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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Zeitler, Julius: Die Leipziger Akademie für Graphik und Buchgewerbe: zum 150 jährigen Bestehen 1764-1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0111

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erst den Eintritt zu seinen Zimmern suchte, zwischen deren Reihe und
einem weitläufigen Kornboden man soeben hergegangen war.« Die
Räume, so berichtet der verdienstvolle kenntnisreiche Kunstforscher Dürr,
bestanden aus einem Saal und einer Modellstube, sowie einer Bilder-
stube zu je zwei Fenstern, einer Zeichenstube und einem Oipssaal.
Die Bildhauerwerkstaft befand sich im Erdgeschoß, und über ihren


Mangel an Licht gab es nicht die
wenigsten Klagen. Es erhellt daraus,
unter welchen Hemmnissen auch
unter den neuen Verhältnissen die
Akademie stets zu leiden hatte, die
Schwierigkeit, Modelle aufzustellen,
war nicht zu beseitigen, und alle
Klagen Oesers und Bitten um ein
eigenes selbständiges Gebäude blie-
ben in Dresden fruchtlos. Aus
Hans Veit Schnorrs Autobiographie
haben wir aus den Jahren um 1790
eine recht anschauliche Schilderung
der primitiven Verhältnisse, in der
Völkerschlachtszeit, als die Akade-
mie zeitweilig zum Lazarett dienen
mußte, steigerte sich die Raumnot
gar in grotesker Weise. In diesen
räumlichen Zuständen blieb die
Akademie im wesentlichen bis 1843,
wo unter der Direktion Nehers
dem Akademieflügel ein ganzes
Stockwerk aufgesetzt wurde. Eine
weitere Ausdehnung erhielt nach-
mals die Akademie, als sie, unter
der Direktion Niepers, 1876 bis
1880 den ganzen Nordwestflügel
der Pleißenburg einbeziehen durfte.
Die Klagen über die Raumnot aber
verstummen eigentlich niemals, und
auch in der Gegenwart sind sie
mit Grund recht vernehmlich.
Unter solchen bedrängten Ver-
hältnissen, in welche die neue Aka-
demie von Anfang an hineingesetzt
war, erwies sich Oeser des hohen
Vertrauens vollauf würdig, mit dem
ihn Hagedorn berufen hatte. Hage-
dorn wußte, welchen Künstler er
in ihm besaß — Oeser war von
einer unvergleichlichen Universali-
tät, als Maler, Bildhauer, Kupfer-
stecher, Architekt war er geschult,
dazu besaß er noch schätzbare tech-
nische und naturwissenschaftliche
Kenntnisse — aber vor allem mach-
ten ihn seine persönlichen Eigen-
schaften, seine Beweglichkeit, seine
geistvolle Lehrgabe nnd sein liebens-
würdiges Wesen besonders zu dem
Amte geeignet. Oeser war am
17. Februar 1717 als Sohn eines
aus Berlin eingewanderten Hand-
werkers in Preßburg geboren. Be-
reits mit vierzehn Jahren, nachdem
er in Preßburg bei einem hand-
werklichen Maler eine kurze Lehr-
zeit durchgemacht, treffen wir ihn
in Wien, wo er sich eine um-
fassende künstlerische Ausbildung
erwirbt. Seine Lehrer sind Jacob

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