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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0047

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andere in einem wilden Konglomerat aus Motiven des Heidel-
berger Schlosses gefunden zu haben; andere wieder haben
aufwändige Barockbauten mit Kuppeln und endlosen Balu-
straden auf das Papier gezeichnet. In der überwiegenden
Mehrzahl bewegen sich die Entwürfe in jenem internationalen
klassizierenden Stil, der sich mit Vorliebe der Säule, als
des Rüstzeugs aller akademischen Baukunst, bedient. Für
die architektonische Gestaltung der Fronten hat das neue
Petersburger Botschafterpalais von Peter Behrens ent-
scheidende Anregungen gegeben. Behrens, der Mitglied
des Preisrichterkollegiums war, wird über die zahlreichen
und oft recht sinnlosen Nachahmungen, die sein Projekt
gefunden hat, nicht wenig erstaunt gewesen sein. □
□ Die Entscheidung des Preisgerichts ist bekanntlich zu-
gunsten einer Arbeit des Berliner Architekten Bruno Möhring
gefallen. Dieses vorläufige Ergebnis der als Ideenwett-
bewerb gekennzeichneten Konkurrenz ist in keiner Weise
als ein glückliches zu bezeichnen. Denn einerseits haben
sich unter den eingesandten Entwürfen einige künstlerische
weit höher zu bewertende Arbeiten befunden; es sei nur
an die Entwürfe »Cercle« und »Repräsentation« des Archi-
tekten Paul Thiersch, an die Arbeit mit dem Kennwort
»Pylonen« von Hans Poelzig und an das schöne Projekt mit
dem Kennwort »Imperator« erinnert, dessen Verfasser, wohl
ein Architekt aus der Schule von Peter Behrens, in allzu
großer Bescheidenheit bis jetzt seinen Namen leider ver-
schwiegen hat. In diesen Arbeiten, die nicht einmal den
idealen Erfolg einer lobenden Erwähnung davongetragen
haben ist mit gutem Gelingen der Versuch gemacht
worden, in einer dem architektonischen Charakter der ameri-
kanischen Bundeshauptstadt angepaßten Stilform eine Lösung
zu geben, die mit der feierlichen Würde des monumentalen
Repräsentationsgebäudes die zwanglose Behaglichkeit des
bürgerlichen Wohnhauses verbinden möchte. Andrerseits
durfte das Preisgericht, wenn es in einer nicht anzuzwei-
felnden bona fide glaubte, dem Möhringschen Entwurf die
Palme zuerkennen zu müssen, doch keinen Zweifel darüber
aufkommen lassen, daß mit diesem unzulänglichen Ergebnis
das letzte Wort noch nicht gesprochen sein könnte, daß
der preisgekrönte Entwurf bei vorbehaltloser Anerkennung
seiner unbestreitbaren Qualitäten doch als Dokument deut-
scher Baukunst im Auslande nicht ausreiche und daß daher
zu einem zweiten Wettbewerb geschritten werden müßte.
Denn Möhrings gleichgültiges Botschafterpalais, über das
kein Wort zu verlieren wäre, wenn es irgendwo in einer
mittelgroßen Provinzstadt als Amtgerichtsgebäude stehen
sollte, vermag der hohen künstlerischen Bedeutung der
Bauaufgabe nicht gerecht zu werden. □

n Dieser Bericht ist inzwischen von den Ereignissen über-
holt worden. Der Kaiser hat bestimmt, daß das Botschafter-
haus in Washington von seinem Hofarchitekten, Herrn von
Ihne, gebaut werden soll. Ihne ist, so viel Steht fest, besser,
viel besser sogar, als Möhring. Aber Poelzig und Tessenow
zum Beispiel sind dann auch wieder viel, viel besser als
Ihne. Das Resultat des Wettbewerbs wurde also zugunsten
eines seichten Kompromisses annulliert, ein Verfahren, das
gleicherweise um der Künstler und um des Kunstrechts
willen zum Widerspruch herausfordert. Denn eine debatte-
lose Hinwegsetzung über den Spruch des Preisgerichts
war nur dann berechtigt, wenn eine neue Entscheidung
zugunsten der anerkannt tüchtigsten Kraft getroffen worden
wäre. Wo aber dieses Ziel verfehlt wird, wo eine solche
Willensproklamation nicht um der guten Sache willen
gerechtfertigt erscheint, da wird auch der Idealismus der
Künstler getroffen, die vorher durch die Beteiligung am
Wettbewerb ihre Bereitwilligkeit gezeigt haben, im freien
Spiel der Kräfte und aus eigener Entschließung an der
Lösung dieser nationalen Bauaufgabe mitzuarbeiten. □
W. C. Behrendt.
AUKTIONEN
□ München. Am 17. November wird in München im
Lokale und unter Leitung des Experten Dr. Jacob Hirsch,
Arcisstraße 17, die Sammlung griechischer, römischer und
byzantinischer Münzen des Barons Friedrich von Schennis
versteigert. Der reich illustrierte Katalog ist erschienen.

□ Nachbemerkung zum Aufsatz »Neue Prager Archi-
tektur«. Im letzten Heft des vorigen Jahrgangs hat Herr
Dr. Victor Wallerstein es versucht, in einem Aufsatz über
die »Moderne Architektur in Prag« wissenschaftlich zu
prüfen, auf welchen Grundlagen eigentlich die neueste
Kunstrichtung, die in Prag jetzt auch auf die Baukunst
übergegriffen hat, beruhe. Man hat uns die Befürchtung
ausgesprochen, daß die zur Illustrierung des Artikels und
zum Beleg der Untersuchungen Dr. Wallersteins bestimmten
Abbildungen unkritische Leser beunruhigen oder gar sie
zur Nachahmung aufreizen könnten. Wir möchten das
nicht wünschen und können es auch nicht glauben, weil
sich diese Vorbilder überhaupt kaum nachahmen lassen,
und weil es doch ganz unkünstlerisch wäre, sich ohne ein
inneres Bedürfnis an diese fremde Art anzulehnen.
Die Redaktion.


Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m. b. h., in Leipzig
 
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