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niid dritten ülufzuges weiße Morgentoilcttc mit lilagetönteni
Unihang, später gelbes Gesellschaftskleid nnd spitzenbesetzto
Robc. Alle, nüt Ausnabnic des biedercn Wachtnieisters, haben
das lhaar gepndert, nur dic bejabrten jdersonen, Gras Bruch-
sall niid der lvirt, halten an der znr Zeit der Auffübrunz des
Stückes schon nmnodernen Allonperrücke fest.

Und nun zu den Darstellnngen selbst. An der Untertasse
stndet nian die ziveite 5cenc, wie der Wirt init „veritablein
Danziger" den Zorn Iusts zu beschwichtigen sucht, während an
der Gbertasse Major von Tellheim der „Danie in Traner",

der Gattin seines verstorbenen Rittineisters, ini Gespräch gcgen-
über sitzt. Am Alilchkännchcn ist einerseits der N)irt dargestcllt,
wic cr das Fräulein ersucht, den bei ihni versetzten Ring Tell-
heims zu schätzen, andererseits Alinna allein — die Zofo horcht
hinter einein vorhang — glückselig, die 5pur des Geliebtcn
gesunden zu haben. Am Deckel der Znckerdose crblickcn wir
den letzten 2lustritt des crsten Aktesi Tellheim bei Aiinna;
jener, eingedenk seiner verzweifelten Lage und im Gefühl, der
Geliebten nnwert zn sein, hält den lhut vors Gesicht, diese
reicht ihm die käand: „Dcine kiand, licber Bettler!" An dcr

Dose selbst sieht man dcn treuen Werner, der dem Diajor Geld
bringt. Gegenüber ist Franziska hinzngetreten; alle zehn Finger
in die bjöhe haltcnd, plandert sie schalkhaft aus : „Alle Iwanzig,
kjerr Werncr!" Wohl am seinsten ausgeführt ist die eine der
bciden 5cenen an der Theebnchse: kiiaoaut äe la Lkarlinidre
iiinimt mit nnnachahmlicher Grazie vom Fränlein zmanzig
Pistolon fürs „jeu" entgegen. Inzwischen ist die Aabinets-
ordrc dcs großen Friedrich cingetroffen. Tellheim sieht in
frendiger Lrwartung wie Aiinna das Schriststnck liest, das ihm
seine Lhre wieder giebt, nnd von dem er hofft, daß os den
widerstand, den Akinna nnn ihrerseits ihm scheinbar entgegen-
setzt, besiegen wird. Aber die trennende Lchranke scheint sich
immer höher zu türmen, Tellhcim wird bittcr, zornig, wendet
sich weg nnd nagt vor Wnt an den Fingern, eine 2cene, die
man am Theetops dargestellt findet. Gegenüber ist schon die
Wendnng znm befricdigenden Zchlnß eingetreten. Die gegen-
seitige Cjnälerei hat ein Lnde und Niinna nnd Tellheim liegen
sich in don Armen. Der Anftritt endlich, in dem Gras Bruchsall
den Lierzensbund besiegclt und anch dio letzten kvolken ver-
scheucht, ist in größerem Maßstab an der Arodenzplatte gemalt.
Acin Stück des schönen Gcschirrs hat auch nur den geringsten
Schaden gelitten. Lolbst der kleine porzellanene Theelöffel ist
wohlerhalten. An seinem Stil ist die kecke Franziska in kurzem,
rotem Klcid, kleincr Schürze und Spitzenhänbchen gemalt.

Die Bilder zn Lessings „Akinna von Barnhelm" sind nicht
die einzigen Radiernngen Lhodowieckis, die als vorlagen für
Porzellanmalereien gcdient haben. Tin in privatbcsitz befind-
liches Frühstncksgeschirr aus kjöchster Porzcllan ist mit Akalereien
geziert, die nach Thodowicckischen Radiernngen Scenen aus
dcm mit großem Beisall in Frankfnrt a. M. aufgeführten
„Deserteur" von Sedaine wiedergcbcn (s. T. Zais, Die Kur-
mainzische jdorzellan-kNanufaktur zu lsiöchst S. und
von eincr Aufzählnng weiterer Beispielo, die doch sehr Incken-
hast aussallen würde, müsscn wir hier absehen. Am in größerem
Znsammenhaiig sestzustellen, welcho Zeitereigisisse, politischer nnd
litterarischer Ratur, die keramischen Kiinstler in dcn Kreis ihrer
Darstellungen gczogcn haben, wird es vorerst einer umfassenden
Sammlnng der cinschlägigen Belegstncke bedürfen. An diese
Aufgabe ist noch keiner herangetreten, obwohl ihre Lösung
sichcrlich cinen nicht unwichtigen Bcitrag zur Uulturgeschichtc
des >8. Iahrhunderts ergeben würde.

Ljambnrg. r i e d r i ch D c n c k e n.

A. Krinclun.urn über üie Aulüion Spitzer.

In dem socbon erschienenen Iahrcsbericht des INnseums
sür Runst und Gewerbc in Ljamburg siir findet sich

von der kjand Instus Lrinckmanns cine Schildcrung dcr
Auktion Spitzcr. Damit hat die bcdentcndste nnd größte
Sammlung, die je untcr den Bammer gekommen ist, ihren
bernfencn Beurteiler gesnnden, was bei der Bcdcutnng der
Auktion siir Gegcnwart wie Iukunst des Kunsthandels von
großer Michtigkeit ist. jdreise, die sich dort gebildet habcn,
wcrden sür lange Aeit als Nlaßstab zur Abschätznng alter
Kunstsachcn dienen; das Minderwertige und Falschc abcr, das
sich auch hier sand, dnrste durch seine Zugchörigkeit zu der
crlcsenen sammlung und seinc Ausnahme in den großartigen
Katalog nicht Rrlpriingsbeglaubignng und Büracrrccht ans
dem Kunstmarkte gewinncn, wie das bisher so ost der Fall
gewescn ist. Ls war also nötig, über die Sammlung und
versteigcrnng die Ivahrheit zn sagcn und das ist nnn in so

seiner kveise gcschehen, daß anch da, wo über die Kenner-
schast des Lesitzers nnd seincr gelehrten Mitarbeiter an dem
großen Katalog durch Darstellung des verlaufs dor versteiger-
ung Gericht gehaltcn wird, sich niemand vcrletzt sühlen kann.

Dic 24 Gnartseiten nmsassendc Arbcit gibt keine Bespre-
chung der Auktion, sondern nach dcr Ivcisc ihres verfassers
Urteile nnd Folgerungen. kvir ersehen, welche Abteilungen
qut, welche schwächer warcn; für welchc Gegenstände die
Prcise gestiegcn, sür wolche sie gesallcn sind und aus welchen
Arsachon das gcschehcn ist. Die jdreisergebnisse sind durch dic
trcfflichc, beim vambiuger Museum angcwandte INethodc, aus
grnnd eincr richtigen Gruppiernng Dnrchschnittspreise zn
bilden, vorgcführt, wobei jedoch stcts im Ange behaltcn ist,
einzelne hervorragendc, gewissermaßen Kors liAns stehcndc
Kunstivcrkc heranszuhebcn. Auch die Betciligung der einzelnen
Mnsecn nnd Länder ist sestgestellt und bercchnct - alles

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