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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Westheim, Paul: Dänische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0278

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Dänische Kunst.

5^2. (Dänische Ausstellung in Berlin.) Silberne Kanne; entworfen und ausgefiihrt von Georg Icnsen. Kopenhagen.

(Vs d. wirkt. Größe.) jdhot. Boedecker.

nach Seefahrerart wird in der Alten und Neuen Welt,
im Westen und Msten eifrig gehamstert. Aultur-
strömungen nrannigfacher Art quirlen so auf knappem
Raum zusammen und es gehört schon eine robuste
Natur dazu, um das alles ohne Schaden an der
eigenen nationalen Seele zu verdauen. Wan erwartet
— in Erinnerung an die deutsche Gewohnheit, sich
über alles fremdländische mit Nachahinungseifer zu
stürzen — ein Tohuwabohu von Wischungen und
Reflexen, und ist dann überrascht in der Wehrzahl
der dänischen Erzeugnisse Werte zu entdecken, die
nicht ganz oder gar nicht von zweiter pand sind. Die
Zähigkeit des Bauernschlages, der sich die eigene Art
nicht antasten läßt, der das fremde und Neue betulich
wägt, scheint sich da als Wall gegen die herein-
brechenden fluten zu bewähren. Dieses kritische und
überkritische Wählen erlaubte das Spiel mit all den
fremden Einflüssen, weil im gegebenen Augenblick
die Entscheidung doch nur für das Artverwandte fiel,
weil nur die Aernbegriffe, die dann ganz selbständig,
ganz dänisch entwickelt sind, aufgegriffen wurden.
Wan braucht nur das Aopenhagener Porzellan zu
nennen, das aus Gstasien stammt und doch in Mst-
asien nie möglich gewesen wäre.

Dieses Wahlergebnis ist für uns besonders
bedeutsam, weil es in der Architektur und dem Aunst-
handwerk ein Bekenntnis zu den Idealen ist,
die wir seit einem Jahrzehnt vertreten. Die

Dänen sind international genug, um sich den um-
fassenden Überblick zu verschaffen; man kann ihnen
auch Zutrauen, daß sie mit Rücksicht auf die Welt-
konjunktur die rechte Entscheidung zu treffen wissen.
Um so wertvoller ist es, daß sie mit ihrer Tradition,
die von frankreich bestimmt gewesen, gebrochen haben,
daß sie sich von den royalistischen Etilen der pariser
abwendcn, um sich mit den Engländern, den Nieder-
ländern und den Deutschen in eine Reihe zu stellen.
Diese Bestrebungen, die auf eine moderne Sachlich-
keit gerichtet sind, pflegen wir einzuschätzen als ger-
manische Tendenz gegenüber dem romanischen Be-
harren in Überlieferungen, die wir als zeitgemäß
nicht mehr gelten lassen können. Es mag sein, daß
bei der Entscheidung der Dänen auch der Rasse-
instinkt beteiligt gewesen; Tatsache ist jedenfalls, daß
unsere Problemstellung auch außerhalb der Reichs-
grenzen aufgegriffen worden ist. Nirgends war das
deutlicher zu sehen als in Brüssel, wo inan die Ber-
gleichsobjekte bequem beieinander hatte. Die Schau,
die das Aopenhagener Museum dort zusammengestellt
hatte und die sorgsame Auswahl, die getroffen war,
hätten nicht überzeugender sein können. In Berlin,
wo diese Arbeiten jetzt zur Ausstellung gelangten,
war der Eindruck etwas anders. Das lag gewiß
nicht an der Aufmachung, die hier wie bei all den
Ausstellungen, die Direktor Jessen im Aunstgewerbe-
Wuseum veranstaltete, vornehm und anschaulich war.

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