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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0183

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

AUSSTELLUNGEN
Baden-Baden. Auch auf der diesjährigen sechsten
deutschen Kunstausstellung in dem internationalen Badeort
kommt das Kunstgewerbe mit einer würdigen Anzahl qua-
litativ hochstehender Arbeiten zum Wort, wenn freilich
auch zugegeben werden muß, daß mancherlei Rücksichten
bei der Auswahl uns jetzt die Grenzen zwischen ange-
wandter und freier Kunst nicht immer leicht ziehen lassen.
Was hier für uns in Frage kommt, scheidet sich fast nur
in zwei Gruppen: Keramiken und Metallarbeiten. So
nennen wir die gleißend schönen Majoliken von Bernhard
Hoetger, die figürlichen Inhalts
sind, und die technisch ebenfalls
vorzüglich behandelten, in den
Tönen so fein differenzierten Por-
zellane von Willy Ziigel und Fer-
dinand Liebermann, die besonders
glückliche Tierdarstellungen aus-
gestellt haben. Mit Metallarbeiten
— meist Schmuck — sind Otto
Elsässer und Johanna Frentzen gut
vertreten; aus ihren Stücken in
Silber heben wir der Letztgenann-
ten Blumenschale eigens hervor;
desgleichen seien hier die Arbeiten
von Philipp Oberle nicht übersehen.
Vitrinen bergen ferner geschliffene
Gläser, zum Teil farbiger Natur,
und kostbare Gebrauchskeramik.
Beachtung verdienen auch die zum
Schmuck der Ausstellungsräume
aufliegenden, durchweg mit guten
Mustern versehenen Orientteppiche
aus dem Besitze von Carl Kauf-
mann in Karlsruhe.
Stuttgart. In der König-Karl-
Halle des Landesgewerbemuseums
ist wieder eine neue Ausstellung
eingezogen, die ausgesprochen wie-
nerisches Gepräge aufweist. Es
sind dies die technisch und künst-
lerisch gleich interessanten Arbeiten
von LeopoldForstner-Wien, der sich
eine originelle Kombination von Glasmosaik und keramischem
Relief schuf und in dieser Technik, die auch Metallappli-
kation nicht verschmäht, eigenartige zum Schmucke großer
Innenarchitekturen ganz vorzüglich geeignete, teils weltliche,
teils kirchliche Kunstwerke herstellt. Aber nicht minder
interessant ist die Verwendung größerer Glas- und
Marmorstücke, ja manchmal ganzer Flächen mit den kleinen
Steinwürfeln zusammen, womit er ebenfalls seinen Bildern
einen eigenartigen Reiz verleiht. Hierher gehört in erster
Linie ein ganz interessanter Kopf, aus lauter bunten Würfeln
zusammengesetzt, mit verschiedenen Unterbrechungen durch
größere buntschillernde Glassteine auf einem großen
schwarzen Grund. Die Verwendung größerer Stücke ver-
schiedenfarbigen Marmors zeigt die »Madonna mit dem
Kind«. Ebenso neuartig ist eine Traubcn-Bordüre. Die
Blätter sind in Mosaik ausgeführt, während die Beeren in
Relief-Intarsia angebracht und bei entsprechender Beleuch-
tung von ganz ausgezeichneter Wirkung sind. Ein kleineres
Bild — eine weibliche Figur — ist durch die Anwendung


Prof. L. Habich, Stuttgart: Zeppelinplakette

von Gold in teilweise größeren Stücken, als wie man dies
bisher antraf, technisch sehr interessant. Auf das glück-
lichste verbindet sich Forstners neue Technik mit der eigen-
artigen stilistischen Komposition »Pallas Athene«, die neben
dem keramischen Relief auch Kupferapplikation zeigt. Auch
in der Farbe ist das Bild ganz vorzüglich. Trotz all dieser
Vorzüge dürfte aber die hier angewandte Technik für einen
Flächenschmuck schon als äußerste Grenze gelten. Wohl
die besten Stücke der ausgestellten Arbeiten sind zwei
etwas antikisierende Köpfe in keramischem Relief in echt
wienerischer Behandlung auf einem äußerst hübschen, un-
regelmäßigen Silber-Mosaikgrund. Zu den beiden orna-
mentalen Entwürfen für Mosaik
mag man sich stellen wie man will,
so wird man doch die ungemein
reizvolle Kraft, ihre freie und zügel-
lose Formensprache gerade für die
Zwecke derFernwirkung als durch-
aus geeignet betrachten können.
Zweifellos liegt ja auch sehr viel
an dem guten Geschmack in der
Farbenwahl und das sichere Be-
wußtsein vom Wohlklange ihrer
Zusammenstellung. — In einigen
anderen Entwürfen zeigt sich Forst-
ner auf dem Gebiet der Glasmalerei,
die noch weniger Freiheit als die
Kunst des Mosaiks zuläßt. Neben
einer Reihe kleinerer hübscher Glas-
fenster für die verschiedenen Ver-
kehrswesen sehen wir in der Mitte
den Karton für ein Kirchenfenster,
das sich durch die absolute Klar-
heit und Einfachheit in der Zeich-
nung und durch die strenge Stili-
sierung der Körperformen ganz
besonders auszeichnet. Das Mittel-
feld zeigt Christus am Kreuz, dar-
über das Altarsakrament, das mit
einer hübschen, stilistischen Trau-
ben- und Ahrenkotnposition um-
geben ist; zu beiden Seiten des
gekreuzigten Heilandes die andern
Sakramente — »Taufe, Firmung,
Ehe, Priesterweihe, Buße und
Ölung« in sechs quadratischen Feldern. Was aber Forst-
ner mit seinem Hochaltarbild für die Kirche am Steinhof
geschaffen hat, zeigt ihn erst im richtigen Licht seiner
künstlerischen Tätigkeit. Obwohl wir nur den Entwurf
hier sehen, wird man doch bald zur Überzeugung kom-
men, daß dieses Werk eines der hervorragendsten und
monumentalsten ist, was wir zurzeit auf diesem Gebiet
besitzen. In der Mitte Christus, umgeben auf beiden Seiten
von einer Reihe von Heiligen mit ihren Emblemen, so
Aloysius mit dem Chorhemd, Christophorus mit dem
mächtigen Baumstück und dem thronenden Christkind auf
der Schulter, der heilige Leopold mit der Kirche u. a. m.;
links und rechts von Christus je eine Orantenfigur, an-
betend sich zu ihm wendend. Forstners Können steht
hier im Dienste eines ausgeprägten Gefühls für die natür-
liche Monumentalität der Linie. Man beachte nur die ge-
schwungene Linie in der Reihenfolge der Heiligen mit dem
halbkreisförmigen Abschluß in der Mitte. Mit welcher Ge-
wissenhaftigkeit, Sorgfalt, und tiefem Ernst aber Forstner

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