unfern vorbeizieht. Seine Baumasse zeigt sich in
geschlossener Form, mit strenger Gliederung durch
breite und flache Pfeiler, die ganz nur dem Zwecke
der Teilung dienen und in dem aus Zahnschnitt ge-
bildeten Hauptgesims in einer einfachen Verkröpfung
auslaufen. In der Mitte der dem Bahnkörper zuge-
kehrten Vorderfront ist die große Empfangshalle stark
betont und architektonisch verwertet. Dieser Komplex
schiebt sich breit hinaus und ihm ist noch eine aus-
ladende Terrasse vorgelagert. Zwei hoch emporragende
Doppelpfeiler, von einem flach dreieckigen Architrav
gekrönt, umschließen den großen Hallen-Lichteinlaß.
Zu beiden Seiten reihen sich die Fenster der Büro-
räume und darunter die des Untergeschosses an,
deren Rhythmus in der Gliederung der Seiten- und
Hinterfronten aufgenommen und fortgesetzt wird. Der
hintere Teil des Gebäudes enthält die großen Arbeits-
stätten der Weberei und ist weithin sichtbar durch
sechs mächtige Schornsteinaufsätze als Fabrik gekenn-
zeichnet.
Der repräsentativen Aufmachung dieser Qualitäts-
fabrik entsprechend hat Leberecht Migge in Blankenese
zu ihr den ersten Fabrikgarten gestaltet. Der Vor-
garten ist als schmückender Teil gedacht. An ihn
schließen sich seitlich die Auffahrten an. Hinten
faßt ein Rundgang von Lindenlauben den architek-
tonischen Gedanken der vorspringenden Seitenflügel
abschließend zusammen. Für das Personal sind Turn-
plätze und Spielwiesen vorgesehen. Dem Arbeiter
soll hier das in Industriequartieren übliche »fatalis-
tische Gefühl, er sei bestimmt, zeitlebens in einer ab-
schreckenden Arbeitskaserne zu frohnden«, erspart
bleiben.
Sehr interessant und neuartig ist besonders im
Inneren die Verbindung von Repräsentation und Ar-
beitsstätte gelöst. Ein prächtiges mit grauem und
rotem Marmor verkleidetes Vestibül empfängt den
Eintretenden. Ist man die Treppe emporgestiegen, so
bietet sich ein überraschender und unvergeßlicher An-
blick dar: die breite obere Repräsentationshalle wird
rückseitig nur durch eine riesige Glaswand abge-
schlossen, und läßt das Auge mit einem Mal den
2850 qm großen Webereisaal umfassen, in dem an
vielen Webstühlen zahllose Räder und Motoren
schnurren, Schiffchen sausen und zwischen dieser
symmetrisch geordneten Anlage der Arbeitsstellen das
in einheitlicher Farbe gekleidete Personal sich be-
wegt. Dieser Anblick schon erweckt den nachhaltigen
Begriff eines Qualitätsprozesses, der dann bequem in
einem Rundgang studiert werden kann. Die übrige
Disposition des Grundrisses gruppiert sich um diese
Hauptachse, und technische Mitarbeit ergänzt in vielerlei
Hinsicht den architektonischen Gedanken des Ganzen.
Staubsaugevorrichtungen, Bewässerungsanlagen, die
vom Springbrunnen ihre Kraft entnehmen und unter
dem Fabriksaal hinführen, alles wirkt zusammen,
greift ineinander, um den Begriff der hier geschaffenen
»Qualitätsfabrik« zu vollenden. FRITZ HELL WAG.
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