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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Segmiller, Ludwig; Breuer, Robert; Migge, Leberecht: Nachbemerkungen zur Internationalen Baufach-Ausstellung in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0101

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Die Gärten der Iba 1913 in Leipzig

tionen fortentwickelt zu werden und man hat
das, was außer etwa, aber in ganz anderer
Weise, in München, in keiner anderen Stadt
möglich wäre, die Kongenialität des Zechers
mit den raumbildenden und raumschmücken-
den Architekten und Malern. Die Probe auf
das Exempel ließ sich machen in der Alten
Stadt der Ausstellung im Weinlokal zum Do-
minikaner, wo Alfred Liebig und Max Loose
ganz treffliche humoristische Wandmalereien
geschaffen hatten. Grobdrähtiger waren die
von Erich Busch geschaffenen Ulkmalereien
in den Räumen der Pleißenburg. Wir fanden
eigentliche Kneipendekorationen dann noch im
Dörfchen, etwa in der Gosenschänke, in denen
Wilhelm Stumpf aus München einige recht
gute Zwickelbilder gemalt hat, die allerdings
nicht an Ort und Stelle entstanden, sondern
später eingefügt worden sind. Aber die übrigen Dekorations-
malereien in den anderen Gebäuden gingen schon über das
Provisorische hinaus; sie wollten zeigen, wie in Wirklich-
keit diese Häuser eines Dorfes bunt geschmückt werden
könnten. Es braucht allerdings allerhand guten Willen,
ehe man das glaubt, aber nachzuprüfen, ob das möglich sei,
ginge nicht, ohne den Charakter der Dorfbevölkerung von
heute zu untersuchen. Man müßte auch die Landbevölke-
rung, die bei einem Besuche der Ausstellung in dies Dörf-
chen gerät, fragen, ob ihr dies gefiele. Dabei würde man
wohl erfahren, daß sie das alles für altfränkisch, bäurisch,
hinterwälderisch zu halten geneigt ist, und daß sie, die es
ja eigentlich angeht, sich wahrscheinlich für die städtische
Art entscheiden würde. Bei solchen Experimenten ver-
gessen wir, daß die Zeit, in der jene alte Volkskunst
lebendig war, vorbei, und daß der Bauer von heute, der
mit landwirtschaftlichen Maschinen arbeitet, der künstliche
Düngemittel, fremde Futtersorten usw. verbraucht, der
schon wesentlich kaufmännische Interessen hat, diesen
Sinn für das Heimliche und Heimische, die Grundlage der
bäuerlichen Volkskunst, hat verkümmern lassen. Und ich
meine, es ist fast unmöglich in unserer Zeit der immer
mehr zunehmenden Verkehrsmöglichkeiren mit der Stadt,
diesen ausgestorbenen Sinn wieder einzupflanzen.
Aus diesem Grunde möchte ich solche Bauern-
ornamentik nur für ein Experiment halten, an dem zunächst

Die Gärten der Iba 1913 in Leipzig

IV. DIE DEKORATIONSMALEREI

Selbstverständlich gehört auch die Dekorationsmalerei
in den Rahmen des Baufaches hinein; ist sie doch in der
Verfassung des Malergewerbes selbst ein baugewerbliches
Handwerk und geht es doch, sollte man meinen, im Bau-
wesen nicht ohne jene letzte Hand, ohne jenes Finish, —
»Man schätzt den Staub, ein wenig übergoldet, weit mehr
als Gold, ein wenig überstäubt.« Lange Zeit war es so,
daß der Dekorationsmaler das Bauwerk erst eigentlich
fertig machte. Man wird sich fragen, ob es auch noch
heute so ist und die Antwort auf diese Frage wird man
gerade auf einer Baufachausstellung erwarten können.
Nun gibt zweifellos eine Ausstellung an sich schon
genug Gelegenheit, aus unansehnlichen Dingen strahlende
Herrlichkeiten zu machen und nirgends muß mehr imitiert
werden, als in Ausstellungen, deren Sommerhalbjahr ja in
den meisten Fällen eben nur ein Provisorium zuläßt. Da
ist der Stukkateur und dann der Maler der notwendige
Mann. Das Provisorium drückt natürlich auf ihre Arbeit,
die gar nicht für die Dauer berechnet sein will und aus
diesem Grunde schon wird man gerade in der flotten
Arbeit einen Vorzug sehen, zumal in ihr ja die künstlerische
oder kunstgewerbliche Qualität einer Malerei viel schärfer
auf die Probe gestellt wird, als bei einer Arbeit, die mit
aller Sorgfalt geschaffen werden kann.
Natürlich darf man dabei Unterschiede
nicht vergessen, die etwa zwischen einer
feuchtfröhlichen Kneipendekoration, zwischen
der dekorativen Bemalung der Hallen und
Einzelbauten und endlich zwischen der Deko-
rationsmalerei als »Ausstellungsgegenstand«
bestehen.
Bei einer Kneipendekoration, die ja nicht
sauertöpfisch machen soll, wird man die pro-
visorisch-leichte Art, das Hinfludern, sogar
für einen wesentlichen Zug. ihres Charakters
halten dürfen. Es ist nicht angenehm, beim
vollen Becher daran erinnert zu werden, wie
sehr sich der Maler an den Wänden abgeplagt
hat, um uns einen bei aller Seßhaftigkeit doch
am Ende nur flüchtigen Reiz zu bereiten; an-
genehmer ist es jedenfalls, aus den Malereien
an den Wänden das Vergnügen des Malers
an seiner Arbeit leuchten zu sehen; dann
beschwingt uns dieses Vergnügen in eigener
Art. Und da es gerade Leipzig ist, die der
Baufachausstellung die Stätte gab, das zech-
frohe Leipzig, so brauchen nur örtliche Tradi-

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