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HslbmonsNiche I^undschsu,

unter Witivirkuny des WLgviiiiders Wvtiimuid Muenuvins hLvimsgegLben von

Psul Zchumsnn.

j. Ovrcmkon-Hcfk t894-


5. ffahrgmig, Heft Z.

Erscheint Anfang und
Mittc sedes Monats.

VeMlgeld: t (D- 60 M. uiMeljghvt. Anzeigen:

^-!— " ' 40 pf. f. d. «Igesp. jdetitzeile.

Atchunscke Kunst.

Die japanische Runst nnd das japanische Runst-
gewerbe wie japanische Literatur und tvissenschaft,
wenn ihnen auch die ttrsprünglichkeit abgebt, da sie
uani Festlande Asien, von (Lhina aus in das Land
der „anfgehenden Sanne" gelangt sind, haben sich
doch daselbst vom heiniatlichen Boden abweichend
cntwickelt und nach der Ligenart von Land und
Leuten weiter entwickelt. si>o ist die japanische Runst
ein getreuer Zlusdruck der Natur des Landes wie des
Denkens und Lühlens des Dolkes, das die ihm über-
nomnienen fremden Motive eigenartig ausgebildet
hat. Die Leistungen der Zapaner auf dem kunstge-
werblichen Gebiete haben in technischer wie ästhetischer
Deziehung bekanntlich eine Hähe erreicht, daß sie in
ihrer Art unübertroffen dastehen.

U)as die japanische Rnnst in so hohem Naße
auszeichnet, ist, daß sie durchaus wahr ist. In der
liebevollen und naiven lhingabe an die Natur thut
es kcin anderes volk den Zapanern gleich, die Natur
ist ihre Lehrmeisterin gewesen, und daher sind alle
ihre Lrzeugnisse in ihrem >vesen natürlich, wie
seltsam der japanische Stil uns auch anmuten mag.
Der Zapaner hat stets den Zweck im Auge und ge-
staltet sein Gebilde dementsprechend; alles entwickelt
sich bei ihm folgerichtig. Dabei versteht er es, den
Gegenständen, ohne deren Gebrauch zu beeinträchtigen,
immer eine schöne Form zu geben. Nichts ist dabei
unwahr, Lseuchelei, jedes Ding will nur als das er-
scheiueu, was es in lVirklichkeit auch ist. Dazu kommt,
wie Louis Gonse in seinem großen prachtwerkc
„Isiart japon-iiss" hervorhebt, daß die Zapaner die
ersten Dekorateure der Welt sind. „Zede Lrklärung
ihrer Aesthetik" sagt er - „ist zu suchen in einem
überlegenen 5inne für ksarmonie, in euier beständigen,
sinngemäßen und unweigerlichen Unterordnung der
Runst nnter die Anforderungen des Lebens nnd das
freudige lVohlgefallen der Augen. . . . lVir haben
unmerklich das Gefühl für Dekoration und Farbe ver-
loren, während die Zapaner dies bis in die jüngste

Zeit sich unverkürzt bewahrt haben. Daher ist in
ihren figürlichen Darstellungen etwas, was uns be-
fremdet und was unser entarteter Geschmack nicht
mühelos versteht. Die Ghre, ja der Nuhm Zapans
besteht darin, daß es ästhetische Grundsätze von
unvergleichlichem IVerte festgestellt und sich ihnen
immer und überall untergeordnet hat, selbst in seinen
ausschweifendsten Phantasie-Gebilden, und damit gehen
> die japanischen Rünstler wahrlich verschwcndcrisch
genug um."

Dabei siud alle japanischen kunstgewcrblichen
Lrzeugnisse meisterhaft in der Technik und echt im
Stoffe. Die Natur des Stoffes wird uirgends ver-
hüllt, er gibt sich als das, was er ist, von der Lüge
eines Talmi sind die japanischen kunstgewerblichen
Lrzeugnisss noch nicht angekrcinkelt. Ü)ie in der
Folgerichtigkeit und Schönheit der Formen und in dem
Neichtum und in der Mannigfaltigkeit der Grnamen-
tierung, liegt ihr hoher lVert auch iu der virtuosen
Arbeit und in der Güte und Lhrlichkeit in der ver-
wendung des Ltoffes.

IVelchen Neichtum der phantasie, welchen Ge-
schmack und natürlichen Sinn die japanischen Dekora-
teure entwickeln, davon legt ein jüngst erschienenes
>Verk beredtes Zeugnis ab, das, in deutscher, fran-
zösischer nnd englischer Sprache abgetaßt, den etwas
sonderbar klingenden Titel trägt: „Das Buch
reizender und merkwürdiger Zeichnungen
bestehend in einhundert Faksimile-Neproduktionen von
Runstwerken japanischer Schablonenschneider, mit
welchcn den freundlichen Leser ein gewisser Andrew
w. Tuer, F. S. A., der aber nichts von alledem ver-
steht, bekannt machen will. Leipzig, F. A. Brockhaus".
Der Beachtung, namentlich der deutschen Nlusterzeichner
kann dieses Buch bestens empfohlen werden. Sie
werden darin die originellsten Motive findcn, nicht
zum Ropieren, aber zur Zlnregung nnd Leitnng der
eigenen Schaffenskraft

Wie überall in der welt, liebt auch in Zapan
 
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