sagte ich, weil ich noch einmal das Gemeinsame zwischen uns zusammenfassen
wollte: ich knüpfte an an Frankls eigenes Bekenntnis (Handbuch, Vorwort
S. VII). Auch ich bemühe mich wie er, im einzelnen Bau zu sehen, zu empfinden,
zu erleben, welches denn der eigentliche Sinn der Schöpfung ist. Dann aber,
wenn wir nun die Einzelerlebnisse verknüpfen, Geschichte schreiben, dann
darf nicht ein System über uns Herr werden, sondern es gilt, den ganzen Inhalt
des Erlebten soweit immer möglich zu gestalten, die volle geschichtliche Wirk-
lichkeit. Nicht System, sondern erlebte Geschichte!
Frankfurt, Januar 1928 Rudolf Kautzsch
FISCHER VON ERLACH: GEGENWÄRTIGE ERKENNTNISLAGE
Seit der letzten monographischen Zusammenfassung von 1925 ist zu diesem Thema er-
schienen: E. W.Braun, Eine signierte Handzeichnung des J. B. F. v. E. Belvedere 1924, Heft 6. -
K. Bielohlawek, Ein zerstörter und vergessener Gartenpalast J. B. F.s v. E. Belvedere 1925, Heft
32/33. -H. Sedlmayr, Summative Stilkritik. Belvedere 1925, Heft 44. -H. Sedlmayr, Über F.v. E.
Piperbote 1925, Heft 2. - D. Frey, Das Schwarzenbergpalais in Wien. Wiener Jahrbuch für
Kunstgeschichte 1926, S. 134. - K. Btelchlawek, F. v. E. und das Bergschloß Frain. Ebenda
S. 150. - K. Martin, Schloß Klesheim. Ebenda S. 176. - H. Hantsch, Ein Berliner Aufenthalt
J. B. F.s v. E. Belvedere 1927, Heft 60. - J. J. Morper, Der Prager Architekt Jean Baptiste
Mathey. Münchner Jahrbuch 1927, Heft 2, passim.
Ferner die Rezensionen von Tietje (Volkszeitung, Wien 23. 10. 1925), Leopold Giese (Kunst-
chronik 1926, 20.-27. Februar, S. 700) und D. Frey (Wiener Jahrbuch 1926, S. 204).
Eine von Professor Schneider, Agram, vorbereitete wichtige Publikation über die von ihm
in der Agramer Universitätsbibliothek aufgefundenen 79 Zeichnungen Fischers zur „Histori-
schen Architektur" konnte bisher nicht erscheinen. Die von K. Bielohlawek seit längster Zeit
angekündigte Veröffentlichung des Hochaltars im Grazer Mausoleum steht noch immer aus.
Der Vortrag H. Eggers über das Mausoleum in Ehrenhausen war mir beim Abschluß des
Referats leider noch nicht bekannt.
Die gegenwärtige Erkenntnislage in diesem Teilgebiet ist ein Abbild der Lage
in viel weiteren Gebieten der Kunstgeschichte. Es steht Behauptung gegen Be-
hauptung, oft in einer Weise, daß es unmöglich scheint, die Wahrheit heraus-
zufinden. Anlaß zur Skepsis darf das so wenig sein wie Motiv zum Autoritäts-
glauben. Denn es ist möglich, die widersprechenden Behauptungen so zu formu-
lieren und zu „beziehen", daß sich daraus ganz bestimmte Folgerungen ergeben,
die überprüfbar sind.
I.
Erste Bedingung für eine solche Klärung ist, die Behauptungen eindeutig und
so bestimmt als möglich zu machen. Die meisten sind weder das eine noch das
andere, besonders nicht jene Sätze, die über die einfachsten Feststellungen von
Daten und Ähnlichem hinausgehen. Ein Beispiel für zahllose : Sagt man, daß die
vier Salzburger Kirchen F.s „paarweise eng zusammengehören"1) - nämlich Drei-
, Dazu kommt, daß Tietje bei diesen Worten offenbar nur an die Fassaden denkt, seine
Aussage aber über die Kirchen schlechthin macht.
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wollte: ich knüpfte an an Frankls eigenes Bekenntnis (Handbuch, Vorwort
S. VII). Auch ich bemühe mich wie er, im einzelnen Bau zu sehen, zu empfinden,
zu erleben, welches denn der eigentliche Sinn der Schöpfung ist. Dann aber,
wenn wir nun die Einzelerlebnisse verknüpfen, Geschichte schreiben, dann
darf nicht ein System über uns Herr werden, sondern es gilt, den ganzen Inhalt
des Erlebten soweit immer möglich zu gestalten, die volle geschichtliche Wirk-
lichkeit. Nicht System, sondern erlebte Geschichte!
Frankfurt, Januar 1928 Rudolf Kautzsch
FISCHER VON ERLACH: GEGENWÄRTIGE ERKENNTNISLAGE
Seit der letzten monographischen Zusammenfassung von 1925 ist zu diesem Thema er-
schienen: E. W.Braun, Eine signierte Handzeichnung des J. B. F. v. E. Belvedere 1924, Heft 6. -
K. Bielohlawek, Ein zerstörter und vergessener Gartenpalast J. B. F.s v. E. Belvedere 1925, Heft
32/33. -H. Sedlmayr, Summative Stilkritik. Belvedere 1925, Heft 44. -H. Sedlmayr, Über F.v. E.
Piperbote 1925, Heft 2. - D. Frey, Das Schwarzenbergpalais in Wien. Wiener Jahrbuch für
Kunstgeschichte 1926, S. 134. - K. Btelchlawek, F. v. E. und das Bergschloß Frain. Ebenda
S. 150. - K. Martin, Schloß Klesheim. Ebenda S. 176. - H. Hantsch, Ein Berliner Aufenthalt
J. B. F.s v. E. Belvedere 1927, Heft 60. - J. J. Morper, Der Prager Architekt Jean Baptiste
Mathey. Münchner Jahrbuch 1927, Heft 2, passim.
Ferner die Rezensionen von Tietje (Volkszeitung, Wien 23. 10. 1925), Leopold Giese (Kunst-
chronik 1926, 20.-27. Februar, S. 700) und D. Frey (Wiener Jahrbuch 1926, S. 204).
Eine von Professor Schneider, Agram, vorbereitete wichtige Publikation über die von ihm
in der Agramer Universitätsbibliothek aufgefundenen 79 Zeichnungen Fischers zur „Histori-
schen Architektur" konnte bisher nicht erscheinen. Die von K. Bielohlawek seit längster Zeit
angekündigte Veröffentlichung des Hochaltars im Grazer Mausoleum steht noch immer aus.
Der Vortrag H. Eggers über das Mausoleum in Ehrenhausen war mir beim Abschluß des
Referats leider noch nicht bekannt.
Die gegenwärtige Erkenntnislage in diesem Teilgebiet ist ein Abbild der Lage
in viel weiteren Gebieten der Kunstgeschichte. Es steht Behauptung gegen Be-
hauptung, oft in einer Weise, daß es unmöglich scheint, die Wahrheit heraus-
zufinden. Anlaß zur Skepsis darf das so wenig sein wie Motiv zum Autoritäts-
glauben. Denn es ist möglich, die widersprechenden Behauptungen so zu formu-
lieren und zu „beziehen", daß sich daraus ganz bestimmte Folgerungen ergeben,
die überprüfbar sind.
I.
Erste Bedingung für eine solche Klärung ist, die Behauptungen eindeutig und
so bestimmt als möglich zu machen. Die meisten sind weder das eine noch das
andere, besonders nicht jene Sätze, die über die einfachsten Feststellungen von
Daten und Ähnlichem hinausgehen. Ein Beispiel für zahllose : Sagt man, daß die
vier Salzburger Kirchen F.s „paarweise eng zusammengehören"1) - nämlich Drei-
, Dazu kommt, daß Tietje bei diesen Worten offenbar nur an die Fassaden denkt, seine
Aussage aber über die Kirchen schlechthin macht.
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