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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Fünftes und sechstes Heft (1875)
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Technische Erklärung der Beilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0104
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Technische Erklärung der Beilagen.

5 unä 6. 1875

Tafel XXXI I.

Lemerkungen

zu den Zeichnungcn für Kirchcnbänke, Hommunkonöänke und des Meicht-

und Metstuhres.

(Zeichnung und Text von Caplan I. Pieper in Eislebeu.)

1. Kirchenbänke. Die Fonn des Kirchenstuhles muß dem
Style der Kirche angemessen sein. Das ist die allgemeine Regel, welche
für jedes Kirchen-Jnventarium festgehalten werden muß.

Was im Allgemeinen die Form und Anlage der Kirchenbänke
angeht, so erfordert die Form des Kopfstückes oder des Schluß-
brettes besondere Aufmerksamkeit. Die Form sei passend, d. h. nicht
zu groß; aber auch nicht so, daß tte blos als Stütze der Kniebank
und des Sitzes diene. Der Schluß selbst erfordert besonders die
schaffende Phantasie.

Die Form des Kopfstückes muß sich aber trotzdem auch nach Anlage
der Bank richten. Für letztere gelten nun folgende allgemeine Ge-
sichtspunkte.

Die Kirchenbank sei vor Allem eine Kniebank-, daher diese Partie
auch am bequemsten. Bequem ist aber eine Kniebank, wenn erstens
der Knieschemel nicht zu nahe an die Armlehne herangerückt ist, oder
nicht zu weit davon absteht. Der Knieschemel ist so zu legen, daß
der darauf Knieende mit einer kleinen Beugung nach vorne seine Ellen-
bogen auf die Armlehne stützen kann. Diese Bequemlichkeit wird am
besten wohl erreicht durch die in den Zeichnungen angegebenen Ver-
hältnisse. Es ist dort der Fußpunkt der Senkrechten, gefällt von der
äußeren Kante der Armlehne, vom äußeren Rande des Knieschemels
11" rhein. entfernt. Dann kommt die Höhe des Knieschemels in
Betracht; dieselbe darf nicht zu hoch sein, um mit seiner Kante nicht
zu sehr gegen das aufliegende Knie zu drücken. Bei einer Höhe von
7" rhein. wird zugleich ein Aufliegen des Kniee's auf dem Schemel
ermöglicht. Der Abstand des Knieschemels von der Armlehne ist so zu
berechnen, daß die etwas auseinandergesetzten Ellenbogen auf derselben
aufliegen. Die Höhe von 34Vs oder 34" rhein. von der Erde erfüllt
diesen Zweck bei einer Höhe der Kniebank von 7".

Die Breite des Sitzes ist nicht allzu breit zu nehmen, da sonst
ein Liegen während der Predigt befördert wird, während anständiges,
aufrechtes Sitzen am Platze ist. 12" genügt und ist nicht zu viel.

Die Rückenlehne sei etwas geneigt und zwar so, daß bei einer
Höhe von 16" die Neigung 1" betrage. Die Neigung der Armlehne
beträgt bei einer Breite von 6" einen Zoll.

Bei der Länge.der Bänke muß die Breite der Kirche maßgebend
sein, so daß für die Gänge bei einer einschiffigen Kirche 10' oder
auch 8' übrig bleiben, und zwar für den Hauptgang 5' und für die
Nebengänge 2VV. Jst die Kirche dreischiffig, dann wird der Mittel-
gang 6die Säulenreihe bildet nach der anderen Seite die Begrenzungs-
linie. Die Seitenschiffe erhalten einen Gang von 4 — 5' und Bänke,

^ welche bis an die Wand reichen. Bei Aufstellung der Bänke empfiehlt
es sich. wenn genügend Platz vorhanden, dieselben so weit auseinander
zu stellen, daß man beim Sitzen die Füße nicht gut auf den Knie-
schemel stellcn kann, sonst werden letztere zu sehr beschmutzt.

Tasel XXXIII.

2. Communionbank. Der Form nach ist dieselbe eine Bal-

lustrade, welche das Chor vom Hanptschiffe trennt; die Bogenstellung
eignet sich daher am besten. Da sie aber den Hauptzweck hat, dem
Tisch des Herrn zu sein, so muß auf Arbeit und Form Gewicht gelegt
werden. Auch tritt diesclbe dem Auge besonders entgegen und auch
deßhalb muß sie schön gearbeitet sein. ,

Jhr Platz ist unter dem Triumphboge». Hat der Triumphbogeu
eine Säule, resp. Dreiviertelssäule zur Stütze, so muß die Commuuion-
bank hinter dieser angeordnet werden, damit dieses architektonische
Glied durch dieselbe nicht verdeckt werde. Eine solche Anordnung hat
aber das Mißliche, daß in diesem Falle ein eigener Knieschemel zur
Communionbank augeordnel werden muß, wie derselbe auch in Zeichnung
I. und 11. sich findet. Mißlich ist diese Anlage für die Oeffnung der
Communionbank in der Mitte, da der Knieschemel nicht gut mit aus-
schlagen kann, da in diesem Falle die Thüre stets schleppend wird;
ebenfalls aber auch hinderlich ist, wenn sie liegen bleibt, so daß man
über dieselbe bei Oeffnung der Communionbank stets hinwegschreiten
muß. Wenn der Knieschemel angeordnet werden muß, dann ist es
räthlich, unter oder hinter der Thüre eine kleine eiserne Rolle anzu-
ordnen, welche auf den Steinplatten des Chores läuft; ihrem eigenen
Gewichte darf man die Communionbaukthüre mit Knieschemel nie
überlassen. Am Zweckmäßigsten ist es, wenn die Communionbank auf
der Stufe zwischen Chor und Kirche angeordnet werden kann und dann
ohne eigenen Knieschemel. Dieses kann aber nur dann geschehen,
wenn der Absatz zwischen Chor und Kirche nur eine Stufe und wcnn
der Triumphbogen keiuen Säulenfuß hat.

Hat der Absatz mehrcre Stufen, dann kann man nicht ordentlich
knieen, wenn die Communioubank auf der obcrsten Stufe angeordnet
ist. Bei einer Stufe mird die Communioubank so gesetzt, daß der
Fußpunkt der Senkrechten, gefällt von der üußeren Kante des Com-
muniontisches, circa 9" rhein. vou der äußeren Kante der Stufe
entfernt bleibe. Mehr wie 9" ist uicht räthlich, weil die Communi-
cirenden sich sonst bei dem Empfange der Communion zu sehr neigen
und denselben dann die heilige Communion nicht gut gereicht werden
kann. Bekommt aber der Körper durch das Vorrücken der Bank bis
auf 9 " eine gerade Haltung, dann auch der Kopf.

Bei der Oeffnung der Communionbank braucht man bei dieser
Anordnung nur den leichteren Theil ausschlagen zu lassen, und dieses
ist ein bedeutender Vortheil.

3. Beichtstuhl. Der Platz des Beichtstuhles sei wo möglich
an den Seitenwänden in der Mitte der Kirche. An diesem Platze
wird die Beichte nicht gestört durch etma abzuhaltende Andachten oder

Messen am Altare und ebenso menig ist er dem Zugwinde und der
Störung an den Thüren ausgesetzt.

Die Anordnung des Beichtstuhles ergibt sich aus der Zeichnung
selbst. Jndeß möchte ich auf eiue Aenderung, welche ich gemacht habe,
aufmerksam machen, gegen welche bei den meisten Beichtstühlen gefehlt
wird. Bei den meisten Beichtsttthlen wird es so angeordnet, daß die
Armlchnen für die Pöuitenten sich an dem Beichtstuhle selbst und der
Wand befinden; der Knieschemel ist dann in Form eines Dreieckes
unlen am Fuße meistens uoch in 2—3 Stufen angeordnet. Dieses
ist für die Pönitenten, welche ohnehin schon manchmal genug Schweiß-
tropfen vergießen, ein reines Martyrium, da für das Knicen nichts
unbequemer ist als diese Anordnung. Jch halte es fürs Beste, die
Kniebauk an der Seite des Beichtstuhles so auzuordnen, daß Knie-
schemel und Armlehne parallel dem Beichtstuhle laufen, also eine
Kiiiebank an dcr Seite des Beichtstuhles ist. Unter dem ganzen
Beichtstuhle her zieht sich eine Stufe von 6" Höhe, so daß der Stuhl
etmas erhöht ist. An der Wand kann zur Vervollständigung des
Bildes ein Wandteppich, wie in der Zeichnung angegeben ist, angebracht
merden. Die vorliegende Zeichnung dient für eine kleinere Kirche;
für eine größere Kirche müßte eine reichere Zeichnung eintreten.

Tafel XXXIV.

Die sämmtlichen Muster dieser Tafel sind einem cchten Stickmuster-
bucbe entnommen, welches zur Kupferstich-Sammlung des Herrn Fürsten
Waldburg-Wolfegg auf Schloß Wolfegg gehört, und von dem kunst-
sinnigen Eigenthümer dem Verfasser dieser Zeitschrift aufs Bereit-
willigste zur Publication einzelner Paptieen zur Verfügung gestellt
wurde/ Der erste Theil dieses Buches, deln hie Figuren 1 bis 7 auf
unserer Tafel entnommen sind, führt den Titel:

„New Modelbuch.

Von allerhand sonderbarn schönen Mödeln, von der jetzt gebreuch-
lichen durchgeschnittenen Arbeit, Durch H. Vinciolo ein Venediger an-
geordnet. Jetzt aber allen Frawen, Jungfrawen, Näherinen und
dergleichen Kunstgeflißnen Personen zu sonderm vorstand auffs new
mit vermehruug und besserung, vieler schöner und lustiger Mödeln in
Truck gefertiget, und an tag gebracht.

Mit Röm. Keyserlicher Mayestät Frey'heit.

Getruckt zu Straßburg bei Bernhart Jobin. Anno 1592."

Die Nummern 8—25 sind aus dem zweiten früher erschienenen
Theile dieses Buches ausgewählt, welches folgenden Titel hat:

„New künstlichs Modelbuch.

Von allerhand artlichen und gerechten Modeln, auf der Laden zu
wirken, oder mit der Zopffnot, Kreutz und Judenstich und anderer ge-
wonlicher weiß zu machen: Allen Modelwürkerin, Näderin, und solcher
Modelarbeyt geflißenen Weibsbildern sehr dienstlich, vnd zu andern
Mustern anleytlich und vorständig. Dißmals erstlich gegenwärtiger
fleissiger gestalt an tag geben. Mit Keys. May. Freyheit.

Bei B. Jobin. 1579."
 
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