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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Dönhoff, Fritz: Das 150 jährige Jubiläum der kgl. Porzellan-Manufaktur in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0050

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es dem Könige hiernach bereiten, als im Oktober 1769
die verwitwete Kurfürstin von Sachsen die Berliner
Manufaktur in Augenschein nahm und beim Weg-
gehen dem Direktor Grieninger gegenüber äußerte,
nachdem er auf die Meißener Anstalt hingewiesen
hatte, ihr komme es vor, als wenn die Schülerin
bereits damit umgehe, die Lehrmeisterin zu übertreffen.
Das größte und kostbarste in jener Zeit aus der
Manufaktur hervorgegangene Geschenk, das für die
Kaiserin Katharina hergestellte Dessertservice mit Tafel-
aufsatz ■— eine Verherrlichung der Erfolge der Zarin
in Krieg und Frieden —, wurde nach den eigenen
Angaben des Königs angefertigt. Er übersandte das
Geschenk der Kaiserin mit einem Handschreiben, in
dem er entschuldigend darauf hinwies, daß das zer-
brechliche Material der Bedeutuug der großen Kaiserin
nicht entspreche. Wenn er sich gleichwohl zu seiner
Anfertigung habe bestimmen lassen, so sei dies nur
deshalb geschehen, weil ohnedies der Ruhm der Heldin
des Nordens fester gegründet sei, als Bronze und Erz.
Von den für den König selbst bestimmten Gegen-
ständen gehören die beiden Tafelservice für das Neue
Palais und das Breslauer Stadtschloß zu dem Schönsten,
was je in einer Manufaktur gefertigt worden ist.
Entsprachen hiernach die Bestellungen für den
persönlichen Bedarf und zu Geschenken des Königs
selbstverständlich seinem persönlichen hochentwickel-
ten Geschmack, so bildete doch die Befriedigung
seines Schönheitssinnes keineswegs das einzige Ziel
seiner Bestrebungen. Den Beweis hierfür gibt eine
Sammlung von 250 bisher nicht weiter bekannten

Königlichen Erlassen im Besitz der Manufaktur, die
sich — ein Zeichen von dem stets unverändert
bleibendem Interesse des Königs — fast gleichmäßig
auf die Jahre 1763—1786 verteilen. Sie halten sich
in der Hauptsache an bestimmte Termine. Denn all-
monatlich ließ sich der König einen sogenannten
Kassenextrakt, d. h. eine Übersicht über Einnahmen
und Ausgaben des Betriebes vorlegen. Auf die am
3. jeden Monats erstatteten Berichte erfolgten dann
mit immer gleichbleibender Pünktlichkeit, meist schon
am folgenden Tage, die Empfangsbestätigungen und
Antworten, in denen Zensuren erteilt und Weisungen
gegeben wurden. Überblickt man nun dies reich-
haltige Material, so ist es zunächst auffallend, eine wie
scharfe Scheidung der König machte zwischen dem,
was ihm selbst gefiel, und was für den Verkauf ge-
fertigt werden sollte. Immer wieder betont er, daß,
wenn die Manufakturerzeugnisse mehr in Aufnahme
gebracht werden sollten, was er für unbedingt not-
wendig halte, besonders solche Porzellane hergestellt
werden müßten, die am häufigsten abgingen, dem
Publikum am besten gefielen und kurrent seien.
Im Anfang der achtziger Jahre begannen neue
künstlerische Strömungen die Manufaktur zu beein-
flussen. In Frankreich war der Rokokostil durch den
Louis XVI.-Stil abgelöst worden. Die Manufaktur
von Sevres arbeitete bereits im Sinne dieser Kunst-
richtung. Von Interesse ist es, wie sich der König
zu diesen Zeitströmungen stellte. Öfter sendet er an
Grieninger Proben von Arbeiten aus Sevres und be-
merkt dabei, daß die Stücke nicht seinen Beifall

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