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ncller Studienköpfc cutgegen — sic liaben cillc clwas Nküdcs
cincr gähnt sagar, — bald ncckt uns cinc nicplsistaphclische
oder uärrischc bNaskc. ?elbst cinige der Aartons, auf deuen
dic Bücherzeichcn aufliegen, sind mit einem grausen Gowimniel
von Ztudicnköpfen jeglichcn Alters und Gcschlechts angesiillt.
tvir fülsien uns fremd in diescr Gesellschaft — und doch
wicdcr sonderbar hcimisch. Ls sind keine Typen voin Berliner
odcr Nkünchener Nkodellmarkt, übcrchaupt kcine von dein
Mcnschcnmarkt dcs l9> Iahrchuiidcrts. Nach dcm Znschnitt der
Gcsichter denkt maii cher an Lsaus 5achs, Beckmcsser uud Ge-
nosscn oder an Rcuchlin, Erasmus, Agricola und wio dic gc-
lehrten Lsiiuianisten alle Isießen, oder au den biedcren bNichacl
wolsigemnt uud andere ziinftige Meister ans Niirnborgs Glanz-
zeit. Und nun wissen wir auch, warum diese mageren, alt-
sräukischen bserren iu Barett odcr Pelzmütze uus wiedernm so
bckauut vorkoininen. Ls sind die Gcsichter, die Dürcr und seine
Zeitgenossen und Nachfolgcr in Rupserstichen und bsolzschnitten
geschaffcn, die lsier noch cininal vor nns Revue passiereu.

Fast auf jedem Blatt finden sich Überlebsel aus dcr alt-
deutschcn Uunst. An dic landschaftlichcn lsintergründe mit
Burgen und Städten bei Albrccht Altdorffer erinnern Büchcr-
zeichcn, die nuter sliegeudcm Baude mit dom Besitzervcrinerk
ciue kleinc romantische Landschaft (wohl die kseimat des Bücher-
bcsitzers?) cutkaiten. Und wo Architekturteilc oder Bibliotheks-
möbel dckorativ vcrwendet wordcu, kauii mau sichcr sein, daß
sic iu gotischcm Stil konstruicrt sind. Dafür verschont uns aber
der Lünstlcr mit dcr traditiouellcn ncucrdings auch gcrade
qenug vcrarbeitcteu Mrnainentik der Gotik uud dcr Rcuaissance.

I Nur ein Ziermotiv alter Lirust licbt or sehri. das fliegendc
Baud. Ls erschcint gebrochcn und an den Liiden wic in der
! UUtte geschlitzt und dient bald zur Aufnahme von Inschriften
bald als Vriiaincnt. Zu letztercr vcrwendung zerschuoidet
Sattler die Papicrstreifen in kleiuc Schiiitzel, die sich als srci-
bcwegtcs ranmsiillcndcs Ulotiv trefflich eigncn — zumal sür
Büchcrzcichcn. Uut dem Papicr wciß cc aber noch mehr an-
zusangcu. Liu rcizendcs Bücherzeichcn zeigt eineu lesenden
Lngclsbubcn in eincr Umrahmung, an der riugsum zerrisscnes
Papier in malerisch flattcriiden Fctzen uud Streisen hängt.
i Ulan mus; wolsi annchmen, daß dcr Lleinc ciuon traltomortalc
durch deu papicrumspaiiiiten viereckigeu Rahmcii hat riskieron
müsscn, bcvor cr zum Gcuuß rulsigcr Lektüre gelangto.

Ivic sinnreich Sattler sciuc Ulotivc mit Bczug aus dou
wirkungskrcis dcr Bcsrcllcr zu crfindcu weiß, davon noch ein
paar Bcispicle. Für cincn Arzt zeichnet cr deu unvermcidlichcn
Totcnschädcl nebst ciuigcn Schwcinsledersolianton, in dcneu
dic Rezepto dcs Isippokratcs und Galcn schlummern mögen,
ciucni anderu Uledizincr lcgte er dcu Schädel zwischcu dic
Blättcr cincs ausgeschlagencii Buches. Das Zeicheu eiues
lllpothekers enthält lsinter eincr vcrtretcriu der pharmazeutischcn
wissenschaft zwischcu gotischcn Türmchen cin niedrigcs Gc-
wölbe, das mit Rctortcn, Ticgeln und altcn Büchern vollge-
sropft ist. Linem voctor siirls hat dcr Lünstler cin Stilllebeu
ausgebaut aus ciucr siegelbcschwerton Urkundc, ciiicm riesigcu
Tiiiteiisaß ncbst Gäiiscsedcr, Schwcrt, wage, lowic divcrsen
Todices. Schr lustig ist eudlich das sarbig gcdruckte Büchcr-
zeichcn, das dcu Bcsitzervermcrk „Tludreas Rau" trägt. Das
Bild zcigt cinc klciuc bsiitte mit grünlichcm Dach, aus dcncii
First cinc glotzcuöc Lulc sitzt -- so schciut es; bci uähcrcm
lsinschcn vcrwaudelt sich abcr das lsiius in zwei derbc, »ictall-
beschlagcuc Foliantcu, deren eiuer aus dcr hoheu Rantc jteht,
während dcr zweito, das Dach, aus dcm Athencs vogel sitzt,
darübcr gcstülpt ist.

wir müßtcu lange sortsahreu in der Aufzälsiung von
Beispielen, um einen Bcgriff zu gcbcu von dcr Ulannigsaltig-

keit der vorwürfc und vou ihrcn bezichungsvollcn Darstcll-
uugen. Auch in dieser lsiusicht siud Sattlers Bücherzeichcu
vorbildlich — wic das gefährlichc Schlagwort lautet. Iu ihrem
Archaismus siud sie freilich alles andere als vorbildlich. Zudes
ist wohl keiuc crnste Gefahr vorhandeu, daß dcr letzte Nach-
zügler der Archaisten noch Nachfolger finden wird. was
Sattler selbst betrifft, so hoffen wir, ist das Spiel, das cr mit
dcn Formen der alten Lunst trcibt, nur cin Stadium in seiuer
küiistlcrischen Lntwicklurrg. Scinc starkc Iudividualität wird sich
auf dic Dauer iu der vermummung uicht gcsalleu, sonderu sich
zu vollcr Frciheit und Selbstäudigkeit durchringen. F. Deucken.

Der letzte Direktor Ser rvicner zpsrzcllanfabrik
Aus wien berichtet das Lrtrablatt vom so. März: Gestern
starb Alerander Löwe, der Lctztc eincr der berühintesteu
Uüustlerfamilicu wicns. Lr war der Sohn dcr berühmten
Iulie Löwe, dcr ausgezeichncten Schauspielcrin unserer Burg,
gestorben am tl- September ein Neffe dcs großen Lud-

wig Löwe und ein Gnkel von Sophic Löwe, der crstcn
Säugcriu Dcutschlands uud Italicus, die sxäter die Frau dcs
^ürston Fricdrich Liechteiistcin wurdc. Fedor Löwe, der
württcmbergische posschausxioler, war sein vetter. Alerauder
Löwe war am 2-^. Dezembcr l808 in St. Petersburg geboren
und widmete sich der Moiitaiimisseuschast. Nachdem er dic
Bcrgakademie iu Lhcmnitz durchgomacht hatte, wnrdc er
praktikaut beiin Münzamtc, ging nach Berliu, um sich dort
auszubildeu, uud nachdem er sich später in Lrain bei der
Zinnobergowiniiung hervorgcthan hatte, wurdc er zum Ge-
ueral-Laiides- uud bsiiuptmüuzprobicrer eruannt. Zn diescr
seiner Stcllung leistete er lhervorragendcs, uud uachdem cr in
Lremuitz cinen schr bedcutendeu Bau ausaefiihrt und einige
Zeit in Paris geweilt hatte, wurde er lS-ll als Bcricht-
erstatter nach London zur weltausstelluug gescudet. Im
Iahre löss, nach dcm Tode des Barons Lcithner, wurde
Alerander Löwe zum Dircktor dcr k. k. Porzellaufabrik cr-
nauut und untcr ihm hob sich dic Lrzeuguug in künstlerischer
Bezichuug bedeuteud. Die bcriihmtcsteu Stücke Alt-Wicuer
Porzcllan mit dcm Bienenkorb als Marke gingen unter sciuer
Amtsführuug hervor. Doch iu materieller Beziehung war es
nicht möglich, dic Privatkonkurrcnz zu bcsteheu, und Löwe
machte schwero Aämpfe in sciuer Stelluug durch. Znm letzten
male waren die Lrzeuguisse der k. k. Porzcllanfabrik in wien
in der weltausstclluug iu Londou im Iuhrc l«S2 zu sehcn.
Iu demsclben Zahrc wurde die Porzellaufabrik anfgelöst und
Löwe trat in Pension. Lr lcbte seithcr still und zuriickgezogcn
in der Porzellaugasio, au der Stättc seines ehemaligcn lvirkeus
und hier ist cr auch vergcssen uud verscholleu gestorben, der
letzte Dircktor der wicner porzellanfabrik.

Annstgerverbeverein in München-Gladbach. Lnde
Alärz ist hierselbst ein v e r c i n zur F ö r d e r u u g dcs
Aunsth a ndwerks für Stadt uud Areis Gladbäch ge-
grüudet worden. Der neuo verein erstreckt sich übcr die Städtc
Gladbach, Rheydt und vicrscu, und dem vorstaude der hiesiaen
Grtsgrupxe gehöreu dic aiigesehensten Leutc der Stadt 'an.
Ziim vorsitzenden wurde Asscssor Simous, zum Schristsübrcr
Profcssor vr. Mcyer und zum Gcldwart der Uausinanu Mar
Uönigs gewählt. Der vereiu hat deu Zweck, durch Samm-
lungcu von Modcllen, Zeichnungen usw., durch vorträge sowic
durch rlusstellungen uud vcrlosungcn das verständuis sür
das Kuilsthandwcrk zu förderu und deu Absatz vou Lrzeug-
iiisicn dcssclbon zu vergrößcrn. Bis jetzt siud nur uuter der
pand Mitgliedcr gcworbcn wordcu, jcdoch bcläust sich die
Zalsi der Mitglieder bereits aus öZo. Zn dcr crsten vcrsamm-
lnng waren zalsireiche bsandiverkcr zugeacn, wclchc die Bil-
duug des vcrcins mit Frcudcn begrüßteu.
 
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