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Das erste Bild an der linken Vorderwand hatte die
Unterschrift: Reliquien S. 7.

„Am Skt. Andrcastage i486 versprach mich mein Va-
ster in die Lehrjahre zu Michael Wohlgemuth ; drey Jahre
„lang ihm zu dienen. In dieser Zeit verlieh mir Gott
„Fleiß, daß ich wohl lernete, aber viel von seinen Knech-
ten leiden mußte."

Der alte Meister Wohlgemuth steht mit der Pallete
und dem Malstock in der linken Hand beynahe im Profil,
mit der Rechten faßt er die Hand des jungen Albrecht,
der mit der Kappe in der Linken dem Meister unver-
wandten Blicks ins Auge sieht, das für den Augenblick
möglichst mild geworden ist. Der alte Dürer steht auf
der rechten Seite und scheint, seinen Sohn zu ermahnen.
Sein Blick ist zwischen Wohlgemuth und seinem Sohne
getheilt. Halb im Hintergründe schauet ein Jüngling,
der mit Farbereiben beschäftigt ist, ans den jungen Genos-
sen, an dem er, wie es scheint, einen Freund zu fin-
den hofft. An der Staffele,) sizt der eine Gesell eine
Geisselung malend. Er schaut mürrisch und boshaft nach
der Scene. Man sieht, daß von ihm der gute Albrecht
viel wird leiden müssen. Meister Wvhlgemuths ange-
fangenes Bild ist ein Johannes unter dem Kreuze. Durch
das Fenster erblickt man eine Helle beleuchtete Straße, die
Spitze der Sebaldthürme und einen Theil der Burg.

Die drei) über dem Bilde befindlichen Kopfe sind, oben:
der Evangelist Lukas, unten links der heil. Eligius, Pa-
tron der Goldschmiede, rechtS: St. Andreas als der Hei-
lige des Tages, an welchem die Handlung geschah.

Es ist das Bild von Dr, Fellner aus Frankfurt
a. M. kvmponirt und unter Mitwirkung der HH. Bin-
der aus Wien, Pa ssavan t aus Frankfurt, S chü lgen
und anderer ausgeführt.

Das 2te Bild in der Nische befindlich, führt die Un-
terschrift :

„Und als ich heim gekommen ivar 1494 nach Pfing-
„sten, handelt Hans Frei mit meinem Water, und gab
„mir seine Tochter mit Namen Jungfrau Agnes. Er gab
„mir zu ihr 200 Gulden und hielt die Hochzeit; die war
„am Montag vor Margarethe im Jahr 1494." (S. Re-
liquien S. 8.)

(Der Beschluß folgt.)

Gedanken über die Landschastmalerey.

(Fortsetzung.)

Nico laus Ponssin hat in den meisten seiner
Werke die Landschaft mit den Historien vereinigt, d. h.
beyde Gattungen zugleich zu großer Bedeutung hervor-

gehoben- um cim Ganzes der Kunst in seinem vollen Um-
fange zu geben. In einigen Bildern ist die Hauptwirkung
auf die Figuren, in andern auf die Landschaft berechnet;
aber immer stehen bei,de in dem schönsten Einklänge. Die
Werke dieses Meisters enthalten überhaupt die herrlichsten
Muster für den klassischen Styl des historischen Charak-
ters in der Landschastmalerey. Denn er pflegt den gros-
sen ethischen Anregungen, die er bezweckt, stets höchst be-
deutende geschichtliche Motive zu unterlegen, und gibt ans
diese Weise dem Gemüthsaffekt, durch die Beymischnng
historischer Erinnerung, Nahrung und Haltung. Aber
auch wo dieser große Bildner auf historische Beziehung
verzichtet, weiß er irgend eine, die Seele mächtig anre-
gende und erfüllende Idee, in seinem Bilde zu versinn-
lichen. Er hat sich durch gründliche Studien, seinen phi-
losophischen Geist, und ein glückliches Auge, das Große
und Erhabene in der Landschaft so eigen gemacht, daß es
fast identisch mit seinen Nachbildungen wurde. Ja gerade
bey Pvussin wird man veranlaßt zu vermuthen, es beruhe
der hohe Styl der Landschastmalerey eigentlich in einem,
von irgend einer historischen oder ethischen Beziehung un-
abhängigen Charakter der Formen. Denn diese haben bey
ihm etwas so selbstständig Bedeutendes und Großartiges,
daß man glauben möchte , das Schauen derselben erzeuge
schon an sich jene erhebende Anregung des Gemüthes, die bei-
der höchsten Gattung der Schönheit hervorzutretcn pflegt.
Allein dieses beruht in so ferne auf einer Täuschung, als
dieser Meister den Charakter des Gesammteindruckes, den
er zu bezwecken pflegt, deutlicher und bestimmter als ir-
gend ein Landschaftmaler, auch in dem Einzelnen durchzu-
führen verstand, und also bey der Wahl der Formen und
Führung der Linien, von seinen großartigen Ideen stets
belebt, immer gleich das Bedeutende hervorkchrte, welches
wir nun, auch ohne Rückblick auf seine Beziehung, als ein
solches erkennen und genießen.

Die Werke dieses Meisters können übrigens auch noch
in einem Nebenzweige der Landschastmalerey, nämlich in
der architektonischen Ausschmückung der Scene, als klassi-
sche Muster gelten. Denn bey dieser Gattung kömmt cs
auf ein glückliches Auge für die Verhältnisse, ans ein sei-
nes Gefühl in der Anordnung der Massen, auf gründliche,
tiefe Studien nach klassischen Mustern, und hohe Fertigkeit in
der Perspektive an, und alles das hat Poussin im höchsten
Grade besessen, und darüber bey der Ausführung mit Si-
cherheit geboten.

Sehr verwandt mit dem Streben Nic. Poussins ist
das seines Vetters Kaspars Dnghet, der sich jedoch
ausschließlich der Landschastmalerey gewidmet hat. Ja er
hat selbst meist spezieller historische Beziehungen umgan-
gen, und sich auf die unmittelbaren Wirkungen des Er-
hebenden und Ergreifenden in der Natur beschränkt;
so wie er es denn nicht verschmähte, manchmal bloße Ve-
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