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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Düsseldorfer Historienbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0128

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243

Düsseldorfer Historienbilder.

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Die Verbindung fiir historische Kunst gelungte in diesem
Jahr in den Besitz zweier Werke von bedeutendem
Umfang, welche das Vorbild der Hohenzollern ver-
herrlichen. Fritz Roebcr stellt ihu dar, ivie er das un-
glücklichc Landvolk nach der Schlacht von Fehrbcllin
durch sein Erscheinen tröstend ausrichtet. Flüchtig und
leicht schaffend, wic immer, zeigt der Künstler hier dic
etwas verblichenen Qualitäten seiner Schule, die ihm
stets die Reverenz der Kritik sichern. Jm ganzen über-
wiegt der Eindruck konventioneller Historienmalerei,
Ivelche durch die Unverkennbarkeit der Hauptfigur ihre
Signatur erhält.

Mit rlickhaltloser Anerkenunng darf man von
dem Bildc Hugo Vogels redeu. Der Vorwurf ge-
winnt durch dic Koincidenz mit der 200jährigen Jubel-
feier des Ereignisses ein aktuelles Äntereffe neben dem
geschichtlichen: „Der große Kursürst empfängt die
Röfugios im Herbste 1685 nach der Aufhebung des
Ediktes von Nantes in Potsdam."

Vogel ist nicht nnr ein talentvoller Künstler von
außerordentlich gesunder Beanlagung, fondern zugleich
auch ein praktischer Mann. Er wird sich in der Wahl
seines Gegenstandes nicht vergrcisen. Einen Knrprinzen
in der Medianoche würde er nie gemalt haben, aber
1883 den Lnthcr, der ihm übrigens auch ohne die
Gedcnkscier cinen ganzen Ersolg cingetrngen hätte und
1885 die Nüsugiös vor dem großeu Kursürsten, die
einen gewaltigen Fortschritt gegenüber dem Luther auf-
iveisen.

Der Vorgang vvllzieht sich im Freien auf und Vvr
der Terrasse des Schlosses in Potsdam. Jn der
lufterfüllten Landschaft mit dem teils dnrch hohe Bänmc
geschlossenen, teils dnrch die Kolonnaden sich vffnen-
den Hintergrnnd stcht der weiße Rock des Kurfürsten
nnd das mannigfaltige Schw'arz in den Kostümen der
Franzosen als sestes Gcrüst, an dem sich ein Koloris-
mns von bescheideuer uud vornehmer Zurückhaltnng
aufbaut, der nur durch wenige Lokalfarben, wie das
Rvt in dem Rock und Hutc des Ceremonienmeisters von
Grumbkow nnd das blauc Futter im Mantel des sich
verbeugenden jugendlichen Kavalicrs, bestinnnt wird.
Jcde Atelieranschauung ist überwunden. Der große
Knrfürst in sciner ernsten Energic ist der ganze Mann,
der nur im verschwindenden Profil gesehene, sich ver-
neigende Prcdiger von außerordentlicher Stärke des
Ausdruckes. Für dic Franzoseu fand Bogel mit fcin-
stem Blick unter seincn internationalen Kollegen und
Mitschülern eine Reihe der charaktervollsten nnd an-
mutigsten Typen, an denen namentlich die Frische
lebensvvllcr Empfindnng nebcn dem Reiz der Formen
sesselt. Die Figur eines alten Herrn, des vornehmen
Scniors der Deputation, dem sein liebliches Enkelkind
aus der Sänfte hilft, vcrdient besondere Erwähnung.

Auf die rechte Seite des Bildes bis zum Kurfürsten
einschließlich hat der Künstler seine volle Krast mit
allerbestem Gelingen verwendet. An den Gestalten des
Hofes fühlt man eine gewiffe Erlahmung, die darauf
verzichtet, das historische Niaterial erschvpsend zu vcr-
arbeiten. Der Kurprinz nnd seine geistvolle Gemnhlin
Sophie Charlotte kommen stark zu kurz, und gegen
das blonde feine Gesichtchen der letzteren sträubt sich
das Auge des mit dem lebensprllhenden, funkelnden,
wahren Angesicht vertrauten Betrachtcrs. Auch die
Kurfürstin ist auf halbeni, sreilich sehr glücklichem Wegc
stehen gebliebcn.

Auf solche Leistnngen darf die Akademie mit Recht
stolz sein. Was H. Vogel seinem Lehrer W. Sohn
zu danken hat, des ist er sich voll bewußt. Er wird
sein Lob in die Weite tragen. Wir aber stehen er-
staunt der Thatsache gegenüber, daß man bei Ver-
gebung des Knausschen Meisterateliers an den Berufen-
sten in Norddeutschland HLHeren Ortes nicht gedacht
hat. Mißgriffe bei Mangel an einer gualifizirten
Persvnlichkeit sind nicht zu vermeiden. Hier bleiben
sie nnerklärlich.

Der große Saal im Gürzenich zu KLln hat einc
Länge von 53 Metern. So lang ist auch das Wand-
gemälde, welches den historischen Festzug zur Feier der
Dombauvollendung darstellt und im Auftrage der
Stadt Köln von W. Camphausen, A. Banr,
W. Beckmann, Fritz nnd Ernst Roeber in Wachs-
farben auf Leinwand ausgeführt worden ist und nun
der Längswand des Gürzenichsaales über den Ein-
gangsthüren ihren Schmnck verleiht. Monumentale
Bilder an einem anderen Platze beurteilen zu wollen,
als an dem ihrer Bestimmung, erweist sich wie immer
auch hier als ein ebenso unmotivirtes wie ungerechtes
Vcrfahren. Jn der Einzelvorführung, an zum Teil
ganz ungeeigneten Stellen, war die Wirkung eine ver-
hältnismäßig geringe. Ernst Roeber erschien als der
glücklichste durch fein harmonische Verwertung des der
Wachsfarbe eigentümlich milden, hier auf Blau gestell-
tcn Reizes.

Unter trefflichster Beleuchtung betrachtet, gewährtc
die Bilderreihe an ihrem Platze einen überraschend
gleichmäßigen und wohlthuenden Eindruck. Derselbe
hängt im wesentlichen von dem guten Bcrhältnis der
Naum- und Flächendimensionen ab, dem eine bei den
verschiedenen Händen kaum zu erwartcnde glückliche
Gliederung der Komposition zur Seite steht. Wenn
man im einzelnen urteilen soll, so hat das Baursche
Bild uubediugt den Preis. Durch Schwarz und Weiß
bringt er seine Farben zur stärksten Geltung, und neben
ihm zeigt sich die feinere Kunst E. Roebers (selbstver-
ständlich ist damit kein allgemeiner Maßstab aufge-
stellt) im Nnchteil. Der Reiz, den das Bild, am
 
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