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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Drittes Heft (1874)
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Technische Erklärung der Beilagen
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0076
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Technische Erklärung der Beilagen. ^—- Praktische Notizen.

^ro. 3. 1874,

Die Lampenbehälter in Form von Thürmchen mit verglasten
Fenstern sinden sich im Mittelalter sehr häufig; ein besonders schönes
Exemplar dieser Art hängt in der Kapelle des Rathhauses zu Siena,
Nr. 1 bietet die perspektivische Ansicht dieses Lampengehäuses, Nr. 2
eine der 4 Seitenflächen, Nr. 3 den Grundriß; nach oben zu ist kein
Dachverschluß anzubringen, da derselbe durch das Licht bald geschwärzt
und verkohlt würde. Die Einfachheit dieses niedlichen Geräthes er-
möglicht die Herstellung desselben auch für ganz arme Kirchen.


Neber Metall - Altäre.

Die Ausführung von Altären in, wenn auch unedlem, doch ver-
goldetem und mit farbigen Glassteinen, Emails und dergl. verziertem
Metalle, gehört freilich jetzt noch zu den Seltenheiten. Erst in neuester
Zeit fängt man bei Restaurationen mittelalterlicher Gotteshäuser wieder
an, den heiligsten Ort und das Centrum des ganzen Kirchenbaues,
den Altar, aus dem edelsten, bildsamsten und zugleich dauerhaftesten
Materiale, aus mehr oder minder kostbarem Metalle, aufzubauen.
Selbstverstündlich sind unsere Kirchen nicht mehr das zu leisten im
Stande, was ihnen in den Zeiten der byzantinischen und karolingischen
Kaiser, sowie im prachtliebenden Mittelalter möglich war. Die Ver-
wendung von purem Golde und Silber zu diesen Zwecken ist, abgesehen
von der allzu starken Verlockung für große und kleine Kirchendiebe, heut-
zutage schon deßwegen nicht mehr zu sinden, weil unsere materielle Zeit
für so großartige Opfer zur Ehre des Allerhöchsten kein Verstündniß
mehr hat und die edlen Metalle jetzt ganz andere Wege wandeln, als
ehedem. Die Anwendung von gut vergoldetem Kupser oder Messing
zur Bekleidung der Altäre ist jedoch ein eben so solider, als wirkungs-
voller Ersatz des edlen Metalles; auch sind bei mäßigen Größenver-
hältnissen dieser so bekleideten Altäre die Kosten nicht um Vieles er-
heblicher, als bei einem reich in Holz geschnitzten und mit kunstgerechten
Bildern und Figuren geschmückten Altarbaue. Sind ja doch erst in
neuester Zeit noch llngethüme von gothischen Hochaltüren im Preise
von 8—12,000 fl., die ganze Chorapside bis zum Gewölbe bis zum
Erdrücken anfüllend, aufgestellt worden, die der Witz eines Kunstfreundes
in Niederbayern nicht mit Unrecht nur „aufgestellte Tölzer Flöße" nennt.

Metallene Altäre vereinigen die Vorzüge des größtmöglichen
Glanzes und großer Gestaltungsfähigkeit mit mehrhundertjähriger Dauer,
was von Holzaltären, seien sie noch so solid ausgeführt, nicht gesagt
werden kann.

Es sind uns bis jetzt, wie schon oben angedeutet, nur sehr wenige,
dafür aber brillant durchgeführte Metallaltäre aus der neuesten Zeit
bekannt geworden. Bevor wir jedoch dieselben des Näheren würdigen,
möchte ein historischer Rückblick auf die Anwendung des Metalles zum
Schmucke des Altares an Ort und Stelle sein.

Tasel XIX. nnd XX.

Gemalte Laubwerks-Verzierungen vom Lettner der Elisabethkirche
in Marburg. Diese eben so einfachen, als wirkungsvollen Ornamente
sind ganz flach, in weißlich gelbem Tone auf die schmalen Flächen der
Strebepfeiler, welche die durchbrochene Lettnerwand beleben, aufgemalt,
und sind in ähnlicher Verwendung bei Fassung von Altären u. dergl.

»ahtische Kotireip

Ob in den ersten drei Jahrhunderten edles Metall als Schmuck
und Bekleidung der Altäre Verwendung fand, ist sehr zu bezweifeln.
Waren ja damals die Altäre zumeist nur Gräber von Martyrern,
steinerne Sarkophage in den Nischen der Katakomben, oft nur noth-
dürftig mit dem Namen des Blutzeugen, oder mit dem Monogramme
Christi und anderen christlichen Zeichen versehen, nur selten mit Stein-
Bildwerk in Relief verziert. Wohl mögen die heiligen Gefäße, welche
direkt zur Feier der heiligen Geheimnifse gehörtcn, von kostbarem
Materiale und kunstreicher Arbeit gewesen sein — wie die bekannte
Geschichte des hl. Laurentius entnehmen läßt — aber von metallener
Altarbekleidung dürfte kein Beispiel aus jener Zeit nachgewiesen werden
können.

Anders gestaltete sich die Sache, als unter Constantin die Kirche
frei und ungehindert ihre Basiliken erbauen und die Schönheit ihres
Cultus entfalten konnte.

Wir wollen hier von den vielen Beispielen, welche Anastasius,
der Bibliothekar, in seinem „Leben der Püpste" aufführt, nur einige
berühren. Der Papst Sylvester, zu Anfang des 4. Jahrhunderts,
schenkte einen Altar, reich mit Gold- und Silberplatten belegt und
mit 200 kostbaren Edelsteinen von rother, weißer und grüner Farbe
besetzt. Papst Gregor III. bekleidete die Vorderseite des Altares und
der Confession des hl. Petrus mit getriebenem Silbdr, und an den
drei übrigen Seiten des Altares brachte er drei Kreuze von Silber
an, im Gewichte von 36 Pfund. Jn der Basilika, die heutzutage der
Lateran heißt, ließ Constantin 7 Altäre von Silber, jeden zu 260 Pfund,
errichten. Nach dcm Berichte des Sozomenus schenkte die Kaiserin
Pulcheria, Schwester Theodosius des Großen, für eine Kirche einen
Altar, ganz von purem Golde und mit Edelsteinen reich verziert. Papst
Sixtus III. ließ für die Kirche 8. Nuria. uck pi-ussops (die HasiliLa
Uiboriuuu, heute Naria Naggiorö) einen Altar von reinstem Silber,
im Gewichte von 300 Pfund, errichten.

Es wäre ermüdend, die Reihe dieser großartigen Schaükungen
noch weiter fortzuführen, zumal in den betreffenden Nachrichten über
die Form und die künstlerische Ausführung dieser Altäre sich nichts
entnehmen läßt. Doch läßt sich mit Sicherheit voraussetzen, daß die

sehr zu empfehlen. Nr. 1 und 2 auf Tafel XX. gibt eine Flächen-
decoration, welche zur Verzierung von Hintergründen, von Füllungen
an steinernen Antipendien u. s. w. sich eignen. Auch dürfte manche
Stickerin, welche mit dem Ilmzeichnen gothischer Ornamente vertraut ist,
sich aus diesen graziösen Blumen eine leicht auszuführende Verzierung
für Fonds von Caseln, Altarbehängen, Streifen zu einfachen Ornat-
stücken und dergl. zusammensetzen.

technische Bearbeitung mit der Kostbarkeit des Materials gleichen Schritt
hielt. Daß die römische Goldschmiedekunst zur Zeit des Augustus nicht
als bloßes Handwerk, sondern von gebildeten Künstlern als eigentliche
Kunst betrieben wurde, beweisen unter Anderem die Pompejanischen
und Hildesheimer Funde zur Genüge. Und wenn auch in der späteren
Kaiserzeit in Bezug auf die Reinheit des Styles der Verfall der Kunst
sich vorbereitete, so erbte sich doch die technische Fertigkeit sicher fort,
bis durch die Einfälle der nordischen Völker auch in diesem Kunst-
zweige die Barbarei einriß.

Jnteressanter als die vorhergehende trockene Aufzählung von kost-
baren Metallaltären sind zwei Beschreibungen solcher Altarbauten aus
dem sechsten Jahrhunderte, weil wir in denselben über den architekto-
nischen Aufbau Näheres erfahren. Die eine Nachricht findet sich im
Leben des hl. Martyrers Demetrius von Thessalonich, worin erzählt
wird, daß der Erzbischof der dortigen Kirche das bei einem Brande
zerstörte silberne Ciborium mit dem Silber des Thrones wieder her-
stellen wollte: »... Vickit suoruin illuck pulcckikrriiuumguo opus, iu inockio
toiupli ack siuistraiu ügura soxaugulari orsotuiu, ooluiuuis 86x
totickouiguo Iat6ribu8 6 probato soulptoguo arZ6uto toriuatuiu,
siiuilitorguo ot kastigiuiu, ssxaugulnribus iu oirouitu IntLribus sut-
kultuiu, 6t guasi a Im8i iu rotuuäaui oollignturniu äosiuous, ar-
Zoutouuu^uo uiaguituäiuis Iiuuä parvuo spliaoraiu suporius t'orous,
8ul> gua uiiru, volut ouourbitao, Zeriuiuu oontinoutur, suprn ^uii6
oiuuin ckoüxuui nävorsus uiortom tropaouni, vivitioa ckioo ao vs-
N6rg.iicka Ovi ot 86rvatori8 uostri orux, rackios ojuoulutur, urgoutou
guickoiu struotura oorporis ooulos p6r,'«ck>i taoious, Oliristi nutoiu
oousiäorg, tiou6oo6l68tibu8 gratiis luontis ooulos illuiuiuuus.^ (Xota.
8nuotoruiu uck äioiu 8. Ootoü. pnZ. 133.)

Ungleich intereffanter ist die Beschreibung, welche uns der Geheim-
schreiber Justinians, Paulus Silentiarius, von dem Hochaltare der
Sophienkirche in Constantinopel in seinem höchst merkwürdigen Gedichte
über diesen Tempel gibt. Wir geben hier unseren Lesern die ganze
Stelle unverkürzt nach der vortrefflichen Uebersetzung des Ickr. Kortüm
in Salzenberg. (AltchristlicheBaudenkmale in Constantinopel, S. XVII.):
 
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