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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Gmelin, L.: Münchner Festschmuck zum 12. März 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0316

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Münchener Festschmuck zum 12. März \9\\-

506. Haus Thomas Knorr.

Dekoration nach Angaben von Emanuel von Seidl.
(Phot, von G. Pcttendorfer.)

zweige (Taxen) Gebrauch gemacht worden; aber wo
es geschehen war, war es von guter Wirkung —
namentlich, wo es galt, vorhandene Mängel der
Bauten zu verstecken, wie am Erdgeschoß des Mini-
steriums des Innern (Abb. ^95) — oder wo es da-
rauf ankam, getrennte Bauteile zusammenzuhalten,
wie am Aarlstor — oder um Portale bedeutsamer
zu gestalten und sie zum Pauptdekorationsmotiv zu
erheben. Beispiel: Max-Josef-Stift, wo sich an den
grünen Wandbelag ein Spalierwerk aus Aränzen
anschloß, das durch Einbeziehung der nächsten Fenster
das Portal zu einem wirklichen Schmuckstück der
ganzen Fassade erhob.

Den ausgiebigsten Gebrauch dieser Verbindung
von geschlossenem Wandbelag und gitterartigem
Spalierwerk hatte man an der Seitenfassade des pof-
theaters gemacht (Abb. 5(2). Schon die unvermeid-
lich reichere Dekorierung der Pauptfaffade des pof-
theaters machte dies notwendig; hier am Max-
Jofefsplatz hatte die Ausschmückung der Stadt über-
haupt ihren Gipfelpunkt erreicht. In dem weiten
Rund des Denkmalsplatzes waren die bestehenden
Aandelaber durch provisorische ergänzt und alle durch
weitgespannte Girlanden miteinander verbunden wor-
den, während obeliskenartige, mit Aränzen eingefaßte
Pfeiler mit hochragenden Pechpfannen die Zugänge
zu Platz und poftheater markierten. Bei diesem
selbst mußten die goldgrundierten bunten Giebel-
mosaiken zwar gewissermaßen die Tonart des Stückes
bestimmen; aber der volle Schlußakkord durfte nicht
unmittelbar erklingen, sondern er mußte durch andere
Töne vorbereitet werden. Das geschah — abge-
sehen von dem Tannengrün — durch die Amkleidung
des untern Säulendrittels mit pompejanisch-rotem
Stoff und durch die in den Fenstern der Vorhalle
angebrachten goldenen Blumenkörbe (am deutlichsten

zu sehen bei Abb. 5(3). Und die Pauptpost daneben
zeigte sich ihrer Pflicht bewußt, als langjährige Ge-
sellschafterin der hohen Nachbarin ihr ohnehin far-
biges Gewand durch Toilettenkünste in seiner Wirkung
zu steigern; ihre Säulen entsprachen denen des pof-
theaters, dazwischen waren tannengrüne Brüstungen
eingebaut, — auf der roten Rückwand der Palle
umrahmten große Rundkränze die dortigen Wand-
bilder und von den Fenstern des Obergeschosses hatte
man, um das eintönige stumpfe Gelb der Fassade
zu beleben, vier hinter golddurchwirkten Teppichen
versteckt. Pier hatte man allerdings aus der Not
eine Tugend gemacht; denn infolge von Ambau-
arbeiten waren jene vier Fenster durch Gerüsthölzer
entstellt, und es war ein ganz schlauer Aniff, den
Mangel zu einem dekorativen Motiv umzuprägen.

Von dem zauberischen Anblick, den der Platz
am Abend des ((. März bei der Festbeleuchtung
bot, als aus den Feuerschalen der Obelisken und
des Theatergiebels die Flammen in den Abendhimmel
hineinzüngelten und die elektrischen Monde ihr weißes
Licht ausströmten, vermag die photographische Wieder-
gabe (Abb. 5(3) nach unserem heutigen Stand der
photographischen Aunst noch kein völlig zutreffendes
Bild zu geben; immerhin kann doch daraus ersehen
werden, daß z. B. die plastische Erscheinung einer
Säulenhalle nicht gewinnt, wenn nicht nur der pinter-
grund der Säulen, sondern auch diese selbst von
vorne beleuchtet werden.

Die Verbreitung des elektrischen Lichtes hat auch
in bezug auf Festbeleuchtung manche Änderungen und
Neuerungen nach sich gezogen, nicht immer zum Vor-
teil der Wirkung. Das warme gelblich-rötliche Licht
der Talgnäpfchen schmeichelt sich doch leichter ein, als
das viel kältere nnd hellere Licht der Glühlampen; und
die beim Aufstellen der Näpfchen entstehenden kleinen
Unregelmäßigkeiten der Lichtreihen ließen mehr Leben
vermuten, als die jetzigen absolut regelmäßigen und
geradlinigen perlenreihen der elektrischen Glühlanipen,
wenn auch in bezug auf deren Anordnung — per-
vorhebung der architektonischen Gliederung — manches
Gute zu sehen war, z. B. bei Oberpollinger oder
beim Löwenbräukeller, wo die Lichterreihen denBogen-
öffnungen, den Gesimsen, den Pilasterkanten, den
Gräten der Turmpyramide folgten. Wie wohltuend
aber besonders die weniger gleichniäßig angeordneten
Lichtpunkte wirken, konnte recht deutlich am Bern-
heimer-paus beobachtet werden, dessen Lichterschmuck
unser naturgemäß etwas verschwommenes Bild wenig-
stens ahnen läßt (Abb 5(P.

Nur auf wenige Tage war die Dauer der Fest-
dekoration berechnet und der Pimmel hatte durch
Bändigung der Winde und Absperrung der Regen-

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