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Karl Alexander Heideloff

und sein Gmünder Turmprojekt

Für die 1846 einsetzende Restaurierung kann der Kirchenstiftungsrat Karl
Alexander Heideloff als Gutachter gewinnen 654. Ihm ist Gmünd nicht unbekannt;
hier war 1818 sein Ritterschauspiel „Maximilian I. oder: Der Zweikampf in
Worms" erschienen. Mehrere Aufenthalte wohl im Zusammenhang mit seinen
Studien über die mittelalterliche Baukunst hatten ihn hierher geführt. Seinen „kur-
zen Bericht über die Restauration der Kirche . . . und über den Bau zweier neuen
Thürme" kann er nämlich mit Bemerkungen zur Baugeschichte einleiten 655. Er rät,
die Wiederherstellung am südlichen Portal zu beginnen, „da dieses als das schön-
ste Portal auch der Reparatur am meisten bedarf".

Heideloff äußert sich dann bestimmt über Existenz und Standort der beiden ab-
gegangenen Türme. Die Quellen darüber (die Inschrift an der Ostseite der nörd-
lichen Chorwand und die Ablaßtafel von 1503 in der zweiten südlichen Chorkapelle)
versteht er eindeutig zu interpretieren. Aus ihm spricht aber nicht nur der Denkmal-
pfleger, sondern auch der Künstler, der Architekt, der Architekturhistoriker, denn
er schlägt vor, diese Türme wiederherzustellen. Gegenüber dem Gmünder Stif-
tungsrat argumentiert er: „Nun aber gehören zum Haupt-Charakter einer Kirche,
zu ihrer Bedeutung und Wirksamkeit auf die Sinne, zwey Türme, als Symbole der
Auferstehung, sie drücken erst dem ganzen Gebäude den Stempel einer Wohnung
des Ewigen auf, dieses Symbol ist analog mit Jochin und Boas: in ihm (Gott) ist die
Kraft. Dieser Turmbau würde für die Stadt umso merkwürdiger sein, als sie erst
seit kurzer Zeit alle ihre altehrwürdigen Thürme verlieren mußte, mit den neuen
Thürmen würde sich das Andenken alter Herrlichkeit erneuern und Fremde von
nah und fern würden sich an der nun gebotenen Fernsicht ergötzen; ... ich getraue
mir beide Thürme in Zeit von 2—3 Jahren herzustellen; ein Thurm wird nach mei-
ner beiliegenden Berechnung im höchsten Falle 44 550 fl kosten, und dennoch sol-
len die Arbeiten, an Kunst und Correctheit den Alten in nichts nachstehen, denn
seit vielen Jahren habe ich auch viele tüchtige Arbeiter herangebildet, von denen
sich manche dreist Künstler nennen dürfen. Es ist bekannt, daß schöne Thürme
einer Stadt ein imposantes Aussehen verleihen, sie sind integrant mit ihr und
geben ihr schon aus weiter Ferne städtische Bedeutsamkeit. Dies zu versinnlichen,

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