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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Meyer-Riefstahl, Rudolf: Die Ausstellung muhammedanischer Kunst in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0031

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Die Ausstellung Muhammedanischer Kunst iu München.

40. Seidenstoff (Persien (?); s.—8. Jahrh.); symmetrische Darstellung des
Prinzen Bahran Gur (5. Jahrh. n. Lhr.) auf der Jagd.
Saffanidisch (oder byzantinische Nachbildung einer sassanidischen Arbeit).
Grund dunkel blaugrau, Muster in zweierlei Gelb. (V8 d. wirkl. Größe.)
Besitzer: St. Kunibert, Köln.

Architektur, der Aeramik, der Metallbearbci-
tung wie der Elsenbeinplastik hervorragen-
des geleistet hat und dessen letzte Ausläufer
sich noch weit in christlichen Zeiten ver-
folgen lassen.

Noch eigenartiger ist die Wirksamkeit
orientalischen Aunstfleißes in Sizilien ge-
wesen, das, von Ägypten aus erobert, zahl-
reiche textile Werkstätten entstehen sah, deren
Erzeugnisse bald im ganzen Abendlande
außerordentlich gesucht waren, so daß auch
die späteren christlichen Herrscher Siziliens
diese muhammedanischen Handwerker in
jeder möglichen Weise unterstützten, um
diese kostbare Industrie dem Lande zu er-
halten. Genau wie später die türkische
Textilkunst die große Anregerin für die
Genueser und Venezianer Samtindustrie ge-
worden ist, so ist die sizilische Textilindustrie
das Vorbild der älteren italienischen, be-
sonders in Lurca ansässigen Leidenindustrie
geworden.

Tine ebenfalls außerordentlich inter-
essante Entwicklung nahm die muhamme-
danische Aunst in Indien unter den Mo-
gulkaisern, deren Reiche ihre höchste Blüte
im \7. Jahrhundert erreichten und im
\8. Jahrhundert durch die Engländer zer-
stört wurden. Die indische Aunst hat her-
vorragendes auf dem Gebiete der Teppich-
kunst geleistet. Genau wie in h>ersien unter
den Lafiwiden in der Residenzstadt Issahan
eine große staatliche Manufaktur bestand,
wie wohl auch in der Türkei ein ähnliches
Institut bestanden hat, so existierten an den Höfen
der prachtliebenden Mogulkaiser Werkstätten, welche
besonders kostbare Erzeugnisse für die Bedürfnisse
des Hofes herzustellen Hallen. Die Aunst der Buch-
malerei hat in Indien eigene Wege eingeschlagcn,
indem sie dem Landschaftlichen und der Natur-
stimmung eine besondere Bedeutung einräumte. Auf
dem Gebiete der h>orträtkunst endlich haben indische
Aünstler des (7. Jahrhunderts wahre Meisterwerke
an charakteristischem und scharfem Erfassen geschaffen.
* *

Außerordentlich Neues und Unerwartetes hat die
>nuhammedanische Ausstellung wohl auf dem Ge-
biete der Aeramik gebracht. In dieser Technik
können wir den alten Grient geradezu als vorbildlich
bezeichnen. Das merkwürdigste ist, daß die Orien-
talen diese Nkeisterwerke mit einem durchaus primi-
tiven Apparat geschaffen haben. Wir haben es in

der Regel mit einfacher Töpferware oder mit Steingut
zu tun. Steinzeug ist nicht nachzuweisen. Die Aus-
schmückung dieser meist einfachen Materie findet
nach verschiedenen Verfahren statt. Neben der Unter-
glasurmalerei wird nicht selten die Engobe ver-
wandt, neben ihr durchsichtige und undurchsichtige,
farbige Glasuren; endlich ist auch die Technik der Uber-
glasurmalerei geübt worden. Eine besondere Eigen-
tümlichkeit der orientalischen Aeramik ist die sog.
Lüstermalerei, eine Technik, die angewandt wurde,
um den Schein des Goldes zu erwecken, dessen Ver-
wendung zu Gebrauchsgegenständen der Aoran ver-
bietet. Diese Technik besteht in einer Bemalung
des Scherbens mit Aupfersalzen, die nach dem Brande
einen eigenartigen metallischen Schimmer bewahren,
der vom Hellen Gelb bis ins tiefe jDurpurbraun spielt,
je nachdenr dein Aupfer mehr oder weniger Silber
zugesetzt ist. Woher die Lüstertechnik stammt, ist
ungewiß. Zwei Annahmen stehen einander gegen-

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