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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 2: Antike Schlachtfelder in Griechenland 2): Die hellenistisch-römische Periode : von Kynoskephalae bis Pharsalos — Berlin, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.7618#0147

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Vorbemerkung.

133

urteilen. Im Sinne Kannibalischer Niederwerfungsstrategie war sie
eine Halbheit und darum eine Torheit, im Sinne der beschränkten
Offensive des Antiochos war es der kühnste Schritt nach vorwärts,
den man überhaupt machen durfte; zu kühn sogar — weil zur Erreichung
des Zieles nicht unbedingt nötig —, wenn er nicht sehr gut vorbereitet
und basiert wurde. So ist von einem „von langer Hand vorbereiteten
Sturme auf Rom" überall nichts zu spüren. Nicht einmal Makedonien
mochte Antiochos durch Abtretung Thrakiens, um das es wahrschein-
lich zu haben gewesen wäre, gewinnen1). Kein Wunder. Denn
um Thrakien ging ja dem Könige der ganze Krieg. Dafs man mit
Karthago Fühlung nahm, war auch vom Standpunkte des Königs
natürlich durchaus gerechtfertigt. Eine Diversion im Westen wäre für
ihn eine willkommene Entlastung des Hauptkriegsschauplatzes und ein
wirksames Mittel gewesen, den Gegner seinen Absichten gefügiger zu
machen.

In Rom freilich, wo man Feinde ringsum sah, wo man Hannibal
bei Antiochos, Karthago schwankend, Spanien noch im Aufstande,
Oberitalien in Unruhe gewahrte, mochte man die schlimmsten
Befürchtungen hegen, in allem einen einheitlichen, auf Roms
Untergang gerichteten Plan erkennen wollen und danach die ener-
gischsten Mittel der Abwehr und des Angriffes treffen. So zu handeln
war Pflicht und Recht umsichtiger Staatslenker.

Wir Nachfahren aber müssen uns entwöhnen, die damaligen Ver-
hältnisse nur mit römischen Augen zu sehen, so sehr uns auch die
überwiegend in römischer Anschauung stehende Überlieferung diesen
Standpunkt nahelegt. Die hellenistische Welt hatte eben ihr eigenes
Leben, ihre eigenen politischen Erfahrungen und Anschauungen und
will nach ihnen beurteilt sein, wenn man sie recht verstehen will.

Wenn wir im vorstehenden den Versuch gemacht haben, die
Handlungsweise des Antiochos aus seiner Vergangenheit und den staat-
lichen Verhältnissen, in denen er erwachsen war, zu erklären und zu
begreifen, so soll damit kein Urteil darüber abgegeben sein, ob die
Übertragung dieser hellenistischen Verhältnisse auf die Welt des
Westens ein richtiger Kalkül gewesen ist oder nicht.

Bei jeder politisch-strategischen Berechnung ist die Individualität

!) So nach Kissens sehr wahrscheinlicher Vermutung Krit. Unters. S. 179 A.
 
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