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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Söhlemann, Hans: Ein Begleitwort zu meinen Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0149

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H. Söhlemann, Erfurt: Kontorgebäude der Firma J. C. Schmidt, Erfurt

Sache des Architekten ist es, mit feinem Takt die
Wesensart des Bestellers so zu erfassen, daß er sich
in seinem fertigen Heim so selbstverständlich behag-
lich fühlt, wie in einem gutsitzenden Gewand.
Zu den im Bilde gezeigten Gegenständen einige
Worte. Drei zusammenhängende Zimmer: Empfangs-,
Damen-, Speisezimmer. Das Empfangszimmer: Poliertes
Mahagoniholz; steingrüner Seidenstoff für die tief-
liegenden Flächen der Wände; heller, goldiger Stoff
für die Sitzmöbel.
Eine breite Kehle überführt die Wand zur Decke,
deren elliptischer Fond von einem Kranz von Be-
leuchtungskörpern, getriebene Bronze mit Kristall, aus
tiefen Stuckrosetten niederhängend, eingefaßt wird.
Eine Flut von Licht, zu geschlossener Form verbunden,
ergießt sich bei festlichem Anlaß über den Raum.
Ruhige Flächen und breite Kehlungen lassen das
satte Rot des Holzes zu voller Geltung kommen, der
noch fehlende Bilderschmuck über dem Glasschrank
und dem Heizkörper würde zur Abrundung wesent-
lich beitragen.
Durch die eine der beiden Flügeltüren, die an den
Schmalseiten des Raumes die Schwerpunkte bilden,
treten wir in das Zimmer der Hausfrau. War das
Empfangszimmer auf freudige Farbwirkung berechnet,
so herrscht hier Zurückhaltung. Mattes Nußholz, leicht
geschnitzt, gegen ein feines Graublau des Wandstoffes
gestellt, wird gehoben durch hellen Bezugstoff der

Stühle. Das volle Licht der Fenster an der runden
Ecke des Raumes wird durch lichte Vorhänge nur
wenig gedämpft. Aus der flachgewölbten großen
Deckenrosette löst sich der Beleuchtungskörper mit
reichem Kristallbehang. Seine kräftige Betonung und
das große Rund der Decke lassen die Unregelmäßig-
keit des Zimmers wenig in die Erscheinung treten.
Die Eigenschaften des Holzes, die es zur Ausge-
staltung unserer Wohnräume so wertvoll und beson-
ders geeignet machen, können durch Kehlungen,
Schnitzerei und farbige Einlagen zu voller Wirkung
gebracht, aber auch vollständig zerstört werden. Es
reizt mich stets, durch wohlerwogene Kehlung, vor-
sichtige Verwendung geschwungener Linien, durch
Schnitzerei und Einlagen dem Holze seine feinen
Reize abzugewinnen, die Materialwirkung zu steigern.
Die Wände des großen Speisezimmers werden auf-
geteilt durch straffe senkrechte Felder, die geschnitzten
Quadrate nehmen die Wiederkehr auf und umziehen
als Begleitmotiv, friesartig den ganzen Raum. Die
Schmalseiten des Zimmers werden in ihrer Mitte
durchbrochen von Türen. Diese boten Gelegenheit
zu reicherer Entfaltung der Formen, ebenso das Büfett
und die an den Pfeilern der Fensterwand stehenden
beiden Glasschränke.
Dem dunkelgeräucherten Eichenholz dieses Speise-
zimmers einen sich das stumpfe Rot der Bespannung
der oberen Wand und der Altelfenbeinton von Kehle
und Stuckdecke zu einer satten, behaglichen Harmonie.
Der Geschirrschrank aus dem Eßzimmer einer
Mietwohnung, afrikanisches Birnbaumholz, rotbrauner
warmer Ton, mit schwarzen Einlagen hebt sich vor-
teilhaft ab von einer Tapete, schwarz mit Altgold-
muster. Im Stück wirkte die Tapete sehr düster,
schuf aber eine vorzügliche Raumstimmung. Den
eingelegten glatten Flächen der Seitenschränke sind
die gekehlten Rahmen der Glastüren mit den ge-
schweiften Sprossen vorteilhaft gegenübergestellt. Die
Abmessungen des ganzen Möbels sind den Raum-
verhältnissen in der Mietwohnung angepaßt. Nicht
die Möbel, die Menschen sollen den Raum beherrschen.
Das Kontorgebäude der Firma J. C. Schmidt liegt
an einer gewundenen Nebenstraße, wir sehen die An-
sicht von der Hauptstraße. Die Grundrißlösung war
sehr verzwickt und bedingte die schiefe Anlage des
Eingangs unter dem Giebel. Durch ein kleines grünes
Kupferdach wurde die Symmetrie wieder hergestellt.
Die schlichten Formen der Fassade sind nur durch
die die Firma begleitenden beiden Rosenkörbe ein
wenig gehoben. Die kräftige Dachhaube des Giebels
gibt dem Gebäude einen guten Abschluß. Einen Blick
in das räumlich beschränkte Privatkontor der Inhaber
gewähren die letzten beiden Abbildungen. Der große
Doppelschreibtisch beherrscht den Raum. Material
graubraunes Eichenholz und ebensolches Leder. Die
Spanngardine hinter den Scheiben des kleinen Bücher-
schrankes ist ein goldiges Braun. Nur das leuchtende
Rot des Teppichs bringt eine Steigerung zur Behag-
lichkeit in den Raum, dessen solide Einfachheit die
Bedeutung der Firma zurückhaltend zum Ausdruck
bringt.

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