schön darstelle. Es soll hier das Kreuzesopfer in übersinnlicher
Verklärung erblickt werden, d. h. der Gottmensch, der sich selbst dar-
brachte, weil und wie er wollte, Priester und Opser zugleich, der
königliche Hohepriester, sich opfernd bis ans Ende der Welt. Auf
Golgatha war es ein Gottesmord mit all' den grauenerregenden Ein-
zelnheitm des Entsetzens, hier aber handelt es sich um ein verklärtes
Liebesopfer. Man kann bei der geschichtlichen Wahrheit ganz gut
stehen bleiben, aber nicht allein das Aeußerliche, im gewissen Sinne
nur mehr zufällige, Vorübergehende darstellen, sondern vielmehr das
Ewige, Wesentliche, nur dem gesteigerten Bewußtsein, dem Glauben
Erfaßliche. Daher bilde man einen möglich schönen und wie über-
sinnlichen Leib, der vielmehr am Kreuze zu stehen, als zu hängen
scheine; die ausgestreckten Arme sollen mehr das Kreuz tragen, als
daß sie daran gewaltsam ausgestreckt wären. Das Todtenantlitz sei
frei von jeder Verzerrung, erscheine in freiwilliger Ergebung nach
vorne geneigt und nicht stark auf die Seite gesunken. Die Bluts-
tropfen an der offenen Seite, an Händen und Füßen sollen mehr die
fromme Verehrung des kostbaren Blutes und seiner Geheimnisse wecken,
als daß sie den schmerzlichen Leidenskampf vergegemvärtigen. Denken

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Technische Erkläruug der Beilagen. — Praktische Notizen.

licher vorhandenen Mitteln iu vergoldetem Metalle, mit der sn vsliok
getriebenen oder emaillirten (smail olluinplsvs) Figur Christi aus-
geführt werdm. Sonst könnte dieses Bild auch auf Goldgrund ge-
malt werden.

Die Knöpfe über den Giebeln, sowie unter dcm obersten Kreuze
sind von Glas in lichtblauer oder lichtgrüner Farbe zu gießen.

Jn dem oberen Baldachine, welcher auch den Thron zur Aus-
sctzung des Allerheiligsten bildet, können zwischen den Säulen — mit
Ausnahnre der Vorderseite — an Festtagen auch gestickte Teppiche, je
nach der Farbe des Festes, aufgehängt werden.

Um bei der Aussetzung des Allerheiligsten auf den ciboriumartigen
Thron das unschöne und lästige Erklimmen von herbeigeschleppten
Staffeleien zu vermeiden, ist zwischen der Rückseite des Altares und
der Apsiswand eine doppelte Treppe angebracht, auf rvelcher der Priester
bequem emporsteigend, das Allerheiligste von rückwärts in den Thron
stellt, nachdem zuvor das Cruzifix entfernt worden, welches für die
Dauer der Aussetzung nicht nothwendig ist. Das Gitter, welches diese
Stiege nach vorne als Geländer schützt, ist in Eisen zu schmieden,
oder in Bronze zu gießen. Dieser Altar wurde dieser Tage in Regens-
burg unter Leitung des Herausgebers dieser Zeitschrift für die Stadt-
psarrkirche in Waldmünchen angefertigt.

Gothisches Glasgemälde, nach einem Carton von Professor
I. Klein in Wien.

Wir haben diese prachtvolle Composition des eben genannten,
besonders im Fache der kirchlichen Glasmalerei thätigen und frucht-
baren Künstlers deßwegen ausgewählt, weil die in diesem Fenster
enthaltenen Darstellungen sich für jede Kirche eignen; der Hauptgegen-
stand ist die Kreuzigung des Herrn, eben so innig zart, ganz nach
mittelalterlicher Weise aufgefaßt, als großartig in der ganzen Anlage
und stplstreng in der Linienführung.

Ueber der Kreuzigungsgruppe erhebt sich der Thron des himm-
lischen Vaters, umgeben von den neun Chören der Engel; die Che-
rubjm und Seraphim sind in der altchristlichen traditionellen Form
blos als strahlende Köpfe mit 6 Flügeln, die Throui als zwei in-
einander greifcnde geflügelte Kreise zu den Füßen des Allmächtigen
dargestellt. Nach unteu schließt das Fenster mit den sitzenden Gestalten
dreier Propheten, welche Spruchbänder mit Weissagungen auf den
Kreuzestod des Heilandes tragen. Nach oben sind in das für ftgurale
Darstellungen höchst ungünstige Fischblasen-Maßwerk die Symbole der
4 Evangelisten in sehr geschickter Weise, eingezeichnet.

Pnil,1inl,t HMtltz

wir uns zur Rechtfertigung dieser Darstellungsweise an die Stelle der
Sakramentsgestalten im Augenblicke der Wandlung die sichtbare Er-
scheinung des Frohnleichnams — und gewiß so und nicht anders müßte
der Heiland, ausgespannt am Kreuze, als Opfer und Priester zugleich
erscheinen.

2. Nebcr eine schöne Darstellung der Hinnnelskönigiu.

Die hl. Jungfrau sitzt, von einem Lichtkranze umgeben, in ganz
weißer, faltenreicher Gewandung mit goldenem Stirnbande auf einem
prachtvollen Throne und bietet, während ihr Auge voll süßer Hoheit
uns entgegenblickt, niit der einen Hand das Jesuskind, es leicht um-
fangend, mit der anderen Hand ladet sie uns ein. Jhr göttlicher
Sohn aber steht in reichsaltigem, talarartigem Gewande mit einem
Gürtel um die Lenden, aufrecht neben der Mutter, auf dem Sitze
des Thrones. Der männliche Charakter in der Kindesgestalt erinnert
an die göttliche Würde, während die Milde in den Gesichtsziigen seine
rmendliche Erlöserliebe zeigt. Die rechte Hand segnet voll Kraft und
Amnuth zugleich, die andere hält die sinnbildliche Weltkugel. Also
Maria ernst, still und ruhig, nicht mit dem Ausdrucke gewöhnlicher,
mütterlicher Liebe und Zärtlichkeit, sondern als Trägerin des Heiles
der Welt, als Werkzeug der göttlichen Gnade, als der lebendige Thron
des Lebens, so zeigt sie sich als Mariahilf durch Jesus, der uns wie

ein thronender, junger König begegnet, in reicher Kleidung und nicht
unchristlich nackt, in unverschämter Entblößung.

3. Ueber St. Josephs-Bilder.

St. Joseph wird nach Weise der orientalischen Kunst als Greis
dargestellt, während ihn die abendländische Kirche als den jugendlichen
Bräutigam der jungfräulichen Gottesmutter kennt. Die Orientalen
nehmen ihn so, weil des ewigen Vaters Schatten für das fromme
Gemüth so geheimnißvoll und mächtig auf seinem irdischen Stellver-
treter beim menschgewordenen Gottessohne ruht, so daß der hl. Joseph
unwillkürlich die Züge des göttlichen Vaters annimmt. Der heilige
Patriarch ermahnt so in seiner hochehrwürdigen Geftalt sichtlich an
den „Alten der Tage." Erhaben steht er da, auf den blühenden Stab
gestützt, mit dem Ausdrucke königlicher Würde und seligster Einfalt
zugleich. Oft trägt er auch das gebenedeite Kind, dessen Schutz und
Stütze zu sein seiner Demuth äußerste Probe und herrlichster Lohn
war. So sehr aber hier die Erhabenheit und Kraft des ewigen
Vaters erscheint, so sieht man dennoch den irdischen Nährvater ehr-
furchtsvoll und anbetend vor dem göttlichen Pfande zurücktreten. Das
Kindlein aber ist wiederum ganz der menschgewordene Gott, menschlich
klein und göttlich groß, weder naturalistisch weich, noch unkindlich
finster, voll süßer, nahbarer Majestät.

(_1^ _

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