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^slbmonZiliche Hundschnu,

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P a u l Z ch u in s n n.

2. d)ai-Hrfi t89Z- 5. ^ahlysoK, Hrfk f6.

Lrscheint Anfang und
Mittc sedcs Monats.

IlZrstellgkld: l d). 60 Of. vicntchähr.l.

Anzoigen:

.^o Pf. f. d. qgesx. Petitzoile.

Die Kcdmümg des ncucn Peickntngsgebiiudeü für dns Kuustgewerbe.

Liver dcr Sauptschädcn sür unser gegenwärtiges
Runstgewerbe ist es, dast cs den nntürlichen Zu-
smnincnbang nnt dem Lsandwerk fast vollständig ver-
loren hat. Ls fehlen beinahe gänzlich die Zwischen-
glieder zwischen cinfachen Gebrauchsgegenständen nnd
Lsiirnsgcgenständen. tVas sich dazwischen drängt, die
dlusstattnng für dcn cigentlichen Atittclstand, ist zuineist
nngeinein fragwürdiges Gut, Labrikarbcit init dem
plnnip nnd unsanber nachgcahinten und aufgcflickten
Schinuckwcrk der cigentlichen Lurusware.

Lctztcre aber verdient iin allgcineinen nicht cin-
inal so vergebliches Liebeswerben, dcnn es fehlt ihr
die Lntstehung aus inuerer Notweudigkcit. Nicht von
inncn heraus, durch iininer weitergehende liebevolle
dlnsgcstaltung irgcnd ciner Zweäkforin entstehen unsere
inodcrncn Aunstgewerbsgegcnstände, sondern ans dein
Nedürfnisse eincs fieberhaften Geschäftssinnes, den
lllnsprüchen dcr IVohlhabenden nach Neuein, Neuein,
uin scden preis cntgegenzukoininen. Die Nachfrage
nach Uunstgcwcrbsgegenständcn aber geht niehr und
inchr lediglich von ciner, den Adel der Geburt und
des Gcistcs zurückdrängcnden plutokratic aus, dcr
naturgcinätz inncrcr 2ldcl fchlt und die dafür an cin
intcrnationales Zdol von „Leinheit", „Lhio" und
„Alodcrnität" glaubt, uin wenigstens cine Bildungs-
krustc anzusctzen, da ihr das Studiuin des welt-
regierenden Rurszettels keine Zcit übrig lätzt, das
Znnere zu bilden.

Unter dcn jctzigcn sozialcn verhältnisscn inutz
das Uunstgcwerbe cine Trcibhausblüte sein, dic nicht
aus dein gesunden Boden eines starken volkstuins
eniporwächst, sondern die für die Utodelaune ciner
nervös verbrauchten und daher jeder stillen, echten
Ikunstübnng verschlossencn öchicht der inodcrnen Ge-
sellschaft in dein Treibbcete internationaler Ltil- und
Formenklitterung gezüchtet ist.

Utit der ^eststellung dieser Thatsache, die cin-
sichtige Runstgcwerbsnieister sclbst nicht mehr abzu-

leugnen versuchen werden, ist zugleich gesagt, dast
eine Gesundung der kunstgewcrblichen Lntwickelung
an khaupt und Gliedern nur init derjenigen unserer
sozialen Verhältnisse zu erwarten ist. Lrst wenn
Nnnstgewerbsgegenstände nicht inehr Lurusbedürfnisse
sind, erst wenn sich ein gesunder Attttelstand wieder
den Lurns künstlerischcr Bed ürfnisse gestatten kann,
wird das Kunstgewerbc wicder eine Ltelle in unserein
Volksleben einnehinen und dadurch cine Blüte er-
rcichen, wie sie das XV. und XVI. Zahrhundert her-
vorgebracht hat.

^lber bis wir den bsciland erleben, der uns aus
unseren vcrworren und brüchig gewordencn sozialen
vcrhältnisscn erlöst, können wir nninöglich die bsände
in den Lchotz legen. Mir müssen zu retten suchen,
was zu retten ist. Dies kann geschehen, indein wir
einerseits init allen Nräften den Anschluß an das
Lsandwerk und die Volkskunstübung anstreben, anderer-
seits aber neue, kunstverständigere Abnehiner für edles
Lurusgerät suchen.

Bci lehtercin abcr kann nur der Ltaat in Lrage
koininen. Datz die Ranffähigkcit in privaten Arcisen
sich iminer mehr nach jener Leite ncigt, dic den Kitzcl,
das Absonderliche, Ferenhafte, Protzige, Allerwelts-
närrische braucht, habe ich angedeutet.

Der Ltaat allcin ist iinstande — wenige echte
Mäzcne, etwa voin Lchlage dcs Grafcn Lchack aus-
genoininen, deren Raufkraft aber den Bestand eines
soliden Annstgewerbcs nicht zu sichern verniag — bei
seinen öffentlichen Bauten als ein wirkliche Kunst
pflegender IVohlhabender aufzutreten; und da die
Rückwirkungen eines wahrhaft blühenden Runst-
gewcrbes auf das gesaintc bsandwcrk von sehr be-
trächtlicher national ö k o n o in i sch e r Bcdcutung sind,
wäre er von rechtswegen hierzu sogar verpflichtet!
Wir wissen, daß der Ltaat — wenigstens bei uns,
andcrs, .leidcr, in Frankrcich! — diese Aufgabe noch
keineswegs anerkennt. Die ungemein tiefe IVcisheit

- iZi —
 
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