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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Drittes Heft (1874)
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Praktische Notizen
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Archäologische Miszellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0077
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Praktische Notizeu. — Archäologische Miszellen

„Oben über dcm goldncn, gcwcihetcn Tische des Altars
Strcbet zur Höhe cmpor ein mächtiger Thurm in dic Lüftc,
Ruhend auf vicrfachcn Bogcn, umgossen von strahlendcin Silbcr
Und von dcn silbcrnen Säulcn gctragcn, auf deren erhabne
Häupter die silberncn Füßc der vicrfachcn Bogcn gestcllt sind.
Uebcr den Bogen steiget der Thurm dann auf, wie ein Kcgel;
Doch ist er diesem völlig nicht glcich; dcnn unten am Fuße
Bildct dcr Rand nicht genau die Form dcs richtigcn Krcises,
Sondcrn es ist achtscitig dic Basis, von wclchcr der Kegcl
Dann vom wcitcren Krcisc zur Spitze allmälig cmporstrcbt.

D'ran sind gelegt acht silbcrne Platten, in ihrcr Vcrbindung
Bildend dcn lang sich crstrcckenden Rückgrat. Jegliche Platte
Steigct, dem Drcicck ähnlich, empor auf der cigcncn Straßc,

BiS sic alle vereinet dic höchfte Spitze dcs Kcgels,

Da, wo dic Kunst das Bild dcs herrlichcn Kclchcs geschaffcn.
Blätterähnlicher Schmuck umgibt dic nach unten gebognen
Ränder des Bechcrs. Jnmitten darüber die Kugel des Himmels

Kirchenschatz im Mainzer Donie.

Der „Rheinische Antiquarius" von Dielhelm, 1776, S. 598, sagt
von ihm: „Das Vornehmste, so man im Dome zu beobachten hat, ist
der große Kirchenschatz, so allda gleich hinter der Sacristei gewahrt
wird und einer der reichsten in Deutschland ist. Er wird den Fremden
von zwei Vicarien des Dechanten gegen ein gutes Trinkgeld gezeigt
und besteht aus vielen, mit kostbaren Juwelen, Gold und Silber ein-
gefaßten Meßgewanden und in anderem Kirchengeräthe mehr. Unter
den besten Stücken davon ist ein Ostensorium oder eine Monstranz,
so auf 24,000 Thlr. geschätzt wird; deßgleichen ein mit lauter Perlen
besetzter Baldachin oder der sog. Perlenhimmel, unter dem zu gewissen
Zeiten das Vönsrastils oder die Hostie getragen wird..." — Misson
schreibt in seiner italienischen Reise, S. 83, daß in dem Oliron. HrLlxmA.
gelesen werde, wie im Mainzer Domschatze auch ehemals ein Smaragd
gelegen sei, welcher ausgehöhlet und von der Größe und Gestalt als
die Hälfte einer ziemlichen Melone gewesen wäre. Eben dieser Autor
sagt weiter noch, daß man an gewissen Tagen Wasser in diese smaragdene
Schale gegossen, etliche Fischlein darein gesetzt und solche dem gemeinen
Volke gezeigt habe, welches sich eingebildet, der Stein habe ein Leben,
weil es nicht gewußt, daß Fische darin gewesen, die' sich bewegt und
eine Bewegung gemacht hatten. Unter vielen anderen Heiligthümern
wird auch ein Stück von dem Schweißtuche unseres Herrn Christi in
einem gar schweren und sauber ausgearbeiteten viereckigen silbernen

Blitzcnd im silbcrncn Schcin, und übcr dcn Himmcl cmporragt
Leuchtend das hciligc Krcuz. Es gercich' uns Allcu zum Hcile!

Ucber dcn Bogen mnhcr schlingt sich an dcs herrlichen Kegcls
Unterstcm Rand cin Kranz vou spitzigcm Dorncngeflcchtc,

Gradaus laufcndc Strahlcn, wic dic dcr duftigcp Früchtc
Wildcr Birnen des Waldcs, uach vbcn cutscndend, so daß sie
Ragcn übcr dcn Raud hcrvor in dcm schimmcrndcn Lichtc. >

Unten, wo auf dem Rande dic mit cinandcr vcrbund'nen
Seiten cnden des Kcgcls, crblickst du vom Künstlcr gcformte
Bccher, aus Silber gegosscn, von dcncn cin jcglichcr trägct
Candclaber mit blindcn nnd nachgcbildetcn Kcrzcn,

Nur zum Schmuckc bestimmt und nicht zur Erleuchtung dcs Tcmpcls;
Denn in dem blanken Mctallc dcr abgerundcten Formcn
Blitzcn sie rings nm sich her; nicht dic brenncndc Flamme dcs Fcuers,
Nur dcn Strahl des Mctalls cntscndcn dic zierlichen Kcrzcn.

Auch den hciligcn Tisch untcrstützcn goldcne Säulen;

Selber von Goldc, steht cr auf goldencr Basis und schimmcrt

^tthiiolllgisckie Äsw'«e»ci>.

Das Crncifix und Mariä Berkün-ignnst

auf einem und demselben Bilde im Mittelschreine eines Flügelaltares
vom Ende des 15. Jahrhunderts zu Parbian in Tyrol hat manchen
Kirchenbesucher zu einem Lächeln über das Mittelalter veranlaßt, weil
man sich damals so handgreifliche Verstöße gegen die Zeitfolge der
bekanntesten Ereignisse aus der hl. Geschichte zu Schulden kommen
ließ, wie der erste Blick auf ein solches Bild darzuthun scheint. Ilnd
sollte so was auch nur alleinige Schuld des Malers sein, warum ließ
man aber dann seine sinnstörende Composition öffentlich aufstellen?
— Faßt man aber die Bedeutung der Bilder im Gotteshause aus
genannter Zeit näher ins Auge, wo sie nämlich den mangelhaften
Unterricht krüftig unterstützen mußten, erwägen wir dazu die hohe
Bedeutung vom Gruße des Engels, so dürfte das heutige Achselzucken
über die Albernheit der mittelalterlichen Kunst nicht gar sehr berechtigt
erscheinen. Das große Crucifix, welches auf genanntem Bilde beinahe
ganz gleich stark wie die anderen Figuren in den Vordergrund tritt,
sollte den gemeinen, schwach unterrichteten Mann so recht eindringlich
erinnern, daß durch Maria's Worte: „Siehe, ich bin eine Magd des
Herrn, mir geschehe nach Seinem Worte!" Gottes Sohn Mensch und
Erlöser geworden, als welcher Er am Kreuze gestorben ist. Es ist
somit hier der allererste Beginn und der Abschluß oder die Vollendung
des Erlösungswerkes auf die allerkürzeste Art und Weisevor Augen gestellt.
Aehnliche, uns etwas fremdartige alte Bilder gibt es noch mehrere
andere, die aber bei gcnauerer Ersarschung nur praktisches Erfassen der
Kunst in alter Zeit darstellen und sogar auch nachahmenswerth wären.

Jn dem Glanz dcr ihm einIcfügtcn köstlichen Stcinc.

Wohin werd' ich geführt? Wohin cntcilct dic Rcde?

Lass' das vcrwegene Wort nicht dcincn Lippcn cntschlüpfen
Und enthüllc du nicht, was dcm Volkc nicht zicmet zu schancn.

Pricstcr, nur euch ist's crlaubt, nach den Satzungen dicß zu vcrrichtcn.
Breitct übcr des Altars Tisch nun das dcckcndc Tuch aus,

Schön gefärbt in dcr purpurncn Blüthe sidonischcr Muschel;

Spannct dann aus an dcn vicr mit Silber umgosscnen Bogcn
Dcn umhüllcnden Vorhang und zcigt dcr uncndlichcn Mcnge
Nun dic goldcne Pracht und all' dic künstliche Arbcit!

Eins dcr Gcwändcr enthält das crhabene Bild des Erlvsers;

Dicscs abcr hat nicht der Mcißcl dcs Künstlers gcschaffcn,

Nicht auch dic Kunst der Nadel gestickt in das buntc Gewebc,
Sondcrn dic Spulc allcin, dic durchcinander dic buntcn
Fädcn gcmischt, das Gcspinnst dcr sremdcn cmsigcn Würmcr" u. s. s.
Es folgt nun oine eingehende Beschreibung der Figuren auf den
Altarvorhängen ('lotruvalu). (Fortsctzung folgt.)

Zur Geschichte des Caselkrenzes.

Sowohl in den Classikern, als auch in den ältesten christlichen
Schriftstellern lesen wir nicht selten große Lobsprüche über die schönen
Gewänder, welche ihre Pracht besonders den aufgenähten Streifen aus
kostbaren Stoffen verdankten. Es lag nun der Gedanke ganz nahe,
auch die kirchlichen Gewünder ähnlich auszustatten und dieselben von den
profanen nicht übertreffen zu lassen. Und in welch' anderer Form,
als in der des Kreuzes, des christlichen Triumphzeichens seit Constantin,
sollte dieser Streifenschmuck angebracht werden? Die gabelförmige
oder die gleich einem in zivei Aeste aus einander gehenden Baumstamme
verwandte Form, ähnlich dem griechischen V, stieg wohl am schönsten
vorwärts und rückwärts zu den Schultern einer Casel hinan und ver- !
einigte sich wie zu einem Stücke. Denkt man sich dann weiter solche
Streifen durch die Kunst des Webers oder durch eine'stickkundige Hand
reich ausgestattet, so läßt sich wohl auch mit Necht großes Lob von der
Pracht eines priesterlichen hl. Gewandes eben so gut erheben, wie
hinsichtlich einer to^a pvantoxta. So war es auch in der That durch
mehrere Jahrhunderte hindurch, bis die schief laufenden Kreuzes-
balken durch wagrechte und dazu noch breitere verdrängt wurden, und
später die ganze Kreuzesform verschwand und in übermäßig breite und
bedentungslose Flächen ausartete. Möchte wiederum bald die ursprüng-
liche und so sehr passende Caselverzicrung mit dem gabelförmigcn Kreuze
an der Vorder- und Rückseite zu allgemeiner Aufnahme kommen! —
 
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