Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0107

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VERMISCHTES
Gewerbliches Unterrichtswesen in Preußen. Dem
gewerblichen Unterrichtswesen in Preußen wendet die
Handels- und Gewerbeverwaltung besondere Aufmerksam-
keit und Förderung zu, so daß im letzten Jahrzehnt für
diesen Zweig bedeutende Aufwendungen gemacht worden
sind. Die laufenden Ausgaben betragen bereits jährlich
13657000 M. In den letzten Jahren ist eine erhebliche
Anzahl wichtiger Veranstaltungen zur Durchführung gelangt,
u. a. die Errichtung der staatlichen Handwerker- und Kunst-
gewerbeschule zu Bromberg, die dauernde Erhaltung der
Fachschule für Feinmechanik in Göttingen, der Ausbau der
Fachschule für die Schuh- und Schäfteindustrie in Wermels-
kirchen, die Verstaatlichung der städtischen Maschinen-
bauschule in Graudenz, die Neuorganisation der See-
maschinistenschule in Stettin zu einer Schiffsingenieur- und
Seemaschinistenschule, die Erhöhung des Zuschußfonds zur
Förderung des Fortbildungsschulwesens um 440000 M. von
3160000 M. auf 3600000 M., die Erweiterung der Fachschule
für Textilindustrie in M.-Gladbach durch Errichtung einer
Abteilung für Herren- und Damenbekleidung und der Textil-
Fachschule in Forst durch Angliederung einer Spinnerei-
abteilung, die Gewährung bedeutender Zuschüsse an die
gewerbliche Tagesschule in Aachen und an die Handwerker-
und Kunstschule in Essen, die Errichtung einer Baugewerk-
schule in Neukölln, die Einrichtung eines Seminarkursus
von einjähriger Dauer zur Ausbildung hauptamtlicher Lehrer
für gewerbliche Fortbildungsschulen.
Ein Übelstand in unseren Preisausschreiben.
Zur Weihnachtsmesse 1913 erließ ein Kunstgewerbeverein
ein Preisausschreiben, darin wurde unter anderem verlangt:
Schreibmappe, Leder mit Handvergoldung. —
Armleuchter für 2—3 Kerzen als Tischdekoration,
Holz, Metall oder Porzellan usw.
In dieser Form sind die meisten Preisausschreiben ab-
gefaßt und niemand wird etwas vermissen. Dennoch fehlt
etwas. Es ist unbedingt notwendig hinzuzusetzen, welchen
Ansprüchen der Gegenstand entsprechen, wie teuer er un-
gefähr oder höchstens werden soll. Denn es ist Tatsache,

daß mit Steigerung der Mittel auch eine Steigerung der
Wirkung möglich ist, und dann wird die Prämie auf den
Artikel fallen, der nicht nur der künstlerisch, beste, sondern
zugleich der reichste ist.
Man pflegt zwar zu sagen, man könne Schönes auch
mit einfachen Mitteln erreichen. Dieser Satz hat aber
etwas Irreführendes. Man kann Schönes mit einfachen
Mitteln erreichen, aber nur bis zu einer obersten Grenze,
will man über diese hinaus, so muß man die Mittel ver-
mehren und damit den Gegenstand verteuern.
Kostet z. B. ein glattes Uhrgehäuse (ohne Uhr) 50 M.
und seine Wirkung soll durch Flächenmuster gesteigert
werden, so kostet es dann 75 M., tritt an Stelle einer
tragenden Stütze eine Figur, so schnellt der Preis auf
200 M. und mehr hinauf. Stehen diese drei Lösungen
nebeneinander, so wird bei gleicher relativer Güte dennoch
die mit der Figur den Preisrichtern am meisten in die Augen
stechen und prämiiert werden.
Tatsächlich zeigt das Ergebnis der meisten Preisaus-
schreiben eine innere Beziehung zwischen Kostbarkeit und
Prämie. Auf der Studentenkunstausstellung in Stuttgart 1911
sind Artikel prämiiert worden, die weder von einer Studenten-
verbindung noch von einer Firma erworben wurden, weil
sie zu teuer waren. Sie hatten also ihren Zweck verfehlt
und hätten gar nicht zur Prämiierung zugelassen werden
sollen.
Auf den letzten Weltausstellungen sind (nicht infolge
Preisaufgabe, sondern in freiem Wettbewerb) englische
Bucheinbände prämiiert worden, welche 2000 M. und mehr
kosteten, mit denen unsere deutschen Bände, auf wenige
Hunderte von Mark berechnet, von vornherein nicht kon-
kurrieren können. Diese bringen es dann höchstens zu
einer lobenden Erwähnung.
Am meisten leiden hierunter die mittleren Erzeugnisse,
auf deren Einführung es in erster Linie ankäme. Denn
das Publikum kauft nur das Billigste, die Preisrichter treiben
eine Art Luxusprämiierung, und für die mittleren Erzeug-
nisse geschieht nichts. Soll hier ein gerechtes Verfahren
Platz greifen, so muß in der Aufgabe selbst der ungefähre
oder der höchste zulässige Kauf wert der Gegenstände angegeben
sein, damit sie kommensurabel werden.
Walter Thomä, Dresden


Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., in Leipzig
 
Annotationen