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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

DOI Artikel:
Schönfeld, Paul: Ein neues Werk über die toskanische Renaissance-Architektur
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Thorn im Mittelalter, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0265

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517

Ein neues Werk über die toskanische Renaissancearchitektur. — Thorn im Mittelalter.

518

rische Studicn in den Bibliotheken und cingehende
Durchforschung der Handzeichnungen in der Samm-
lung der Uffizien; in letzterer Richtung war haupt-
sächlich Paul Kurr mit Eifer nnd Erfolg thätig, der
sich leider durch langwierige Krankheit verhindert sah,
die reichen Resultate seiner Studien selbst zu ver-
arbeiten, in H. von Geymuller jedoch einen ebenso be-
reitwilligen wie berufencn Nachfolger fand.

Dem auf S. 6 dargelegten Programm zufolge
svll das Werk ein erschöpfendes Bild der toskanischen
Renaissancearchitektur bieten; nicht nur Paläste und
kirchliche Bauten, sondern auch die überall zerstreut
liegenden Villen, die hervorragendsten dekorativen
Leistungen sind in den Plan des Unternehmens ein-
geschlossen. Der textliche Teil soll erstens geschichtliche
und technische Fragen, darunter Spezialitäten wie die
Entwickelung der Bossen, Kapitäle, Fensterformen u. s. w.
behandeln und zweitens Monographien der einzelnen
Meister und Beschreibungen ihrer Werke mit möglichst
vollständiger Berücksichlignng der neuesten Forschungen
geben. Neben den ausgeführten Bauten sollen auch
Originalzeichnungen der großen Architektcn beigezogen,
desgleichen auf die bisher wenig verwerteten und doch
bisweilen so wichtigen Darstellungen von Bauwerken
in Fresken und Reliefs Bezug genommen werden.

Jn dem allgemeinen Teil der ersten Lieferung, der
sich durch Übersichtlichkeit der Anordnung und inhalts-
reiche Knappheit anszeichnet, Vorzüge, denen leider hier
und da recht stvrende grammatikalische und stilistische
Jnkorrektheiten gegenüber stehen, giebt Geymüller zu-
nächst einen gedrängten Überblick über die vier Epochen
der toskanischen Architektur, behandelt den Einfluß der-
selbeu auf die Zukunft der Bauknnst in Europa, er-
örtert die Umstände, die gerade Toskana zur Geburts-
stätte der modernen Architektur bestimmten, wobeisehr
fcinsinnige und zutreffende Bemerkungen Platz finden,
und beschäftigt sich dann speziell mit dem Wesen der
Renaisiance, die charakterisirt wird als „eine Periode
des Übergewichts der lateinischen Kunstanschauung über
die gallo-germanische", eine „Protestation des Südens
gegen die vom Norden ausgehende, in der mittelalter-
lichen Kunst herrschende Vernachlässigung des Begriffes
des Vollkommenen", „keine Wiedergeburt der antiken
Archiktektur in allen ihren Offenbarnngen, aber ihre
Anwendung auf die Bedürfnisse des inzwischen anders
gewordenen Volksgeistes". Als der große Bahnbrecher
dieses Prinzips, als „Vater der Architektur der Re-
naissance und der modernen Baukunst überhaupt"
eröffnet Brunellesco den Reigen in dem Lesonderen
Texte der ersten Lieferung, dem in vorzüglichem Licht-
druck das Reliefporträt des Meisters an seinem Denk-
mal im Florentiner Dom beigegeben ist. Von den
Reproduktionen, deren Treue und technische Gediegen-

heit uneingeschränkte Anerkennung verdienen, seien be-
sonders hervorgehoben die Kupferstiche, die den Palazzo
Pazzi (jetzt Quaratesi), die Palazzi Rucellai und Bar-
tolini veranschaulichen, sowie der durch wunderbare
Schärfe und Klarheit ausgezeichnete Lichtdruck vom
Hofe des Palazzo vecchio zu Florenz, bei dem sogar
in den Schattenpartien jedes Detail der reich dekorir-
ten Säulen voll zur Geltung gelangt, und die Außen-
ansicht der Madonna di San Biagio zu Montepul-
ciano, denen sich die in Kupferstich ausgeführten
Detailblätter mit ihren genauen Maßangaben, Schnit-
ten u. s. w. würdig anreihen. Die Grundrisie sind
in ^^2««' die Fassaden in die Detailprosilirungen
in bisweilen, bei kleineren Monumenten, in sig
der natürlichen Größe gegeben.

Jm ganzen soll das Werk, das im Format von
Letarouilly's biäiüoss äs Roins inoäsrns erscheint,
ca. 300 Tafeln, die Hälfte in Lichtdruck, die andere in
Kupferstich, umfassen, außerdem 200 Jllustrationen im
Texte, der auf ungefähr 40 Bogen berechnet ist, und
in 30 Lieferungen fertig vorliegen.

Es ist aufs lebhafteste zu wüuschen, daß das ver-
dienstvolle Unternehmen, das, wie man leicht begreift,
nur mit großen persönlichen Opfern ins Leben gerufen
werden konnte, sich recht nachdrücklicher Unterstützung
seitens aller Knnstanstalten, Bibliotheken und Knnst-
freunde zu erfreuen habe. Wofern dasselbe gleichmäßig
im Geiste des bisher Erschienenen fortgeführt wird,
läßt sich mit Bestimmtheit voraussagen, daß es den
bewährten Mitarbeitern gelingen werde, ihr hoch-
gestecktes Ziel zu erreichen nnd aus dieser Publikation
„auf lange Jahre hinaus den Mittelpunkt und die
Grundlage des architektonischen Studiums und der
baugeschichtlichen Untersnchungen zu machen".

Kaiserslautern. Paul Schönfeld.

Thorn iin Zlittelalter').

Unter diesem Titel hat C. Steinbrecht vor kur-
zem uns eine gediegen durchgeführte und reich ausge-
stattete Monographie geschenkt, die von ungewöhnlich
hohem künstlerischen Jnteresse ist. An der Hand rei-
chen urkundlichen Materials und auf Grund eingehen-
den Studiums der Monumente entwirft er uns eine
Geschichte der Baudenkmale der alten Ordensstadt, in
welcher sich die Geschichte des deutschen Ritterordens,
sein wichtiges Aufstreben, seine Blüte, aber auch sein
Verfall und das Preisgeben deutschen Bürgertums an
die überhand nehmende slavische Herrschaft aufs klarste

1) Die Baukunst des dsutschen Ritterordens in Preußen,
von C. Steinbrecht, Rsgisrungsbaumeister. I. Die Stadt
Thorn. Mit 14 Tafeln nnd 39 in den Text gsdruckten Ab-
bildungen. Berlin 1885, I. Springer. Fol.
 
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