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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Düsseldorfer Historienbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0129

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Dusseldorfer Historienbilder.

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Boden stehend, in der Aula der Akademie hatte, ist
verflogen; der Mangel an Krast bestimmt die Wirkung,
aber sie bleibt dvch nvch grvß gcnug, um nicht etwa
als Lücke zu erscheinen. W. Beckmanns Bild hat nicbt
nur durch den neuen Platz, sondern wohl nvch mehr
durch erheblichc, von dcm Kiinstlcr nachträglich vor-
genvmmcne Retouchen »ud Änderungen gewonncn.
Einigc trockene Dunkelheiten, die jetzt nls starke Flecke
wirkcn, aber keine Fleckcnwirkung erzeugen, werden ivvhl
nvch beseitigt werden müsscn, wenn das Bild zu der
verdienten Gleichberechtigung gelangen soll.

Fritz Roebcr hatte sich mit einem ganz relegirten
Platz abzusinden, einem schmalcn Streif über dcn schräg
ansteigenden Sängersitzen. Dem Publikum der Kvn-
zertc, das, wic ich hörc, vvn den Malereien bei glän-
zender Belenchtung einen sehr bcfriedigenden Eindruck
empsängt, bleibt Roebers Arbeit entzvgen, und auch
am Tage vernrsacht die Betrachtung mehr Schwierig-
keiten als Genuß, freilich nicht durch die Schnld
des Künstlers. Er hatte den Einzug des gvldenen
Schreins mit den Gebeirwn der heiligen drei Kvnige
zu schildcrn und eignete sich mit historischem Sinn dic
Anschauungen des MeistcrS Stephan an. Die gute
Jdee kvnnte allerdings erst bei größerer Vertiefung volle
künstlerische Bedeutung gewinne».

Am nngünstigstcn nimmt sich Camphausen aus.
Ein nnmittelbar vvrliegcndes Fenster übergicßt das
Bild mit unvermitteltem Licht. Das vrdinäre Rvt,
welches den Reigen führt nnd sogar anf den Gesich-
tern der in Natur reizenden Jungfranen sein Unlvesen
trcibt, läßt die Frcude an besser Gclungenem kaum
aiiskommcn.

Als Fazit crgicbt sich ein bei der Entstehung dcs
Werkcs kaum zu erhoffendes Gcsamtresultat, das ein-
mal ausnahmsweise die Lust zu derlei mvnnmentalen
Unternchmungen nicht anf lange herabstimmt.

A. Banrhal in jüugster Zeit dicTvchter eines Biär-
tyrers ausgestellt,welche in den Kalakvmben Vvn römischen
Schergen beim Schmücken des väterlichen Grabes über-
rascht wird. DieSmal für ihn anf dem svnst vertrautcn
Gcbiete deö christlich-antiken Kviifliktö kcin Treffer.
Es fehlt dem Bildc ebcnso sehr an Verinnerlichung
des AuSdruckcs wie an der kvlvristischen Jdce. Man
braucht in letzterem Bezug noch gar nicht an Alma
Tadenia zu denken.

An einen Slvfs von riesenhastem Wuchsc hat sich
Karl Wagner gewagt: „Bismarck mit Thiers nnd
Favrc in Verfailles über dcn Frieden nnterhandelnd".
Wer es anch hcute vvn deutschen Künstlern nnter-
nähine, nns dicsen Vvrgang in seiner äußercn nnd
inneren Bedeulung zu schildern, er müßte nns mehr
schuldig bleiben, als er zu bieten vermöchte. Deshalb
erscheint es ungerecht, die guten Qualitäten des Bil-

des zn verkennen. Der Anlaus ist in allcn drei
Figuren gut, aber sreilich versagt die Krast bei der
Votlendung, wie schon von anderer Seite neulich her-
vvrgehvben wurdc. Die rvbnste Energie Bismarcks
Ivird zu theatralischer Steifheit; die Hand, die dnrch
das künstlerische Mark der Formen ein bedeutendes
Wvrt mitsprechen svllte, schlüpst nur geradc sv durch.
Die trefflich gedachte Haltung Thiers' wird bis zur
willenlvsen Abspannung des Körpers übertrieben.
Favre würde bei vollem Gelingen der beiden anderen
eine ganz annehmbare Vermittclnng abgeben. . Trvtz
der unverkcnnbaren Schwächen wird das Bild in der
phvtographischen Vervielfältigung seinen Weltlanf neh-
»>cn, weil fiir die populäre Anschauung dem Gegen-
standc künstlerisch genug gethan ist.

Aber alle diese mehr oder weniger beachtenswertcn
Arbeiten konntcn den zwischen der Kunsthalle, Schnlte
und Bismeyer in ivöchentlichen Schwingungen gleich-
mäßig dahinftießenden Strvm der Diisseldorscr Kunst-
betrachtung nicht zu stärkcrem Aufwallen anregen.
Das war den Deckenmalereien im Theater von H. de
Saussnrc aus Genf und Peter vvn Kraft vorbe-
halten.

Zn den bcrcchtigtcn Eigentüiiilichkeitcn DUsseldvrfs
gehört die künstlerische Prätension bezüglich des Thea-
ters. Das Verdienst der Männcr, welche einen Teil
ihrer Arbeitszeit Liesem Jnstitute widmen und Kostüm
nnd Dckvrativncn anordnen und kontrolliren, soll dnrch
diese Bemerkungen nicht geschmälert werden, aber man
iiberschätzt dic Bedeutung nnd das Resnltat. Über der
Hausthüre dcs Hans Sachs kann auch iu Düsseldvrf
cin steiflederiier Kanoncnsticfel prangcn, und es liegt
einfach außer den Mitteln einer svlchen Bühnc, eliva
mit den Meiningern konkurriren zu wotlen.

Mit dieser kiinstlerischcn Prätensivn hing auch die
Jdec zusammen, die bisher iveiße Dccke des Theaters nnd
dic Bontc durch Malereien zu dekvriren, cin Gedanke, der
in Verbindnng mit dem Planc znr cinhcitlichen Aus-
schmückung des nur provisorisch ausgcstatteten Zuschauer-
raumes fruchtbar Ivar,svbald die crfvrderlichenGeldmittel
zur Versiigung standen. Jetzt hattc maii 1000 Biark
Lbrig, genug, nm dasiir von zwci jungen, sich dazu
erbietcnden Akademikern eine mvnunientale Biustcr-
leistung zn gewärtigen. Den Obengenannten fiel die
Ansmalung der Dccke zu, während die Vvute von
einem Jnslitnte überiiommen Ivnrdc, das mit jenen
kcine Fühlnng hatte und auch nicht anstrebte. Auf
eigcne Faust arbcitct jede der beiden Grnppen lvü.
Bei der Enthüllung findet sich ein Deckcngeniälde von
übcrrnschendem Wert und eine Vonte, die, an sich ver-
sehlt, aus das in Luft nnd Wolken schwimmende
Deckcnbild die vernichtende Wncht ihrer plumpen mate-
riellen Schwere wirft. Saussnre und Kraft hatten
 
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