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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0187

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Die guten Bilder sind leider alle verschwunden und haben
weniger schönen Platz gemacht, ohne die famose farbige
Wirkung der zuvor ausgestellten Arbeiten. Auch wurde
hier der Versuch einer Raumgestaltung gemacht und so
scheint, als hätte man aus der Behrschen Ausstellung einigen
Nutzen gezogen. Nur erhält man den Eindruck, als ob
man jeglichem Geschmack gerecht werden wollte, und das
Resultat war natürlich eine Zersplitterung. Anstatt das
Publikum zum Guten zu erziehen, hat man lieber Kon-
zessionen gemacht. Gleich beim Eingang ein Kamin mit
kitschigen Plättchen und eingelegten, malerisch hinge-
pflanzten, moosbewachsenen Holzscheiten, veraltete, wenig
gute Vasen, einige Möbel mit Reminiszenzen aus den
neunziger Jahren. Die nächstfolgenden Zimmer waren
besser, teilweise sogar gut zu nennen. Einige Härten und
Unzulänglichkeiten waren auch hier zu verspüren, aber
im großen ganzen wurde viel Gutes geboten. Die Gesamt-
wirkung war infolge einer harmonischen Farbenzusammen-
stellung ganz hübsch, besonders durch die Tapeten der
Firma Rempen und Kreutzmann. Wie schon gesagt, macht
sich noch eine gewisse Unbe-
stimmtheit bemerkbar, die in
manchem noch nicht auf sicheren
Füßen steht. Aus diesem Grund
dürfte es sich empfehlen, wenn
einmal eine richtiggehende Raum-
kunstausstellung von berufenen
Kräften zusammengestellt würde
mit Beteiligung der verschiedenen
Firmen, um eine durchaus muster-
gültige, geschmackbildende Vor-
führung zu bringen, die dem
Publikum ein sicherer Wegweiser
wäre. Oscar Heiniz.
Köln. Zur Eröffnung der
Deutschen Werkbund-A usstellang
Köln 1914. Das Zustandekommen
dieser großen Ausstellung ist in
erster Linie dem beigeordneten
Bürgermeister der Stadt Köln,
dem Architekten Carl Rehorst zu
danken, der, als Vorstandsmitglied
des »Deutschen Werkbundes« mit
dessen Bestrebungen innig vertraut, die Möglichkeiten
seiner amtlichen Stellung bis aufs äußerste anspannte und
es erreichte, den kunstsinnigen ersten Bürgermeister Wall-
raff und die Stadtverordneten zur Bereitstellung eines
Millionenfonds für eine große Werkbundschau zu bewegen.
Die Stadt Köln tat dies in der bewußten Absicht, nicht
mehr allein von der ruhmvollen Tradition zu zehren,
sondern sich einen ersten Platz in der Reihe der vor-
kämpfenden Pioniere neudeutscher Bürgerkultur zu erobern.
Sie hatte ihre Reife bereits in der denkwürdigen Ausstellung
»Alt- und Neu-Köln« dargetan, in der sie auf allen Ge-
bieten mit statistischer Handgreiflichkeit bewies, wie gründ-
lich sie sich zu einem großzügigen, modernen Stadtgebilde
entwickelt habe. Und nun vermählte sie diesen Geist mit
der Werkbundkultur. Rehorst behielt bis zuletzt die oberste
Leitung in der Hand und hat, unterstützt von den General-
sekretären Dr. Wagner und Dr. Coerper, von dem Archi-
tekten Höhrath und einem großen Stab von Hilfsarbeitern,
mit großer Aufopferung bedeutende Arbeit geleistet.
Vor der Geschichte zeichnet der »Deutsche Werkbund«
verantwortlich. Er hat der Stadt Köln und ihren Leitern
sehr zu danken für diese ihm gebotene großartige Gelegen-

heit, sein Wollen in umfassender Weise zu zeigen. Er
gab dafür alles, was er konnte, ja, mehr als dies. Der
immer weiter und weiter gezogene Rahmen der Aus-
stellung überspannte vielleicht seine Kräfte. Ihm wäre
weniger wohl mehr gewesen. Der durch sein Wesen be-
dingten Beschränkung auf das allerbeste und somit auch
geforderten räumlichen Konzentration standen aber die
Rentabilitätsrücksichten des »Ausstellungsunternehmens«,
das denkbar viel bieten wollte, entgegen. Man muß zu-
frieden sein. Nur erfordert es die Würde des Bundes, die
monströsen Bauten der Moritz und Paffendorf, die sich
»aus lokalen Rücksichten« einzudrängen verstanden haben,
kategorisch abzulehnen.
Der zur Zeit der Eröffnung erst halbfertige Zustand
der Ausstellung ließ ein sicheres und abschließendes Ur-
teil nicht zu und legt besonders den Freunden eine ganz
unerwünschte Zurückhaltung auf. Was soll, was darf man
sagen, wenn die große Menge der Ausstellungsobjekte
noch fehlt? Wer kann wissen, ob sie, oder wie früher
die Einzelpersönlichkeiten der wenigen Führer der Aus-
stellung die Physiognomie ver-
leihen werden? Vorläufig war es
so, daß aus dem nebelhaften Ge-
bilde nur dasjenige sich hervor-
hob, was mehr oder weniger auf
sich allein gestellt war. Wer in
der Breite oder in der Höhe nach
Merkmalen der Gemeinsamkeit
einer Stilbildung suchte, verlor
immer und überall den Faden; da-
gegen prägte sich ihm mancher-
lei in so persönlicher Form ein,
daß er schließlich auf dieses
zusammentragende Suchen ver-
zichtete und sich ganz den
Einzelerlebnissen hingab. — Da
war zuerst das »Wiener Haus«
von Josef Hoffmann, dessen
äußere und innerliche, bis zum
Raffinement konsequente Ein-
heitlichkeit alles in der Nähe
befindliche schlägt und un-
zweifelhaft einen starken Ein-
druck vermittelt. Über seine
Außenarchitektur wird noch manches zu sagen sein. Sie
hinterläßt in der Erinnerung einen leisen Beigeschmack
von sicher unbeabsichtigtem Bluff, während die innere
Raumgestaltung und Ausstattung bleibende Freude er-
weckte. Gegenüber steht die Festhalle von Behrens. Sie
zeigt alle Merkmale seines eigenen Stiles; im Inneren be-
deutend stärker noch als außen, feierlich und erhebend.
Der Rohbau des Theaters von Van de Velde verspricht,
das interessante Dokument eines Außenseiters zu werden.
Das Bürohaus- und Fabrikgebäude von Gropius enthält
schließlich noch am meisten Einordnung in den allgemeinen
Stilwillen. Tauts Glashaus ist ein beinahe unheimlich
bewußtes Experiment. Fast zu ruhig, aber sehr vornehm
ist das große Haus der »Farbenschau« von Muthesius der
Hauptachse des Geländes vorgelagert; drinnen in der Vor-
halle zeugen die interessanten Mosaiken Harold T. Bengens
von dieses jungen Künstlers energischem Stilwillen. Ge-
nußreich waren neben vielem anderen die Räume der
Stadt Hamburg und der Kunstgewerbeschulen in Magde-
burg, Düsseldorf und Hamburg. Und die prächtigen Kirchen-
fenster des rassigen Thorn-Prikker stimmten die Seele zu
jauchzendem Frohlocken. Hellwag.


Für die Redaktion des Kunslgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hell wag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., in Leipzig
 
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