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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Ulbrich, A.: Königsberger Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0134

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F. Schrödter, Königsberg, Schmiedeeiserne Gitter

KÖNIGSBERGER KUNSTGEWERBE
VON DR. A. ULBRICH

DIE Grundsätze, die seit etwa 1900 für das
Kunstgewerbe im allgemeinen und für das
deutsche im besonderen maßgebend geworden
sind, sind schon so oft in Wort und Schrift hervor-
gehoben und verbreitet worden, daß es einer neuer-
lichen Erwähnung nicht mehr bedarf. Erwähnt werden
muß aber doch, daß diese sich auf Zweckmäßigkeit,
Materialechtheit, Bequemlichkeit und zum Teil auch
auf Schönheit erstreckenden Grundsätze sich überall
hin in mehr oder minder getreuer Weise verbreitet
und bei den einsichtsvollen Kunsthandwerkern einen
guten Boden gefunden haben. Demgemäß gibt es
auch in Königsberg trotz seiner weit nach Osten vor-
geschobenen und etwas abgeschlossenen Lage Schulen,
Kunsthandwerker und Betriebe, die in emsiger Weise
an dem Bau des neuzeitlichen Kunstgewerbes mit-
arbeiten und bestrebt sind, den zeitgemäßen künst-
lerischen Erzeugnissen Eingang zu verschaffen. Um
nun zu zeigen, was auf dem Gebiete des Kunsthand-
werkes in Preußens Krönungsstadt geleistet wird, ist
vom Kunstgewerbeverein Stoff gesammelt und zur
nachfolgenden Veröffentlichung verarbeitet worden.
Einiges muß aber doch noch vor der Besprechung
der einzelnen Gruppen vorausgeschickt werden, da
nicht allseits bei der Beurteilung nach den gleichen
Voraussetzungen verfahren wird und mancher Gegen-
stand als kunstgewerbliche Arbeit bezeichnet wird, der
überhaupt nichts mit Kunstgewerbe zu tun hat; denn
das echte Material, die konstruktiv richtige Verarbeitung
und die saubere, genaue Arbeit selbst machen noch
lange keinen kunstgewerblichen Gegenstand aus. Das
Kunstgewerbe setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
dem Handwerk und der Kunst. Dort, wo die Kunst,
das Schaffen derFormen.Verhältnisseund des Schmuckes

fehlen, dort wird niemals ein künstlerisches Erzeugnis
hervorgehen. Man kann sich über ein tadellos ge-
arbeitetes Stück freuen, den geschickten Zusammenbau
bewundern und braucht doch keinen kunstgewerb-
lichen Gegenstand vor sich zu haben. Es gibt ja
genug Schreier, die mit Schlagworten herumwerfen
und die Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit als das Erste,
Letzte und Einzige des kunstgewerblichen Schaffens
betrachten und mit ihren verkehrten Anschauungen
viel Unheil gestiftet haben und noch stiften. Mancher
von den Theoretikern würde ganz anders urteilen,
wenn er in die Werkstätten und Getriebe des Hand-
werkes einen besseren Einblick und sich selbst ge-
legentlich mit Ausführungen beschäftigt hätte. Es muß
also der Satz hochgehalten werden: Kein kunstge-
werblicher Gegenstand ohne Anteil der Kunst.
Eine Klassifizierung der kunstgewerblichen Arbeits-
gruppen nach ihrem gegenseitigen künstlerischen Werte
muß hier jedenfalls unterbleiben. Wenn wir nun
die Raumkunst voranstellen, so geschieht es deshalb,
weil ja der Raum eigentlich den Rahmen fast für das
ganze kunstgewerbliche Schaffen abgibt. Von Archi-
tekt C. Andreae rührt eine Reihe von beachtens-
werten Innenräumen her, Diele, Speisezimmer, Wohn-
zimmer und anderes, die alle den streng architektonischen
Charakter in Formen und Linienführung wahren. Er
versucht die Wände mit den Paneelen, mit den Türen,
Fenstern und Möbeln zu ruhiger, vornehm wirkender
Geschlossenheit zusammenzufassen. So bevorzugt er
die horizontale Linie, durchbricht aber die unter Um-
ständen lästige Strenge durch einen runden Eck-
schrank, ein schattenreiches Büfett, verwendet kräftig
und straff gezeichnete architektonische Formen, die er
wiederum durch Einlegearbeiten und maßstäblich gut

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