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Halbmonskliche ^undschau,

uuler Wilwil-Kung des Vegrüuders Mvdinuud Wveuurius hevmisgegedeu vvu

Pkiul Zchumsnn.

2. Mpxil-Hcft j89Z.

5. ^shngariN, Hcfl i4.

Lrschcint Anfang unö
Ulitte jedes Menats. j

Vcffellgeld: h (l), 60 vieniieljährl.

Anzeigeni

-10 Pf. f. d. Hgesp. fdetitzeile.

Volllülvmrst, Kmssiech und Hausilrbustrie.

ui.

0» den ersten beiden dlussätzcn, die wir unter
diesein Litel verösfentlicht baben, baben wir unsere
treser bekannt gcinacht init Alois 2licgls Ansichten
über die Aussichten sencr Vestrebungen, welche die
alte volks- oder bsausfleißkunst künstlich ani Leben
erhaltcn wolleu. !Vir kündigten ani chäflusse des
2. Aussatzes an, daß wir unsern eigenen chtandpnnkt
gegenüber der Volkskunst erneut darlegen wollten.
Dies erscheint uni so inebr geboten, als das Lintreten
für eine Volkskunst der Isanptgrundsatz unserer Zeit-
schrist gcwcscn ist und bleiben soll.

bvas ist dcnn nun eigentlich Volkskunst? Von
vornbercin wird inan dabei zweierlei zu unterscheidcn
haben: die Runst, die das volk selbst ausübt und die
Aunst, die sür das volk schafft. Iin ersten Sinne ist
das volk schaffend ain IVerke, iin zweiten tritt es
genietzend an sie heran. Die Grenze verwischt sich
zuweilen: dic Vestrebungen uin ein Volksschauspiel
(Luthersestspiel, Gustav dldols-Lestspiel usw.) zeigen das
volk zugleich als arbeitend nnd genießend iin Vereiche
dcr Runst.

Anch dic Dhätigkeit derer, die sich anregend uin
eine volkskunst beinühen, ist verschicden, je nachdeni
sie sich nach dcr einen oder dcr anderen Vichtung
erstreckt. dlus der einen Scite gilt es, nur die Runst
deni volke zu erschließen, zugänglich zu inachcn:
wir haben da die Bemühungen, die Runstsainmlungen
des Abends und des chonntags offen zu halten, da-
mit der tagsüber Beschäftjgte Zeit gewinnt, sie zu be-
suchen; wir haben die Bcmühungen, Schauspielaus-
führungen und Ronzerte zu billigem jA'eise zu veran-
stalten, wir haben weiter dic Bcmühungen, eine
Rnnst zu schaffen, die den Anschauungen des
Volkes eutspricht, die auch das Geringfügigste künst-
lerisch gestaltet und über die bloßc gemeine Befriedi-
gung des Bedürfnisses hinausgeht; dabei handelt es sich
namentlich um k u n st g e w e r b l i ch e Bestrebungen.
Die bserren, die in dieser Richtung wirken wollen,

habeu sowohl die Rünstler und die lhandwerker zu
beeinflussen, welche erfinden und ausführen, sie haben
aber auch, was ebensoschwer ist, den Runstsinn zu er-
ziehen und zu lenken, damit das volk sich nach Runst
sehne und sic würdige. Schon hier wird ersichtlich,
daß künstlerische und wirtschaftliche verhältnisse in
einander übergehen, einander berühren und bekämpfen.

Noch mehr ist das bei der andern Art der
volkskun st der Fall , bei der das Volk als
schaffend erscheint, bei den Runstwerken, die das
volk selbst erzeugt.

Die Thätigkeit der Volksknnstfr eun de wird sich
hier wie gesagt, anders gestalten; hier gälte cs we-
sentlich zu erhalten, was vorhanden ist, zu fördern,
in die rcchten Bahnen zu leiten.

Zst diese Lhätigkeit des Lrhaltens der alten
volkskunst aussichtsreich oder ist sie eine reine Lin-
bildung, die keinen Lrfolg verspricht? Alois Riegl
verneint sie, wie wir gesehen haben, so gut wie gänz-
lich. Lr ist der Ansicht, die Bemühungen, die alte
überlieferte volkskunst zu pflegen und zu erhalten,
seien im Gegenteil geeignet, sie vollends tot zu machen.
Diese volkskunst ist museumsreif; sie ist Gegenstand
der vercinsbildung; Gegenstand der wissenschaftlichen
Forschung. dllles das sind Zeichen, daß sie nicht
mehr das volle Lcben besitzt, und daß ihr Dasein
bedroht ist. Line Sache, die von sclbst lebt, braucht
keine färdernden vereine wie z. B. die volkstrachten-
vereine in Süddeutschland; das Lebendige braucht
nicht in AI usee n bewahrt zu werden, Senn es be-
wahrt sich selhff, und die wissenschaftliche Forschung,
besonders soweit sie sammclnd auftritt, beschäftigt sich
bekanntlich auch meist mit toten und abgestorbcnen
Dingen.

Ls ist dics die historische volkskunst, die natio-
nale Lsansfleißkunst^ die seit altersher in den heimischen
Lrzeugnissen und Lechniken wurzelt, die bodenständiae
Runst iin Gegensatze zur i n t e r n a t i o n a l e n Runst.
So sehr wir nnr wünschen, daß diese volkskünste
 
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