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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0086
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KLEINE MITTEILUNGEN

nicht in den Haushaltsplan des preussischen Staates einge-
stellt werden konnten. — Am Sonnabend, den 12. November,
feierte der Verein sein 21. Stiftungsfest durch ein gemein-
sames Abendessen mit - nachfolgendem Tanz in den Fest-
räumen des Künstlerhauses. fi.

BRESLAU. Kunstgewerbeverein. Im Laufe der Sommer-
monate des vorigen Jahres fand eine
Ausstellung von Handzeichnungen,
Skizzen und Entwürfen für Kunstgewerbe
statt. Trotzdem der Verein eine rege Agi-
tation für die Beschickung entfaltete, in der
Provinz und in Breslau wurden an 1000 Ein-
ladungen verschickt, waren nur 24 Aus-
steller auf dem Plan erschienen, von denen
noch mehrere Dilettanten abgewiesen wur-
den. Es waren aber unter den wenigen
doch eine Reihe von hervorragenden Ar-
beiten eingelaufen, so dass man einen ein
germassen lohnenden Einblick in die zeich-
nerische Thätigkeit auf kunstgewerblichem
Gebiet in Schlesien gewinnen konnte. —
Der Verein hat ein kunstgewerbliches
Lesezimmer ecndtitt, in welchem jeder-
mann Gelegenheit gegeben ist, die
technischen und Fachzeitschriften je-
der kunstgewerblichen Thätigkeit in
Ruhe einzusehen und zu studieren.
Es sind zu diesem Zwecke eine grosse
Anzahl periodischer Fachzeitschriften
angeschafft worden und liegen diese
an den Vereinsabenden zur Benutzung
aus. — Vor einem überaus zahlreichen
Auditorium sprach am 8. d. M. Herr
Dr. Jessen vom König/. Kunstgewerbe-
museum in Berlin über „Ziele, Wege
und Grenzen der neuen Bewegung im
Kunstgewerbe". Er that dar, wie wir
in unserer gesamten Kunstentwicklung

an einem Wendepunkt angelangt sind. Die heutige Zeit mit
ihren völlig veränderten Anschauungen verlange auch nach
einem völlig neuen, selbständigen Ausdruck, welcher aus der
Tiefe des modernen Gedankens und aus der ewig frischen
Betrachtung der Natur heraus zu gewinnen sei. Dr. Jessen
steht keineswegs auf einem ultramodernen Standpunkt, und
verkennt nicht dieungesunden Überschweng-
lichkeiten, welche die gegenwärtige Be-
wegung — wie fast jede sich vollziehende
Umwälzung — naturgemäss mit sich führt.
Aber er ist der Meinung, dass das Neue
sich aus dem Begriff des Kunstgewerbes,
d.h. aus seinem praktischen Gebrauchszweck
heraus ergeben und dass, ebenso wie der
Begriff, auch das Material und die Technik,
in welcher es verarbeitet werde, mitsprechen
müsse. Entstünden neue Grundformen, so
müsse man sich auch nach neuen Natur-
formen zum Schmuck derselben umsehen,
man müsse einen frischen Naturalismus für
das moderne Ornament finden. Dies de-
monstrierte er in ebenso treffender als
anziehender Weise an einer Reihe von
Beispielen, wie an der Innen- und
Aussendekoration, am Plakat, an der
Architektur, an den Möbeln, am Ge-
samtgebiet des Hausgerätes im allge-
meinen u. s. w. Scharf wandte er sich
gegen die gedanken- und kritiklose,
lediglich die äussere Form in Betracht
ziehende Nachahmung, welche aus-
schliesslich auf Surrogatproduktion und
Schleuderpreise hinarbeite. Übrigens
könne man von unechtem Material
gar nicht einmal sprechen, jedes Ma-
terial sei echt, es komme nur darauf
an, zu welchem Zweck und unter wel-
chen Umständen es verarbeitet werde.
Auch Gips, ja selbst Celluloid sei

Schmuckgegenstände, entworfen von Herm. R. C. Hirzel, ausgeführt von Hofjuwelier Louis Werner, Berlin. (Gesetzlich geschützt.)
 
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