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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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vom Büchermarkt.

665. Sxeisekarten-Umschlag; von Georg Fuchs, (‘/j d. wirkt. Größe.)

Sinn und Auge für Bodengestaltung im allgemeinen
—■ der Aünstler des Mittelalters kann schon Dinge
und Wesen lebendig darstellen, ehe er imstande ist,
ihnen den richtigen Untergrund zu geben. So kommt
es, daß die letzte künstlerische Aufgabe, die sich das
Mittelalter stellt, die Landschaft ist, die allerletzte
aber die Alpenlandschaft, und mit ihrer Lösung ist
schon die neue Zeit angebrochen. An der pand
weise ausgewählter Beispiele zeigt der Autor, wie
aus der scheinbar kindischen und doch so genial er-
fundenen Urform der Scholle Berge und Felsen
emporwachsen, wie wir mit ihrer Wandlung und
Ausgestaltung vom Mittelalter in die Renaissance
eingetreten sind. Bescheidene 'Klosterbrüder im Nor-
den, vorzugsweise in Bayern, versuchen sich in den
Miniaturen ihrer Meßbücher und Legenden an Berg-

landschaften; diese führen bald
zu den Meistern Lukas Moser
von Weil d. St. und Aonrad Witz
aus Rottweil, den: der Ruhm
gebührt, als erster Alpenberge,
den Mt. Saleve und Ult. Blanc,
wirklich porträtiert zu haben.
Jetzt werden wir zu den Vene-
zianern geführt, die, mit Aus-
nahme des hochbedeutenden Holz-
schneiders und Zeichners der Do-
lomiten, Dom. Tampagnola, die
Alpen rein malerisch behandeln,
vor allem ihr Größter, Tizian.
Dann zu Albrecht Dürer, dessen
intensives Eindringen in das
Wesen der Dinge, dessen echter
Natursinn ihn zum ersten großen
Pionier der Alpenlandschaft ma-
chen, der in selbstloser Aufnahme-
fähigkeit, - in wahrhaftiger Dar-
stellungskunst auf lange uner-
reicht bleibt. Bei der Betrach-
tung der schweizerischen Kunst
wird uns gezeigt, daß die Sehn-
sucht des fernher Gewanderten
auf die künstlerische Gestaltungs-
kraft ungleich befruchtender wirkt
als die nahe, gewohnte Anschau-
ung der Alpenwelt. Nun bringt
uns der Autor an Zeitgenossen
Dürers von geringerer und
größerer Bedeutung vorbei, die,
dem Zeitgeschmack gemäß, ihren
Gemälden pochgebirgslandschaf-
ten zum Hintergrund geben, vor-
bei an den schönen Miniaturen
der wiener pofbibliothek unbekannten Ursprungs, zu
den Meistern der selbständigen Alpenlandschaft. Ihr
erster ist Albrecht Altdorfer, und das Jahr f5ss, wo
feine Werke den rein alpinen Charakter annehmen,
darf als Geburtsjahr der künstlerischen Alpeneroberung
überhaupt gelten. Tr und sein Schüler Wolf puber,
der als Radierer offenbar anregend auf des Meisters
graphische Arbeiten zurückwirkte, sind die Anführer
der alpinen Gruppe, genannt: „Meister des Donau-
stils". Pier zeigt uns der Autor an einer feinen,
kleinen Alpenlandschaft des Bahnbrechers Altdorfer
den Übergang von der Miniaturmalerei des Mittel-
alters zum gerahmten Wandbild der Neuzeit. Nun
wird die eigenartige Erscheinung der flandrischen
Alpenkonstrukteure gestreift, deren Gebirgsliebe aus
den bescheidenen Bergen der peimat überzeugende

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