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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0027

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7. Kongreß deutscher Kunstgewerbetreibender und Handwerker
statt. Die Verhandlungen, denen mehrere Vertreter staat-
licher und städtischer Behörden, der Handwerkskammer
und verschiedener Interessenverbände beiwohnten, wurden
von dem Verbandsvorsitzenden Friedrichsen-Berlin geleitet.
Nach kurzer Begrüßung des ungefähr hundert Delegierte
zählenden Kongresses und Erstattung eines Berichts über
die Vorgänge seit dem letzten Stuttgarter Kongreß referierte
der Verbandsschriftführer Theodor Paeth- Berlin über die
»Offiziellen Vertreter des Handwerks«, wobei er namentlich
hervorhob, daß im Gegensätze zu anderen Berufsständen
die Interessen des Handwerks allgemein noch nicht mit
dem nötigen Nachdruck und der entsprechenden Sachkunde
wahrgenommen würden, wie es unbedingt zu verlangen
sei. Weder in den rein nach parteipolitischen Gesichts-
punkten zusammengesetzten Parlamenten noch in den
maßgebenden Regierungsbehörden, wie dem preußischen
Landesgewerbeamt seien Handwerk und Kunstgewerbe
durch Berufsgenossen in erforderlicher Stärke vertreten.
Auch in der jetzigen Form des öffentlichen Submissions-
wesens, bei der das Handwerk ganz ohne Einfluß auf die
Preisgestaltung sei, liege eine schwere Schädigung hand-
werklicher und kunstgewerblicher Interessen. Unbedingt
erforderlich sei schließlich die Gleichstellung der Handwerks-
kammern mit den Handelskammern und die Schaffung von
Ministerialabteilungen für das Handwerk in allen Bundes-
staaten. Nach längerer Debatte wurde eine Resolution ange-
nommen, die die Berücksichtigung der vorgetragenen Hand-
werkerwünsche im Falle der Neuregelung der Reichsge-
werbeordnung verlangte. Der zweite Redner, Paul Jucker-
Erfurt, behandelte die »Unsitten beim Kauf und Verkauf
im Kunstgewerbe«. In seinen Ausführungen wandte er
sich gegen gewisse Unlauterkeiten, wie sie in den das
vollste Vertrauen erfordernden Kunstgewerbezweigen immer
noch vorkämen, wies ferner hin auf die Schäden des Auktions-
und Ausverkaufsunwesens, die qualitätsmindernde Wirkung

des üblichen Submissionssystems, die Mängel der Aus-
schreibung im freien Wettbewerb sowie auf die verderb-
lichen Folgen des leichtsinnigen Kreditgebens, des Verkaufs
und Abrufs ohne feste Frist und der Auswahlsendungen.
Das kostenlose Anbieten von Entwürfen und Zeichnungen
müsse ausnahmslos ' unterbleiben. Darauf sprach Hof-
zeichner Kimbel-Berlin über das Thema »Antiquitäten und
Kunstgewerbe«, wobei er die Beeinflussung des Kunsthand-
werks durch den Antiquitätenhandel eingehend untersuchte,
zahlreiche künstlerische Fragen streifte und Details bei-
brachte über die »Rolle« der Museen und Architekten im
Antiquitätengeschäft.DannTolgte ein Vortrag des früheren
preußischen Landtagsabgeordneten Obermeister Rahardt-
Berlin über die »Wirkung der neuen Ministerialerlasse auf
das Submissionswesen«. Er versuchte den Nachweis, daß,
wie schon die beiden ersten Referenten dargetan, auf dem
heiklen Gebiete des Submissionswesens trotz aller Reformen
noch mancherlei störende Mißstände bestehen, die unter
Berücksichtigung der berechtigten Interessen möglichst bald
schon um des Wohles der Gesamtheit und der Volks-
wirtschaft willen zu beseitigen seien. Das letzte Referat
des Kongresses, gehalten vontRedakteur Feder-Berlin, galt
dem »Unlauteren Wettbewerb im Dekorationsgewerbe«.
Die nachteilige Wirkung dertQualitätsverschleierung, der
Scheinauktionen, des Verrats von Geschäftsgeheimnissen,
der falschen Firmierung und der unlauteren Reklame wies
der Referent an charakteristischen Beispielen nach. Zur
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verlangte er ein
strengeres Vorgehen der Staatsanwaltschaften, die durch
energische Beobachtungstätigkeit der Handwerksorganisa-
tionen ständig zu unterstützen seien. Vor allem müsse
aber gefordert werden, daß der Handwerker selbst alles
tue, um^der Unlauterkeit im Geschäftsverkehr Einhalt zu
gebieten. Sämtlichen Referaten schlossen sich Diskussionen
an, in denen die zur Rede stehenden Themen unter allen
Gesichtspunkten zur Behandlung kamen. □


Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g.m. b. h., in Leipzig
 
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