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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Pichler, Rudolf: Orientalische Teppichausstellung in Berlin
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Kračik, Hugo: Adressmappen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0077

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Borte sind die Felder mit diesem S-Motiv gefüllt, von ge-
teilten Sternen durchbrochen. Ich erwähne ferner noch
einen Kubateppich, der auf blaugrünem Grund große geo-
metrische Palmetten zeigt, die durch breite Diagonalbänder
mit seitlichen Figuren verbunden sind. In den sich bilden-
den Lücken kehrt ebenfalls ein drachenförmiges Bandmotiv
in S-Form (chinesischer Einfluß?) wieder. Besonders schön
sind Kula-Gebetteppiche, alle die Darstellungen des »Mihrab«,
des Nischenmotivs enthaltend, mit aufsteigenden, flankieren-
den und stilisierten Säulen, Blumen, herabhängender Ampel,
in den Borten schräg gestellte Vasenmotive mit stilisierten
Blumen. Ein Teil auf dunkelrot, blau, einige auf grün
und weiß, je der Farbe des Ordens der Derwische ent-
sprechend, für den sie bestimmt waren; dies erklärt auch
das Vorkommen von Koransprüchen in den Borten. Ein
kleiner Bochara-Teppich ist besonders schön in der Wieder-
gabe eines großen abgetreppten Baummotivs (Zypresse)
als Hauptornament in der Mitte, von schmalen gleichen
Motiven flankiert, mit stilisierten Vögeln in den Baum-
spitzen. Ein Kirman fällt besonders durch naturalistischen
Ausdruck der Behandlung von Blumen und Blatt auf (Nelken
in kreisförmiger Anordnung von Streublumen umgeben),
für einen Perserteppich eine seltene Erscheinung und auf
einen besonderen Einfluß zurückzuführen. Ein schönes
Exemplar eines Ladyk auf rot Fond (Nische mit flankiertem
Blumenband), mit seitlich abgesetzten, schräg projektierten
Palmetten; Borte auf creme und blau. »Kumurdju« (Fried-
Ao/teppich), dessen außergewöhlich feine Zeichnung der
Landschaft (Moschee und Zypressen) sowohl auf feine
Bindung als auf große Geschicklichkeit der Knüpferin
schließen läßt. Eine Anzahl schöner Gyordes zeigen auch
die Darstellung des Mihrab, teils abgestumpfte, teils Spitz-
giebel. Die Borte zeigt meist drei Reihen schmaler Streifen
in heller doch auch brauner Farbe; auch hier Koransprüche
angegeben. Der nach dem Verwaltungsbezirk benannte
»Sa/'uk« hält sich ebenfalls an altpersische Motive, den
ganzen Fond füllend. Ein sogen. »Siebenbürgerteppich«
kleinasiatischen Ursprungs, auf rotem Grund, mit blauen,
geteilten Eckstücken und innerem oblongem Mittelfeld, die
Bordüre in länglichen Feldern, mit kleinen achteckigen
Sternen abwechselnd und Palmettformen gefüllt. Ein aus
der Ortschaft Heris stammender Teppich, der eine bessere
Sorte des Yoraghan darstellt, ist zu erwähnen. Ein in alten
Gemälden bereits auftretender Teppich (Lessing, orientalische
Teppiche) von dem Bode sagt: »daß bei diesem Teppich
ein erstarrtes Rankenwerk mit der als Granate bezeichneten
Blume und der ,Arabeske* zugrunde liegt«, ist in einem
Urak vertreten.
Der große Saal der Ausstellung birgt eine Fülle von
Teppichen aller Größen, die namentlich aufzuführen nicht
möglich ist; es können nur einige davon zur Besprechung
kommen.

Zuerst ein Nomadenteppich, hier als »Bachtiar« be-
zeichnet, dessen selten schöne Flächenfüllungen auf quadra-
tischer Grundlage in den einzelnen Feldern florale Dar-
stellungen (Granatapfelblüten, Lebensbaum) aufweisen. Die
Wiederholung der einzelnen Felder wird sinnreich durch
Farbenwechsel variiert und so ein abwechslungsreicher
Eindruck gegeben. Von Täbristeppichen sind eine große
Anzahl vorhanden, teils von außergewöhnlicher Größe und
Schönheit. Sie zeigen im Mittelfeld den großen schön-
gezeichneten Stern, von dessen Spitzen oder aus dessen
Mitte sich fein gegliederte Ranken entwickeln, meist vege-
tabile Motive tragend. Im Zusammenhang mit dem mitt-
leren Stern stehen die Eckfiguren in Viertelstellungen im
Fond; teils auf rotem Grund, teils in hellen Farben ge-
halten. Bordüren auf dunkelblau und rot, Musterungen
und Bindung stehen den alten Erzeugnissen nicht nach. Es
ist ferner hinzuweisen auf einen Seiden-Täbris von be-
sonderer Leuchtkraft der Farben. Ein mit figürlichen Dar-
stellungen ausgestellter Kirman verdient Beachtung. Es
handelt sich um die Darstellung einer zeremoniellen Hand-
lung eines Schah Nasr, der von Großen seines Hofes und
Dienerinnen umgeben ist. In der Borte Jagddarstellungen,
gepanzerte Reiter mit Partisanen auf Löwen, Ebern und
Gazellen jagend. Ein hervorragendes Stück dieser Ab-
teilung ist ein Keschan, sowohl durch Knüpfung, wie auch
feinste Zeichnung der floralen Motive (Lebensbaum, Granat-
apfel). Das bezüglich Bindung (»Serabend«) feinste Stück
der Ausstellung ist ein Kirman, der den altbewährten Ruf
erneuert, aus der Stadt zu stammen, die einst Mittelpunkt
des Reichtums und des Luxus gewesen ist. Die Qualität
der hier verarbeiteten Wolle rührt von einer weißen Ziegen-
art her, und findet nur Verwendung zu feinsten Schals,
seltener auch zu Teppichen. Es verdienen noch besondere
Erwähnung gute Schirwan, Kasak, Sumakh,sehr gut erhaltene
Iijila, ein prächtiger großer Bochara, desgleichen ein sehr
großer Musol in strenger Zeichnung und starken Farben.
Mehrere sehr schöne Serabend, mit dem sich in verschiede-
nen Zeichnungen ausdrückenden Muster des »Miri«. Die
vielen und schönen Stücke noch weiter aufzuführen, die
die Ausstellung noch birgt, wäre eine zu umfangreiche Ar-
beit. Nicht soll vergessen werden, die im Mittelraum aus-
gestellten Kisilayak zu erwähnen, die in feinster Wolle
geknüpft sind und Seidencharakter haben. Über diesen
einige Seidenkeschan hängend in schönsten Exemplaren;
ferner noch Erzeugnisse von Sile, Kadchkai (Teppiche und
Taschen), Kaschan, Schirwan, Kasak und andere mehr.
Alle diejenigen aber, die an einer Veredelung und Be-
reicherung ihrer Wohnräume ein lebhaftes Interesse haben,
mögen durch diese Besprechung nochmals auf die Aus-
stellung hingewiesen werden, die in ihrer Mannigfaltigkeit
und Güte des Gebotenen bestes Zeugnis ablegt für das
große Verständnis ihrer Aussteller.

ADRESSMAPPEN

ZU DEN ARBEITEN VON HEINRICH PFANNSTIEL IN WEIMAR
VON HUGO KRACIK-FRANKFURT A. M.

ADRESSMAPPEN sind nicht allein wegen ihrer Größe,
sondern auch aus dem Grunde gute Objekte für
einen modernen Buchbindekünstler, weil für sie in
materieller Beziehung immer noch etwas »angelegt« wird.
Eine solche Lederfläche ist geradezu der Prototyp für ein
ornamental formales Ausleben des betreffenden Verfertigers.
Die Adreßmappe ist ein reines, repräsentatives Schmuck-

und Zierstück und zu gleicher Zeit ein künstlerischer Teil-
bestand des event. gleichfalls dementsprechend gehaltenen
Inhaltes (Ehrenbürgerbrief, Erinnerungsblatt, Denkadresse
usw.). Das Ganze soll in den meisten Fällen eine Ehrung
für den Empfänger bedeuten, zugleich auch ein Geschenk.
Die so geehrten Beschenkten sind — der ganzen Sachlage
entsprechend — wohl fast immer Angehörige der besseren,

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