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München, und beabsichtigte zu seiner weiteren Ausbildung
eine greift nach Italien, die er jedoch erst im Jahre 1787
antreten konnte. Ein Anfall veranlaßte, daß er bep plötz-
licher Erkrankung eines Cabinetskouriers freywillig dessen
Portefeuille übernahm und an seiner Statt in -sechs Ta-
gen nach Neapel eilte. Er stieg dort im Hause des be-
rühmten Tonsetzers Paesi'ello ab und wohnte mehrere Mo-
nate bey ihm. Darauf kehrte er nach Rom zurück und
verweilte daselbst ein Jahr, mit dem Studium seiner Kunst
beschäftigt, und in freundschaftlichem Verkehr mit mehre-
ren der ausgezeichnetsten Männer Deutschlands. Die da-
malige Zeit war ein Wendepunkt für alle Kunst und
Wissenschaft und vieles, was bald daraus und später in
Deutschland wirkte, ward in jenen Jahren zu Rom vor-
bereitet. Noch dauerte das Ansehen und der Einfluß des
kürzlich verstorbenen Mengs, Angelika Kaufmann blühte
und sammelte einen Kreis geistreicher Fremden um sich,
Goethe schrieb seine Jphigenia, Hirt entdeckte die Kapelle
des Frate Angelico da Fiesole im Vatikan, welche zuerst,
auf das Verdienst der vorraphaelischen Meister aufmerk-
sam machte. Moriz, .Herder, Schlegel besuchten um diese
Zeit Italien. Der Umgang mit mehreren dieser geist-
reichen Männer war für unser» strebenden Künstler ein
reicher Quell innerer Ausbildung und Befriedigung, denn
er wußte sich leicht alles. Gute anzueignen und erwarb sich
durch die lebhafte Empfänglichkeit und Heiterkeit seines
Geistes die Liebe derer, deren Freundschaft er suchte.

Er kehrte von Rom wieder nach München zurück,
wo ihn sein alter Freund Franz Kobell, und sein vor-
züglicher Freund und Gönner, der Geheimerath von
Stengel, mit Liebe erwarteten. Auch hier sah er sich
bald in einem seiner geistigen Richtung entsprechenden
-Kreise. Im Hanse des Kapellmeisters Cannabich hatte sich
ein freundschaftlicher Airkel gebildet, der zum Theil auch
aus berühmten Musikern bestand; selbst Mozart nahm
während seines Aufenthalts in München daran Theil.

Das früher durch Krähe projektirte Werk der Düs-
seldorfer Gallerie war nicht zur Ausführung gediehen;
aber das Unternehmen wurde von ^lenem durch den Eng-
länder Green begonnen, und Heß und Bartölozzi
würden als Hauptmitarbeiter an demselben berufen. Heß
begab sich deshalb im Anfang des Jahrs 1789 zum zwep-
tenmale nach Düsseldorf und ging mit Eifer an seine Ar-
beit. Der damalige weichlich - verderbte Kunstgeschmack
fand leider nur au der zierlichen Punktirmanier Gefallen,
und so mußte unser Künstler nunmehr die schönsten Jahre
seiner Thätigkeit diesem untergeordneten und ungenügen-
den Fache widmen. Die vorzüglichsten Blatter, die er zu
dem Werke lieferte, und welche damals seinen Namen
weiter und hauptsächlich in England bekannt machten, wa-
ren-die Himmelfahrt Mariä nach Guido, der Markt-
schreyer nach Gerhard Dow und das Portrat,des Ru-

bens mit seiner Frau *), welch lezteres Blatt unstreitig
zu den besten und, strengsten gehört, die jemals in dieser
Manier verfertigt worden sind.

Auch radirte er damals noch mehrere Blätter und
überhaupt gab die Verbindung, in die er durch dieses
Werk mit dem- englischen Kunsthandel geriet!), ihm zu
manchcrlep andern Arbeiten Anlaß. Seinen rastlos stre-
benden Geist forderte sie zugleich zu anderweitiger Ent-
wicklung auf; er erlernte die englische Sprache zu dem
Grade, daß er sich darin ausdrücken und mit den Schätzen
der englischen Literatur bekannt machen konnte. Der
tägliche Umgang mit jener bedeutenden Anzahl geistreicher
Männer, die sich damals.im Hause des Direktors Krähe
und vorzüglich bep dem gastfreundlichen Jakobi in Pem-
pelfort unweit Düsseldorf versammelten, gab ihm nicht
nur die äußere Gewandtheit und den feinen Ton jm Le-
ben, sondern erregte bep ihm auch eine Theiluahme an
jeder höheren geistigen Richtung, die seinen wissenschaft-
lichen und künstlerischen Gesichtskreis erweiterte und bis
in sein spätes Alter gleich frisch und lebendig in ihm blieb.
Jm Hause Jakobi's > welcher jeden Herbst eine große An-
zahl geladener Gäste beherbergte, verlebte er mehrere
Jahre im Kreise der ausgezeichnetsten Gelehrten Deutsth-
lands, und er pflegte lnoch in späterm Alter das Glück,
diese Männer gekannt zu haben, als eine der vorzüglich-
sten Begünstigungen seines Schicksals zu preisen.

Jm Jahre 1791 verheiratete er sich mit der jün-
gcrn Tochter seines vieljährigen Freundes, des Akademie-
direktors Krähe, und seine durch mannigfaltige Anstren-
gung bereits wohlgeordneten Verhältnisse schienen sich durch
diese Verbindung auf eine dauerhafte Weise zu begründen.
Doch bald darauf überzogen Frankreichs Heere die Ufer
des Rheins und Düsseldorf wurde durch das Bombarde-
ment des Jahrs 1792 ein Raub der Flammen. Groß
war der Verlust, den viele Familien, vorzüglich seine
Schwiegerältern Und er selbst erlitten. Durch die bren-
nenden Straßen entflohen die unglücklichen Einwohner.
Als auch, er seine Familie in einem benachbarten Dorfe
in Sicherheit gebracht hatte, kehrte er noch einmal zurück
und rettete noch schnell seine wenige Baarschaft und seine
Kunstgeräthschaften, indem er sie mit eigener Hand auf
einem Schubkarren durch die mit Bomben und Brand
erfüllte Stadt schleppte.

Als darauf einige Ruhe, und mit ihr neue Kunst-
liebe und Thätigkeit zurückkehrte, fing auch der Geschmack
allmählich an sich dem Tüchtigem zuzuwenden, und Heß,
welcher dem Besseren nachstrcbte und die Richtung der
Zeit wohl verstand, unternahm, nun einige.Arbeiten mit.
dem. Grabstichel, worunter vorzüglich die heilige Familie

*) Diese Gemälde sind nun sämmtlÄj-- in - der Gallerie zu

München.
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