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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Hillig, Hugo: Die Ausstellung bemalter Wohnräume in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0336

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Hamburger Ausstellung bemalter Wohnräume.

530—532. Anhänger; von Jos. Seih. Silber mit Halbedelstein und perlschalen, (wirkl. Größe.)

auszugeben. Dann hätte die Dekorationsmalerei nicht
dieses Debacle zu erleben brauchen, wenn sie sich
diese Art von Stubenmalerei aufzwingen lassen soll
von einem Publikum, das diesen Raumkünstlern
blasierten Sinnes nachlaufen sollte. Das hat die
Dekorationsmalerei in den Zeiten ihres tiefsten Ver-
falls besser gekonnt als es hier gezeigt wird. Diese
Räume lassen sich kaum schildern, und es ist wirklich
zu bedauern, daß die Maler in ihrem Unternehmen
diese 2trt, Räume zu bemalen, verantworten müssen.
Von einem solchen architektonischen Raumkünstler ist
dann noch im Erdgeschoß ein Speisesaal mit Neben-
raum (Raum und 39 a) da, der nach seiner end-
lichen Fertigstellung wenigstens durch die Möbel
farbig zusammengehalten wird.

holz- und Marmorimitationen und Imitationen
von Intarsien als selbständige Ausstellungsstücke sind
natürlich auch zu sehen. Von den technisch unüber-
trefflichen Stücken eines hervorragenden Spezialisten
bis zu den Machwerken einer holz- und Marmor-
malschule ist auch hier ein weiter Gegensatz; die
vollendeten holz- und Marmormalereien sind teurer
als das Material, das sie imitieren, und die schlechten
holz- und Marmormalereien sind häßlicher als das

holz, auf das sie gemalt
sind. Dieser Widersinn muß
aber den Malern selbst noch
tausendmal erklärt werden,
und vielleicht hat das unbe-
rechenbare Publikum mit
seinem allgemeinen Ge-
schmack eher ein Einsehen
als die Maler im allge-
534. Brosche (Silber); meinen selber. Freilich darf
von Btto Meese. man auch nicht vergessen,

daß die Spezialisten, die nichts weiter als holz und
Marmor zu imitieren gelernt haben, diese kunstgewerb-
liche Entartung verteidigen müssen, weil ihre Existenz
damit verbunden ist.

Denn wenn es irgendwo unangefochten gilt, so
gilt es hier: leicht beieinander wohnen die Gedanken,
doch hart im Raume stoßen sich die Sachen. Die

333. Schmuckkästchen; von Btto Meese, Serpentin in
Silbersassung mit Rosenquarz. (*/, d. wirkl. Größe.)

abstrakten Verfechter kunstgewerblicher Doktrinen und
Dogmen sollten nur ein einziges Jahr praktisch in
einen solchen Beruf, wie die Dekorationsmalerei einer
ist, mit arbeiten; wenn nichts anderes, so würden sie be-
greifen, daß gerade hier es unmäßig schwer ist, gegen
den Strom zu schwimmen. Wenn die Ausstellungen be-
malter Wohnräume gute Frucht tragen sollen, so
müssen sie auf das Publikum und aber auch auf die
Maler selbst einwirken können. Das aber ist nur
möglich, wenn sie sich unter eine strenge, unbestellte
und unparteiische Aritik stellen. Hugo hillig.
 
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