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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

DOI Artikel:
Zeitler, Julius: Die Leipziger Akademie für Graphik und Buchgewerbe: zum 150 jährigen Bestehen 1764-1914
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0117

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Fachschule, Gewerbliche Abteilung

Gravieren

die Kupferstecherei unter Bause den besten Erfolg
habe, sie sei namentlich der Leipziger Buchhand-
lung sehr nützlich. Im selben Jahr heißt es von
Oeser: »Er hat sich unsterbliche Verdienste um das
Leipziger Institut erworben, und durch seinen alles
belebenden Eifer die Leipziger Kupferstecherkunst in
einen Handlungszweig verwandelt«. Wenn Hagedorn
mit Freude erfuhr, daß viele Gewerbe von Oeser be-
raten wurden, Silberarbeiter, Schlosser, Kattundrucker,
als Hauptbeziehung in Leipzig stellte sich doch die zur
Buchdruckerei und zum Buchhandel heraus. Leipzig
brauchte für seine Buchausstattung viele Illustratoren,
Oeser selbst stellte sich in den Dienst des graphischen
Gewerbes; er entwarf die Vignetten und Zieraten, die
dann von seinen Mitarbeitern Bause, Geyser u. a. aus-
geführt wurden; zu seinen anmutigsten Schöpfungen
zählen die dem Katalog der Wincklerschen Gemälde-
sammlung beigegebenen und eingedruckten Vignetten.
Wenn auch die Akademie als eine allgemeine Kunst-
anstalt ursprünglich gemeint war, so trat doch die
Wichtigkeit dieser Lehrzweige alsbald aufs deutlichste
hervor.
Die Stelle des Architekturlehrers nahm I. P. Haber-
sang ein, der Oeser durch seine Streitsucht, Recht-
haberei und Unnachgiebigkeit viel Ärger und Kummer
verursacht hat, bis ihr Verhältnis durch eine Menge
Beschwerden, Verweise, Kränkungen hindurch zu einem
friedlichen Ausgleich gedieh; als Bildhauer wurde
F. S. Schlegel angestellt, zwei weitere Lehrerstellen —
ein Unterlehrer hatte 100 Taler, ein ordentlicher Lehrer
200 Taler Gehalt — wurden den beiden Kupfer-
stechern und Vignettisten Chr. G. Geyser, Oesers nach-
maligem Schwiegersohn, und K- L. Crusius übertragen.
An Crusius’ Stelle trat 1765 August Ludwig Stein.
Als Aufwärter in gelbem Rock und blauen Aufschlägen
fungierte der von Goethe mehrfach genannte Modell-
tischlerjung. Das Kupferstichfach lag Oeser besonders
am Herzen, und es muß ihm eine große Genugtuung
gewesen sein, als es ihm gelang, den ausgezeichneten
Johann Friedrich Bause von Halle zu berufen. Bause
und Geyser waren neben Oeser die bedeutendsten
Mitglieder der Akademie, Bause war ein Meister im

Porträtstich, nicht weniger als 130 Bildnisse, vor-
wiegend nach Anton Graff, rühren von ihm her, dazu
eine Fülle von Illustrationen, Vignetten und Motiven
aus den verschiedensten Stoffkreisen. Geyser wurde
ganz besonders von Oeser mit dem Radieren seiner
Entwürfe beauftragt, wie denn Geyser, wenn auch
ursprünglich Miniaturmaler, seit 1767 hauptsächlich
das Radieren betrieb. Er erwarb sich in dieser Technik
ein großes und weitgeschätztes Können, seine Frucht-
barkeit war erstaunlich, er war zudem der erwählte
Illustrator aller Dichter unserer klassischen Literatur-
periode, ein Oeuvre von über 2000 Blättern bildete
seine Hinterlassenschaft. An Stelle des mit voller
Pension entlassenen Geyser trat 1771 Oesers Sohn
Joh. Friedrich Ludwig als Unterlehrer ein, 1774 ward
er von J. H. Wiese ersetzt. Zu den bewährtesten
späteren Lehrkräften zählten noch der große Bau-
künstler J. F. Dauthe, der Maler J. W. Mechau, der
sich unter Rode und Casanova gebildet hatte, G. G.
Endner, ein Schüler seines Schwiegervaters Stock und
hervorragender Kupferstecher, der mit Thönert bei den
Leipziger Verlegern als Illustrator, Stecher von Mode-
kupfern, Porträts und Landschaften überaus beliebt
war. Als Angehörige der Akademie sind ferner noch
zu erwähnen Ch. F. Wiegand, einer von Oesers Lieb-
lingsschülern, der Oesers Theatervorhang kopierte,
und der auch die Wincklersche Galerie in acht Tableaus
reproduzierte; J. B. Michaelis, der Poet und Zeichner;
der Vignetten- und Schriftstecher Knöffler; der geniale
Porträt- und Miniaturmaler Friedrich Heinrich Füger;
der hochbegabte Joh. Samuel Bach; ferner die beiden
Kupferstecher Johann August Roßmäßler und Carl
Benjamin Schwarze; der erstere wegen seines ge-
diegenen Realismus und seiner Naturtreue Chodowiecky
fast ebenbürtig, der letztere als Architekturzeichner
bei allen Sammlern von Stadt- und Landschaftsveduten
berühmt; endlich noch der feine und geschmackvolle
Miniaturmaler Friedrich August Junge, der gelegent-
lich der Leipziger Porträtausstellung 1912 eine von
deren wichtigsten Entdeckungen bildete.
Aus der frühesten Geschichte der Akademie ist
noch erwähnenswert der Kampf, den Oeser mit der

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