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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Fünftes und sechstes Heft (1875)
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Technische Erklärung der Beilagen
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0106
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M. 5 imä 6. 1875.

Ueber Metall-Altiire.

(Fortsetzung.)

Wohl mögen seit den Tagen Justinians seine Nachfolger auf dem
byzantinischen Kaiserthrone noch manche andere Kirchen mit ähnlichem
reichen Metallschmucke bedacht haben. Allein die byzantinischen Quellen-
schriften sind für das Fach der Kunstgeschichte bis jetzt noch zu wenig
erforscht, als daß wir noch weitere Beispiele von ähnlichen kostbaren
goldenen und silbernen Altarbauten aufführen könnten. Es hat sich
auch unseres Wissens keine Spur mehr von solch' einem Altare der
griechischen Kirche bis auf unsere Zeit erhalten, was durch die vielen
Einfälle fremder Kriegsvölker ins byzantinische Reich sich wohl erklären
läßt. Selbst die abendländischen Ritter gingen, wie wenigstens byzan-
tinische Schriftsteller ihnen vorwerfen, mit den Heiligthümern der
griechischen Kirche sehr barbarisch um, indem sie die werthvollen Metall-
sachen raubten, aus den priesterlichen Gewändern sich selbst Schmuck
bereiteten, ja sogar ihre Pferde aus den großen goldenen Ministerial-
kelchen tränkten. Und was die guten Kreuzritter übrig ließen, zerstörte
vollends der hereinbrechende Jslam. Wenn wir jedoch aus dem Ge-
brauche der heutigen griechischen Kirche auf den der alten Kirche des
byzantinischen Reiches schließen können, was bei dem starren unbeweg-
lichen Feststehen alles griechischen Kirchenwesens sehr wahrscheinlich ist,
so war man im griechischen Ritus weniger auf metallischen Schmuck
des Altartisches bedacht, der bei den Griechen heutzutage noch von
Holz und nur mit Stoffen bekleidet ist, als auf den der Umgebung
des Altares, also des ihn überragenden Baldachines odev der das
Heiligthum des Altares vor den Blicken des Laienvolkes abschließenden
Bilderschranke (Jkonostas). Wer heutzutage in eine nur etwas ver-
mögliche griechische Kirche tritt, findet an dem Jkonostas regelmäßig
die in Silber getriebenen Figuren des göttlichen Heilandes, der heiligen

Technische Erklärung der Beilagen. — Praktische Notizen.

Tafel XXXVI. bis XXXVIII.

Aufriß und Grundrisse eines Altarentwurfes für die Dominikaner-
kirche in Regensburg. Die genannte Kirche, in großartigen Verhält-
nissen, jedoch in den dem Dominikanerorden eigenthümlichen einfachen
Formen von 1773 — 76 erbaut, ist eines der frühesten Denkmale
vollendeter frisch aufblühender Gothik in Süddeutschland. Das Muster
zu vorliegendem Altare bildete der berühmte Hochaltar in der mit der
Dominikanerkirche zu Regensburg ziemlich gleichzeitigen Elisabethkirche
in Marburg, nur ist mit Rücksicht auf die jetzigen liturgischen Be-
dürfnisse zwischen dem Altaraufsatze und der Mensa ein Stockwerk
eingeschoben worden, um Raum zu einem Tabernakel und zur Bergung
von Reliquien zu erhalten. Wenn das Allerheiligfte ausgesetzt werden

soll, so wird die Monstranz auf einem eigens hierzu gearbeiteten
Sockel von getriebenem und mit Steinen besetzten Metalle, welcher
auf dem Tabernakel ruht, gestellt, und wird die in der Mitte be-
sindliche Kreuzigungsgruppe durch einen seidenen, reich gestickten Vor-
hang verhüllt. Dieser Vorhang hängt mit verschiebbaren Ringen an
einer Metallstange, die beim Anfange des mittleren großen Spitzbogens
eingesteckt wird.

Durch die beigegebenen Grundrisse ist nun die Construction des
Altares hinreichend klar. Das Material des Altarunterhaues sammt
der Mensa soll Kalkstein, das des Aufsatzes reich bemaltes Tannen-
holz sein.

f

Aotiren

Gottesmutter Maria und des Kirchenpatrons mit aufgemalten Fleisch-
theilen. Der Jkonostas in der Jsaakskirche in Petersburg soll ganz
aus gegossenem und getriebenem Silber bestehen. Ein sehr reicher
Jkonostas mit Silberreliefs besindet sich auch in der griechischen Kirche
zu Triest.

Kehren wir wieder zur abendländischen Kirche zurück, so häufen
sich von Jahrhundert zu Jahrhundert die Zeugnisse für den überaus
reichen Schmuck der Altäre mit kostbaren Metallen und Edelsteinen.
Wir wollen hier nur beispielsweise einige Daten aus Anastasius, dem
Biographen der Päpste, vorführen, um daraus einen Schlich auf die
Ausstaltung der Altäre hervorragender Kirchen überhaupt zu machen.
Zu bemerken ist hierbei, daß im ganzen ersten Jahrtausende, ja bis
ins zwölste Jahrhundert hinein, von einem Altaraufsatze nie die Rede
ist, sondern jeglicher Schmuck aus edlem.Metalle nur der Umkleidung
des Altartisches oder des 'den Altar überragenden Ciboriums gilt.

Papst Sixtus III. schenkte in die Liberianische Basilika (jetzt
Maria Maggiore) einen silbernen Altar im Gewichte von 300 Pfund;
Gregor IV. für die Kirche des hl. Markus zu Rom ein Ciborium von
Silber, 1000 Pfund schwer, und ließ auch den Altar mit silbernen
Tafeln schmücken. Papst Hilarias (461) stiftete zur Basilika des
hl. Laurentius einen silbernen 40 Pfund schweren Altar; der hl. Syl-
vester schmückte die Kirche der hh. Petrus und Marcellinus mit einem
Altare von 200 Pfund Silber. -Die größten Stiftungen dieser Art
geschahen im achten und neunten Jahrhunderte. Leo III. (erwählt 795)
errichtete in der Liaoonia vöi Osuitriois ein Ciborium vom reinsten
Silber im Gewichte von 212 Pfund, und schenkte hierzu ein gold-
gewirktes Altargewand niit Bildern aus der „großen Litanei" (st
aliaiu vsstsiu olirzisoLlavuiii Iiabsntora üistoriain Istanias inajoris);
zur Kirche des hl. Andreas stiftete er einen silbervergoldeten Altar im

Tafel XXXIX.

enthält mehrere sehr einfache Muster für Anfängerinen in der kirch-
lichen Stickkunst, welche im Tambourstich ausgeführt, auf Altartücher,
Staubdecken für Altäre, einfache Chorröcke, Communiontücher u. dgl.
passend sind. Nr. 1 ist ein Muster zu einem Velum sürs Ciborium,
das im Kreise geschnitten, an seinem äußeren Rande diese Verzierung
in Goldstickerei erhält. Nr. 2 ist eine laufende Verzierung, in rothem
Garne oder waschächter farbiger Seide auf Altartücher im Stielstich
-ausznführen; die Namen Jesus und Maria können auch in waschbarem
Golde gestickt werdcn. Dieses interessante Muster stammt von einer
alten spanischen Stickerei und hat statt der beiden Namen Jesu und
Mariä das Wort ICsäs in jedem der mittleren Spruchbänder.

Gewichte von 52 Pfund, „von wunderbarer Arbeit"; eine 162 Pfund
schwere Altarbekleidung aus reinstem vergoldeten Silber erhielt von
ihm die Kirche der hl. Petronilla, „mit verschiedenen Gemälden ge-
ziert" (äivsrsis pisturis orug.1a.iii), worunter wir Emailv.erzierungen
zu verstehen haben. Den Altar hes hl. Gregor des Großen ließ der-
selbe mit vergoldetem Silber bereichern, 127 Pfund schwer; in der
Basilika des hl. Pankratius errichtete er ein Ciborium von reinstem
Silber zu 367 Pfund, ein ebensolches von 504V2 Pfund in der Kirche
St. Callixtus.

Leo IV. (erwählt 847) schenkte für St. Paul außerhalb der
Mauern ein szNoriuiu miras pulslirilucliuis, lUAsuli argsuli poucksrs
ouiu coluuinis urZsutsis soiupluiu, 946 Pfund schwer; in St. Syl-
vester und Martinus bekleidete er den Altar mit 116 Pfund reinen
Silbers; in der Kirche des hl. Petrus zu Leopolis schmückte er den
Altar mit vergoldeten Silberblechen, welche „glänzten wie die Sterne
des Himmels", im Gewichte von 804 Pfund. Jn der Hauptkirche zu
St. Peter errichtete derselbe über dem Altare des Apostelfürsten ein
Ciborium von „wunderbarer Größe und Schönheit" mit vergoldeten
Lilien, im Gewichte von 1606 Pfund Silbers. Ueber den Säulen
dieses Ciboriums ließ er zur weiteren Verschönerung 4 Körbe aus
reinstem Silber anbringen, (4 oopliiuos, wahrscheinlich Blumenkörbe
oder korbähnliche Capitäle, wie sie in den ravennatischen Kirchen sich
zeigen?) 42 Pfund schwer: die Stirnseite des Altares des hl. Petrus
schmückte er mit Tafeln vom reinsten Golde, mit vielen kostbaren Edel-
steinen, in deren Mitte das Bild unseres Erlösers glänzte, sein Kreuz
und seine Auferstehung; ebenso erblickte man daran die Brustbilder
der Apostel Petrus und Paulus, unter denen die Bilder Leo's IV.
selbst und seines „theueren Sohnes, des Kaisers Lothar zu ewigem
Andenken" angebracht waren. Ebenso bekleidete er die Confession
 
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