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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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vom Büchermarkt.

667. Aatalog.Emband; von Georg Fuchs.

(Braun und schwarz, auf gelblich weißem Papier.)

(2/ä d. wirkl. Größe.)

des f7. zum f8. Jahrhundert die Freude an den
Bergen, die Sehnsucht nach den Alpen einschlummern
konnte und auf Jahrzehnte erstorben blieb, das er-
klärt der Autor aus kulturellen Triebkräften und
ihren Begleiterscheinungen. Tr zieht eine parallele
zwischen den Schlössern und Parkanlagen der fran-
zösischen Könige mit dem damaligen Ideal „des
weitherrschenden Blicks" und unserer modernen Al-
penfreude. Dort wie hier das Suchen nach Freiheit
und Einsamkeit, aber dort die Verwirklichung des
Ideals nur einer kleinen, erwählten Gesellschaft mög-
lich. Die Alpenkette auf dem Bild des Malers jener
Gesellschaft, Ant. Watteau (Einschiffung nach der,
Insel der Kythera), nennt der Verfasser nur „ein
pläsierliches Kompliment vor den Alpen". Tr zeigt
uns, wie es jetzt schwieriger als je geworden ist, die
Schönheit der Alpenwelt von neuem zu entdecken,
und daß dazu nüchterne Pioniere vonnöten sind.
Schweizerische Gelehrte, Scheuchzer und andere, be-
mächtigen sich als erste der Trforschung und Betrach-
tung der Alpen. Aber so wenig deren ziemlich frag-
würdige Wissenschaftlichkeit frei ist von blind machen-

der Sentimentalität, so übertrieben und absolut falsch
sind meist die Zeichnungen ihrer Illustratoren. And
doch ist der Einfluß dieser zeichnerisch äußerst uner-
freulichen Bergbilder hoch anzuschlagen — sie haben
der ganzen Alpenfreude eine Grundlage gegeben,
aus der sich die Kunst des s9>»Iahrhunderts ent-
wickelte. And nun führt uns der Autor zwei Ge-
stalten vor, die es verstanden, einer empfindsamen
Mitwelt neue Begeisterung für das Hochgebirge zu
erwecken: den Dichter der „Alpen" Haller und den
Genfer Philosophen Rousseau. Vor allem das tiefe
Empfinden des letztgenannten für die Schönheit seiner
Heimatberge ruft eine Flut von Reisewerken der
Schweiz hervor und daniit Illustrationen von oft
einzigartigem Wert. Der pathetische Haller wird er-
gänzt durch seinen stilleren Dichterkollegen Gesner,
dessen feine Radierungen die idyllische Seite der Al-
penfreude betonen; mit Rousseaus Namen sind eng
verknüpft die berühmten. Stecher Francois Faninet
und Melchior Descourtis. Begründer dieser neu-
artigen künstlerischen Alpen-Albums ist Aberli; Heß,
Meyer und Usteri, der Dichter von „Freut euch des
Lebens", sind Gesner verwandt. Im Jahre
hatte Konrad Witz zum ersten Male einen Alpen-
berg, den größten Europas, porträtiert, und seit
Saussures Besteigung des Mt. Blanc im August (787
beschäftigen sich jetzt wieder 'geschickte Kupferstecher
mit seiner Darstellung. Wenn das (8. Jahrhundert
kunstgeschichtlich fast allein den Schweizer Alpen
gehörte, so werden an der Wende zum (9. Jahr-
hundert auch die Gstalpen ein häufigeres Ziel der
Wanderer und Maler. Der große Napoleon hatte
dort durch Anlage besserer Alpenwege neue Gebiete
erschlossen, und auch das Interesse an Andreas Hofer
und der Heimatbegeisterung seiner Landsleute zog
vi§le Fremde nach Tirol. Aber bei diesen Illustra-
toren ist die künstlerische Ausbeute geringer als bei
den vorhergehenden, wenn auch manche unter ihnen
gleich den mittelalterlichen Miniaturmalern früher
als die Maler großer Wandbilder neue Wege zu
gehen versuchen. Mit Anbruch des ff). Jahrhun-
derts, zeigt uns der Autor, ist erst das wirkliche
Zeitalter der großen Alpenmalerei gekommen. Wäh-
rend im (8. Jahrhundert nur wenige (Ölgemälde
in Galerien gelangten, dagegen ausschließlich Kupfer-
stecher den Geschmack bestimmten und der großen
Kunst Anregung gaben, haben jetzt die Maler großer
Bilder die Führung übernommen und die reprodu-
zierenden Künste folgen ihnen Schritt für Schritt.
Wie die Alpenfreude in der Schweiz unter Rousseaus,
in Tirol unter Hofers, so steht sie jetzt in Bayern
unter Ludwigs I. Zeichen. — Die Konzentration un-
endlichen Materials ist nun eine derartig intensive

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