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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Astfalck, Konrad: Gobelins
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Weiss, Hermann: Die Mode und die Musterzeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0033

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wenn ihnen mal ein Farbton fehlte, so mußten sie
sich eben, so gut es ging, mit etwas ähnlichem be-
gnügen. Auch das verwendete Material überhaupt
gibt dem Experten ein untrügliches Zeichen dafür,
daß es sich hierbei eben um eine Vagantenarbeit
handelt. □
□ Diese Stücke, die manchmal sehr interessant in
ihren Darstellungen sind, weil sie sich meist doch mit
bestellter Arbeit befaßten, mit Wappen und Emblemen,
sind aber niedrig im Preise. □
□ Hierzu zähle ich jedoch nicht die auf den Schlössern
des späten Mittelalters angefertigten »Burg-Teppiche«,
wie ich sie genannt habe, die von den Burgfrauen
und ihren dienenden Mägden unter der fachmännischen
Anleitung eines reisenden Wirkermeisters oder -gesellen
hergestellt worden sind. a
□ Darunter gibt es ganz köstliche, wirklich hoch-
künstlerische Stücke, um die man jeden Besitzer eines
solchen nicht genug beneiden kann. □
□ Vor allem fällt ja die Entstehung dieser »Burg-
teppiche« in sehr frühe Zeiten, woraus alle übrig-
gebliebenen Denkmäler an sich schon höchst wert-
voll und selten sind. □
□ Zuletzt möchte ich noch der Klosterarbeiten und
übrigen Heimarbeiten der Wirkerkunst Erwähnung tun.
□ Aber selten mal, daß sich darunter besonders
wertvolle Stücke finden. □

□ Diese Arbeiten sind meist technisch unzulänglich,
trocken und ärmlich in der Farbe und schlecht oder
gar nicht verstanden in der Zeichnung. □
□ Um nun noch zum Schluß etwas Allgemeines im
Speziellen zu sagen, so möchte ich darauf hinweisen,
daß die Dichtigkeit der Kette immer ein Beweis für
eine gute Qualität ist. □
□ Je dichter die Kette steht, das Gerippe, um so
intimer mußte die spätere Ausführung der ganzen
Arbeit sein. □
□ Die Kette des Gobelins ist dasselbe, was der
Stramin in der Stickerei ist. o
□ Je feiner der Stramin, um so feiner die Stickerei,
um so feiner der Faden und das Muster. □
n Und nun zuguterletzt rate ich allen Besitzern von
»Gobelins«, also nicht nur von »wirklichen«, sondern
auch von »unwirklichen«, was sie haben, festzuhalten!
Wir gehen noch einer ganz gewaltigen Hausse in
Gobelins entgegen! □
a Ist es heute schon schwer, überhaupt noch zu
möglichen Preisen Gobelins am Markte aufzutreiben:
Es wird sehr bald eine Zeit kommen, wo sie noch-
mals um das Doppelte und Dreifache im Werte steigen
werden, denn: o
□ »Der alte Gobelin, auch der allerteuerste, ist
immer noch die allerbilligste Antiquität!« □
KONRAD ASTFALCK

DIE MODE UND DIE MUSTERZEICHNER
VON HERMANN WEISS

DIE interessanten Ausführungen des Herrn Dr. Elster
über »Die Bedeutung der Mode im Wirtschafts-
leben« im Augustheft des »Kunstgewerbeblattes«
veranlaßten mich, dem ebenso vielseitigen wie schwierigen
Modeproblem einmal von einem weniger allgemeineren
Standpunkte aus näherzutreten. Es ist wichtig genug, um
zu speziellen Untersuchungen in den von der Mode be-
herrschten Gebieten anzuspornen. Auch das moderne
Kunstgewerbe mit seinem intensiven Qualitätsstreben, dem
ja auch in gewissem Umfange (nach den Untersuchungen
Dr. Raueckers) eine beachtenswerte soziale Ausgleichs-
wirkung innewohnt, ist zu einem großen Teile an der
Klarstellung des Modeeinflusses auf seine künstlerischen,
wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse interessiert.
Darum empfiehlt es sich, genaue Untersuchungen über
den Einfluß der Mode sowohl auf die Qualität der Arbeit,
wie auf die Arbeits- und Existenzbedingungen der kunst-
gewerblichen Arbeiter anzustellen. □
d Es gibt im Kunstgewerbe einige Arbeitsgebiete, die
wichtige Musterbeispiele von den Wirkungen der Mode
liefern können. Eines davon ist die Musterzeichnerei für
die Textilindustrie und ihre Nebengewerbe. Die Muster-
zeichner machen zwar die »große Mode« nicht selbst,
sondern sie schaffen nur die Motive für die Bestandteile
der Frauenkleider: für die Stoffe, Spitzen, Bänder, Besätze,
Behänge u. dergl. Sie sind aber diejenigen, die die neueste
Mode immer am ehesten erstehen sehen und unterstehen

unmittelbar ihrem Einflüsse. Er ist an ihrer Arbeit und
an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen leicht zu
messen und zu analysieren. Deshalb ist eine auf eigener
Anschauung beruhende Darstellung dieses Einflusses wohl
geeignet, zu einem Teile an der Klärung des Gesamt-
problemes mit beizutragen. o
□ Die Musterzeichnerei wird teilweise als selbständiger
Gewerbebetrieb ausgeübt. Es gibt Zeichenstuben und
Fabrikateliers, in denen zwei, drei, aber auch manchmal
bis zu 50 und noch mehr Musterzeichner in arbeitsteiliger
Arbeitsgemeinschaft schaffen. Die meisten Musterzeichner
beschäftigt in Deutschland die vogtländische Spitzen-
fabrikation, es sind rund 2000. Für wollene und seidene
Kleiderstoffe, Damaste, Buntwebereien, Tücher, Shawls,
Bänder, Kravattenstoffe usw. sind zirka 700, für die ver-
schiedensten Stickereigewerbe, wie Weißstickerei, Tapisserie,
Posamentenfabrikation, Konfektionsstickerei usw. sind zirka
600, für Möbelstoffwebereien und -Druckereien, für Teppiche
u. dergl. zirka 500 und für Tapeten- und Kattundruck zirka
400 Musterzeichner tätig. Diese Ziffern sind nicht so er-
heblich, um daraus eine größere volkswirtschaftliche Be-
deutung dieses Berufsstandes herzuleiten. Da aber min-
destens 9/10 aller Muster, die auf den Markt kommen, aus
den Händen der Musterzeichner hervorgehen, üben sie
einen Einfluß aus, der weit über ihre ziffernmäßige Be-
deutung hinausragt und es angezeigt erscheinen läßt, sie
besonders zu beachten. a

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