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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 2: Antike Schlachtfelder in Griechenland 2): Die hellenistisch-römische Periode : von Kynoskephalae bis Pharsalos — Berlin, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.7618#0341

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4. Der Feldzug vom Jahre 168 v. Chr.

327

Ist die Nachricht in dieser auf das Strategem zugespitzten
Form und in der Überschätzung eines solchen Angriffes für die ganze
Entscheidung auch nicht unmittelbar zu brauchen, so stellt doch viel-
leicht diese Relation ein in gewissen Grenzen mitwirkendes Sieges-
element dar, welches Livius wegen seiner untergeordneten Bedeutung
in seinem Berichte übergangen und nur in der rudimentären Form
stehen gelassen hat, die Reiterei sei durch den Kampf mit dem
Fufsvolke aufgehalten und habe die Verfolgung darüber vergessen.

Wir hätten uns dann die Vorgänge auf dem nordwestlichen
Flügel so vorzustellen, dafs die makedonische Reiterei und ebenso
der Teil des Fnfsvolkes, welcher zuletzt zum Aufmarsch gekommen
war, ihre Aufstellung noch nicht beendet, auf jeden Fall den
Flufs selber noch nicht überschritten hatten, als die Phalanx schon
jenseits des Flusses im Kampfe stand. Diese Lage benutzte die
römische Reiterei und beteiligte sich durch einen Flankenangriff
am Kampfe gegen die Phalanx. Anstatt nun ihrerseits den römi-
schen Reitern in die Flanke oder den Rücken zu fallen und so ihrer
Infanterie Luft zu machen, gab die makedonische Reiterei bei diesem
Anblick alles verloren und ritt vom Schlachtfelde ab. Die Erbitte-
rung des makedonischen Fufsvolkes, die Unterlassung der Verfolgung
durch die römische Reiterei, die Notiz des Livius von der „zwischen
den Reitern stehenden Schlachtreihe", sowie die Darstellung des
Frontin, alles das würde auf diese Weise eine befriedigende Erklärung

nichts berichtet. Aber Frontin hat Polybios nicht oder nicht allein auf dem
Wege über Livius benutzt, wie z. B. die aus Polybios geflossene Kriegslist Philipps
vor Prinassos im Jahre 201 beweist (Polyb. XVI 11; Frontin III 8, 1), die sich
bei Livius nicht findet. Anderseits sind bei Frontin keine Spuren von Benutzung
anderer Annalisten als der durch Livius vermittelten zu erweisen. Es wäre daher
doch wohl möglich, dafs Frontin seine Darstellung von Pydna und speziell den
Reiterangriff aus Polybios hätte. Die Frontinische Darstellung widerspricht näm-
lich dem, was wir über die Polybianische sonst wissen, m. E. keineswegs. Die
Aufstellung der Heere, die Phalanx in der Mitte, die dreifache Schlachtlinie der
Römer, das eröffnende Gefecht der Leichten, das Weichen der Römer bis zum
hügeligen Gelände, alles das sind Punkte, die mit der Polybianischen Relation
vereinbar sind. Freilich ist alles unter den Gesichtspunkt des „Strategems"
gerückt, die Flankenangriffe des Fufsvolkes, die die Hauptsache waren, fortgelassen,
das Zurückweichen als ein Zurücklocken in absichtlich ausgesuchtes Gelände dar-
gestellt, der Flankenangriff der Reiterei in seiner Wirkung überschätzt. Das ist
verkürzende und gruppierende Mache des Epitomators. Das Verhältnis Frontins
zu Livius und Polybios verdiente eine zusammenfassende Behandlung.
 
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