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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Mhe, Herbert: Das moderne Porzellan der Berliner kgl. Manufaktur
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Schmidt, Paul F.: Die Neu-Einrichtung des Frankfurter Kunstgewerbe-Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0057

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Und dieMalereien? Diese'siißlichen Fruchtteller, mit Barock-
geringel? Und als eine Monumentalität des Geschmack-
losen und Schlechten jene riesenhafte Standuhr, die (man
schämt sich) auf der Chicagoer Weltausstellung war? Noch
1850 findet man zwei wundervolle Leuchter nach Schinkel
als Entwurf! Zwei Stücke, die dem Friederizianischen
Tafelaufsatz für Katharina noch ähnlich an Wirkung sein
können. Im übrigen ist noch unter Friedrich Wilhelm IV.
gutes, nettes Geschirr geschaffen worden. Freilich »könig-
liches«? Bürgerliches! Doch es ist echt in der Gesinnung
und darum gut! Gut sind unter Kips nur die Versuche
mit Metallkristallen.
Was Professor Schmuz-Baudiß nun geleistet hat, muß
man, in Erinnerung an frühere Scheußlichkeiten, mit großer
Freude anerkennen. Das Beste ist bis jetzt noch immer
Ambergs Tafelaufsatz, ein wenig matt in der Farbe, doch
lebendig modelliert. Die Leuchter sind besonders schön; sie
sind offenbar aus der Tradition Schinkel. Neben Amberg rief
Schmuz-Baudiß Hubatsch, der den etwas archaisierenden
Rennwagen mit Wienerischen Anklängen gemacht hat.
Neben ihm stehen Schwegerle, Puchegger und Wernekinck
als geschmackvolle Künstler. Hervorragendes ist es ja
noch nicht; — wie könnten wenige Jahre des Wirkens
von Schmuz-Baudiß das erzielen? Das Erreichte fordert
schon hohe Anerkennung!
Es ist natürlich, daß eine Klarheit der Ziele noch nicht
vorhanden ist. Man versucht; technisch die Unterglasur-
malerei; künstlerisch nach vielen Seiten. Man macht
Kopenhagener Tiere; und so ein Tieger und ein Seelöwe
sind ausgezeichnet. Man macht Biskuit-Figuren, die aber
noch nicht gut sind. Im Wienerstil sind kleine bizarre
Damen und ein ausgezeichneter Pierrot. Schwegeries
Jagd nach Amor und Schleys Flora sind weich und etwas

süßlich. Diese Standteller aber mit Stadtbildern (Türke?)
sind schlecht! Überhaupt läßt der Stil des Dekors zu
wünschen übrig; er ist kunstgewerblich; das heißt, der
einzelne Farbfleck ist nicht nuanziert, sondern in gleicher
Stärke mit scharfen Rändern aufgetragen, wie die Plakat-
malerei etwa es macht. Die ausgehängten Blumenstudien
von Fielitz, Bonnenfant, Strauß und Markowitz wirken
zeichenlehrerhaft! Die Konturen sind mit scharfem Blei
umrandet; so wirkt auch das Dekor der Vasen. Man hat
nach den Wiener-Serapis Fayencen gesehen! Der Effekt
ist mehr Geschmacksdekoration, als von künstlerischem
Wert. Er ist flächenhaft, statt malerisch zu sein. Übrigens
ist das unendlich viel besser, als naturalistisch gemalte
Fruchtstillebenteller!! Doch ich meine, man sollte auch in
der Bemalung ruhig einen zeitgemäßen Weg aus der Tra-
dition Friderizianischer Dekors suchen. Wenn Wien in
der Serapis-Fayence seine originellen Muster auch auf
Glasur überträgt, so tut es das mit der Berechtigung des,
sagen wir, Selfmademan! Die Berliner Porzellan-Manu-
faktur besitzt aber eine höchste bedeutende Tradition! Wozu
hat man sie, wenn man sie nicht, in moderner Weise
natürlich, weiterführt?! Da läge ja das Moment, das den
noch fehlenden Charakter in den neuen künstlerischen
Aufschwung unter Schmuz-Baudiß bringen würde! Und
damit hätte die Königliche Manufaktur zugleich die Mög-
lichkeit des Versuchs, uns alles Verlorene einmal wieder-
zugeben: die Kostbarkeit, die Grazie des Materials, das
heute nur noch epigonisch Nymphenburg, mit Wackerle etwa,
zu geben weiß! Wir würden wieder angezogen von der
Zartheit der Farbe, den kultivierten, entzückenden erotischen
Reiz des Biskuits. Wir würden das alles wieder genießen,
kaufen und sammeln! Uns wäre das Gefühl für die Kost-
barkeit, das Edle des Porzellans an sich wiedergegeben!

DIE NEU-EINRICHTUNG
DES FRANKFURTER KUNSTGEWERBE-MUSEUMS
VON Dr. PAUL F. SCHMIDT, OFFENBACH

DIE neuen und sachlicheren Anschauungen über
Kunstgewerbe haben auch auf unsere Museen
abgefärbt, im besonderen natürlich auf die
Kunstgewerbe-Sammlungen. Sah man früher in
einer kulturgeschichtlichen Aufmachung »im Geist der
Zeiten« das Wahre, wobei Echtes und Nachbildungen
oft ohne Skrupel zur Dekorierung im Künstlerge-
geschmack von »unsrer Väter Werk« gleich gerne
gebraucht wurden, so erkennt man heute in musealer
Sachlichkeit den springenden Punkt und sucht den
Charakter alter Kunstepochen darzustellen durch mög-
lichst klare Schaustellung ihres besten Gerätes. Da-
neben bleibt natürlich die alte und durchaus bewährte
Aufstellung nach gewissen Techniken, innerhalb deren
historische Folge entscheidet: so daß man als Grund-
sätze für die Einrichtung von Kunstgewerbemuseen
heute die Zweiteilung in die Abteilung der Techniken
und die der historischen Stile vorfindet. In die erste
gehören z. B. Gewebe, Metalle, Glas, Kunsttöpferei;
aber man wird von diesen auch zur Darstellung des
Zeitcharakters so viel in die historischen Räume herüber-
nehmen, als zur Ergänzung der Möbel, Hausgeräte usw.
gehört. Hier kommt erst alles auf Gefühl und Ge-

schmack des Leiters an, und es ist deshalb bezeich-
nend, daß hervorragende Direktoren ihren Samm-
lungen dergestalt das Gepräge ihrer Persönlichkeit
verleihen können, daß man versucht wird, die Museen
nach ihrem Namen zu benennen. □
□ Es wird wohl jedem, der einmal das kleine Kunst-
gewerbemuseum in Frankfurt a. M. gesehen hat, dies
als ein wahres Muster der neuen sachlichen Museums-
schönheit in Erinnerung geblieben sein. Das war
schon früher so; vollends aber nach der Erweiterung
von 1912 hat diese scharmante Sammlung einen so
persönlichen Reiz, einen so ehrlichen und liebens-
würdigen Charakter bekommen, daß man ihren Di-
rektor v. Trenkwald dafür einmal gern wie für ein
Geschenk persönlich danken möchte. Man fühlt sich
heimisch darin, wie unter lauter guten und wohl-
wollenden Freunden: was könnte man Besseres von
einem Museum sagen! Es versteht sich von selbst,
daß diese guten Freunde, die ausgestellten Schätze,
den Besucher auch einladen, ihre nähere Bekanntschaft
zu machen, und sie ihm so viel wie möglich er-
leichtern; kurz, der Zweck eines Museums ist hier in
vollkommener Weise erreicht, und kommen bei der

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