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Der Krieg gegen Perseus.
diese Fortschritte der Makedonier unmöglich gemacht und den Krieg
mit einem Schlage geendigt hätte.
In der Tat lagen für die Operationen einer zweiten Armee die
Verhältnisse hier damals weit günstiger als im Jahre 199, wo man
allerdings unglücklich in Obermakedonien gekämpft hatte (oben S. 9 ff.).
Anstatt wie damals auf Apollonia und Dyrrhachium konnte man sich
jetzt auf die Orestis, Lychnidos am Ochridasee und das Drintal
stützen: das römische Gebiet war bis in die Mitte der Halbinsel vor-
geschoben1); vor allem aber, der König konnte hier nicht mit seiner
Heeresmacht wie damals Philipp den Römern entgegentreten, wenn
er gleichzeitig in Thessalien stehen mufste. Die Römer haben hier
den in der Kriegsgeschichte so oft wiederkehrenden Fehler gemacht,
durch Sparsamkeit in den Mitteln zu Beginn des Krieges, sich
für die Dauer weit gröfsere Lasten aufzubürden. Ihre glücklichen
Erfolge gegen Philipp und Antiochos hatten sie leichtsinnig ge-
macht.
Eine mangelhafte, weder den Kräften des Reiches noch den
Forderungen eines grofsgedachten, einheitlichen Angriffsplanes ent-
sprechende Strategie kennzeichnet also das römische Verfahren in
dem ersten und, wie wir gleich hinzusetzen wollen, z. T. auch noch
in den folgenden Jahren des Krieges. Erst vom dritten Jahre an
ist eine Kooperation von Flotte und Landheer ins Werk gesetzt
worden, und erst im vierten taucht der Gedanke auf, durch einen
Angriff von Obermakedonien her, die Streitkräfte des Perseus zu
teilen2). Vorläufig aber war bei dem Verzicht auf alle gröfseren
Kombinationen auch für das folgende Jahr wenig Aussicht vorhanden,
dafs der Krieg seinen schleppenden Gang ändern würde.
i) Diese Gebiete waren von Philipp im Frieden von Tempe abgetreten
(Polyb. XIII 1, 14. 8, 10) und von den Römern in unmittelbaren Besitz genommen,
wie Zippel S. 73 ff. überzeugend nachgewiesen hat; vergl. unten S. 256 und vor-
her S. 233.
2J Liv. 44, 20, 5: Bericht der im Januar 168 (s. Matzat, Zeitr. S. 266) zu-
rückkehrenden Gesandtschaft: si Appio Claudio circa Lychnidum satis validus
exercitus foret, potuisse aneipiti bello distineri regem.
Der Krieg gegen Perseus.
diese Fortschritte der Makedonier unmöglich gemacht und den Krieg
mit einem Schlage geendigt hätte.
In der Tat lagen für die Operationen einer zweiten Armee die
Verhältnisse hier damals weit günstiger als im Jahre 199, wo man
allerdings unglücklich in Obermakedonien gekämpft hatte (oben S. 9 ff.).
Anstatt wie damals auf Apollonia und Dyrrhachium konnte man sich
jetzt auf die Orestis, Lychnidos am Ochridasee und das Drintal
stützen: das römische Gebiet war bis in die Mitte der Halbinsel vor-
geschoben1); vor allem aber, der König konnte hier nicht mit seiner
Heeresmacht wie damals Philipp den Römern entgegentreten, wenn
er gleichzeitig in Thessalien stehen mufste. Die Römer haben hier
den in der Kriegsgeschichte so oft wiederkehrenden Fehler gemacht,
durch Sparsamkeit in den Mitteln zu Beginn des Krieges, sich
für die Dauer weit gröfsere Lasten aufzubürden. Ihre glücklichen
Erfolge gegen Philipp und Antiochos hatten sie leichtsinnig ge-
macht.
Eine mangelhafte, weder den Kräften des Reiches noch den
Forderungen eines grofsgedachten, einheitlichen Angriffsplanes ent-
sprechende Strategie kennzeichnet also das römische Verfahren in
dem ersten und, wie wir gleich hinzusetzen wollen, z. T. auch noch
in den folgenden Jahren des Krieges. Erst vom dritten Jahre an
ist eine Kooperation von Flotte und Landheer ins Werk gesetzt
worden, und erst im vierten taucht der Gedanke auf, durch einen
Angriff von Obermakedonien her, die Streitkräfte des Perseus zu
teilen2). Vorläufig aber war bei dem Verzicht auf alle gröfseren
Kombinationen auch für das folgende Jahr wenig Aussicht vorhanden,
dafs der Krieg seinen schleppenden Gang ändern würde.
i) Diese Gebiete waren von Philipp im Frieden von Tempe abgetreten
(Polyb. XIII 1, 14. 8, 10) und von den Römern in unmittelbaren Besitz genommen,
wie Zippel S. 73 ff. überzeugend nachgewiesen hat; vergl. unten S. 256 und vor-
her S. 233.
2J Liv. 44, 20, 5: Bericht der im Januar 168 (s. Matzat, Zeitr. S. 266) zu-
rückkehrenden Gesandtschaft: si Appio Claudio circa Lychnidum satis validus
exercitus foret, potuisse aneipiti bello distineri regem.