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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Schmidt, Paul F.: Die Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie 1914
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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0205

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verständlich bei einem symbolischen Gehalt, und keiner
hätte sie überzeugender handhaben können als Hoetger,
bei dem jede Plastik ihre Architektur in sich selber trägt.
Das Besondere und Neue ist im Platanenhain, daß er die
Kalksteinfiguren leicht bemalt und ihren typisierenden, ja,
in den Reliefs, blumenhaft-unwirklichen Gestalten ein
wundervolles Lebendige einflößt. Was beim Anhören
also leicht abstrakt und philosophisch erscheinen könnte,

ist in der Wirklichkeit rundes und blutvolles Leben, höchste
Fülle sinnlicher Gestaltung.
Man müßte weit zurückgreifen, um ein ähnliches Werk
in der Geschichte der Kunst zu finden. Aber die Haupt-
sache ist die, daß es ein echtes Kunstwerk ist und ein
Stück, das aus unserer Zeit entstand und uns allein zu
eigen gehört.

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

LITERATUR
V. Verwaltungsbericht des Königlich Preußischen
Landesgewerbeamts 1914. Berlin 1914, Carl Heymann,
Preis M. 5.—.
In bedeutend verstärktem Umfang gibt dieser Bericht
Kunde von der Entwicklung des gewerblichen Schulwesens
und der Gewerbeförderung in der Zeit vom 1. Oktober 1911
bis zum 30. September 1913. Die staatlichen Aufwendungen
sind seit 1910 von 12,8 Millionen auf 14,2 Millionen Mark
angewachsen; diesen vermehrten Ausgaben entspricht die
vermehrte Zahl und Bedeutung der Schulen, insbesondere
der Fortbildungsschulen, für deren Lehrkräfte jetzt gründ-
liche Ausbildungsgelegenheiten geschaffen wurden, sowohl
für die Berufslehrer als auch für die Praktiker.
Uns interessiert hier vor allem das Kapitel der Kunst-
gewerbe- und. Handwerkerschulen, die allerdings manche
Grenzberührungen mit den Fortbildungsschulen haben. In
denjenigen Städten, in denen keine Fortbildungsschulen be-
stehen, haben sichz. B. den gewerblichen Pflichtfortbildungs-
schulen freiwillige Kurse und Oberklassen für Gesellen
angegliedert und erfüllen, teilweise mit staatlicher Unter-
stützung, schlecht und recht ihren Zweck. Neuerdings sind
solche Kurse und Oberklassen den Pflichtfortbildungs-
schulen aber auch in solchen Orten angegliedert worden,
in denen Handwerkerschulen bestehen. Da sind nun die
Rechte der Handwerkerschulen wieder hergestellt und ge-
nauer fixiert worden. In einem Fall entstand sogar einer
Kunstgewerbeschule (Kassel) eine solche Konkurrenz und
sie war, nach unserer Ansicht, durch den qualitativen Tief-
stand dieser Schule erklärlich. (In Kassel ist jetzt ein
Direktionswechsel an der Kunstgewerbeschule eingetreten
und eine Reorganisation im Gange.) Im allgemeinen ist
der sachliche Zeichenunterricht an die gewerblichen Fort-
bildungsschulen übergegangen. In Hanau wird von den
Zeichenakademien gewünscht, ihn wieder an sich zu ziehen,
um die gesamte fachliche Ausbildung des gewerblichen
Nachwuchses wieder in Händen zu haben. Solchen
speziellen Wünschen zeigt sich das Landesgewerbeamt auch
geneigt, wie man überhaupt mit Genugtuung feststellen
kann, daß durchaus nicht bürokratisch nach Schema F ver-
fügt wird. So ist z. B. bestimmt, daß für den Besuch von
Handwerker- und Kunstgewerbeschulen zweijährige gewerb-
liche Praxis gefordert werden müsse. Aber auch hier kann
man bei Anstalten, die noch in der Entwicklung begriffen
sind und bei weiblichen Schülern nicht so rigoros Vor-
gehen und tut es auch nicht. Im allgemeinen verdient
dieses Prinzip aber Zustimmung.
Dieses Prinzip bedingt eine allgemeine Heraufsetzung
des Alters der Schüler und es ergibt sich, außer dem er-
langten Vorteil der besseren gewerblichen Verständigkeit
und Reife, aber doch noch eine Konsequenz, auf die hier
mit Nachdruck hingewiesen sei, wobei wir unsere, auf vielen
Besuchen von Handwerker- und Kunstgewerbeschulen ge-
wonnene Anschauung der Schulpraxis und Schulresultate mit-

sprechen lassen. Je älter die Schüler bei ihrem Eintritt in die
Schule sind, desto mehr ist die bei den meisten Menschen nur
sehr kurze Periode der unverdorbenen, persönlichen, frei-
schöpferischen Phantasietätigkeit in den Anfang der Schüler-
zeit gerückt. Das wird nicht genügend berücksichtigt und
viele Möglichkeiten gehen unwiederbringlich verloren! Es
wird sofort mit reproduzierenden Methoden, besonders im
Zeichnen, und mit theoretischem Drill begonnen und wenn
es dann am Schluß ans Entwerfen gehen soll, ist die
Phantasie nahezu vollkommen versiegt und die erzielten
Resultate sind einfach klägliche zu nennen. Das liegt so-
wohl am System als auch besonders an der Leitung, die
ihre Kräfte in unfruchtbaren Verwaltungsarbeiten absorbiert.
Ja, es ließ sich beobachten, daß vereinzelt da, wo junge
Künstler als Lehrerdas Freimachender jugendlichen Phantasie
ihrer Schüler dennoch und auf eigene Faust erreicht hatten,
ihre Resultate recht unangenehm auffielen und von dem
übrigen, dagegen revoltierenden Lehrerpersonal alten Stiles
möglichst schnell und gründlich wieder paralysiert wurden.
Manche Schulen befinden sich infolge des erwähnten
Fehlers in einem erschreckenden Zustand der Sterilität.
Man verstehe nicht falsch! Es kann nicht daran gedacht
werden, aus allen Schülern produzierende Kunstgewerbler
zu machen. Das ist nicht möglich, weil schöpferische Be-
gabung ein Naturgeschenk ist und sich auf keine, aber auf
keine Weise erziehen oder erzwingen läßt. Aber die Aus-
lese hierfür gehört jetzt an den Anfang und nicht an das
Ende der Schulzeit, wo sich dann auch die Nichtbegabten
für befähigt und für berechtigt halten, als Entwerfende
sich zu betätigen, und in der Folge nur das Proletariat der
Kunstgewerbezeichner vermehren. Sie müssen frühzeitig
auf die Handwerkerschule abgeleitet werden, wo sie sich
zu tüchtigen und achtbaren, der Praxis nützlichen Hand-
werkern fortbilden können. Nurdiefrühzeitig»Auserlesenen«
sollen und können eine Kunstgewerbeschule besuchen, mit
frischen Herzen und freien Sinnen, die noch nicht durch
vorzeitigen Drill ertötet und erstorben sind. Und als
Leiter und Lehrer sollten an Kunstgewerbeschulen weniger
Verwaltungsbeamte und mehr junge Künstler wirken.
Es ist ganz richtig, wie im vorigen Verwaltungsbericht
1912 gesagt war, daß die früher veranstalteten, künst-
lerischen Aiisbildungs- und Fortbildungskurse für Lehrer an
kunstgewerblichen Unterrichtsanstalten sich nicht mehr
empfehlen, weil sich »das Lehrgebiet der kunstgewerblichen
Lehranstalten geklärt, und auch das künstlerische Ziel
im Kunstgewerbe vereinheitlicht« habe und, so fügen wir
hinzu, auch einem Lehrer als »Hans« nicht mehrbeizubringen
ist, was er als »Hänschen« nicht lernte. Einzig für den
Meurerschen Kursus der »vergleichenden Formenlehre des
Ornaments und der Pflanze« liegen noch immer Meldungen
vor, so daß diese Kurse immer noch weiter abgehalten und
sogar auf das »Modellieren von Pflanzenformen« ausgedehnt
wurden, »zugeschnitten auf Lehrer an Kunstgewerbe- und
Handwerkerschulen«. Das ist erklärlich, weil (leiderlassen
sich starke Worte nicht immer vermeiden) der Meurersche

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