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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Hellwag, Fritz: Die Kunstgewerbeschule in Magdeburg: zu den Abbildungen aus der letzten Ausstellung von Schülerarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0209

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Io—gischer—weise erst zuletzt kommen. Nun endlich,
jetzt wißt ihr alles, alles habt ihr »gehabt«. Nun
losmarschiert, eins, zwei, eins, zwei, und Gott befohlen.
Ja, der Orientierungssinn, wenn ihr den nicht hättet!
Die Zukunft Deutschlands liegt auf dem . . . , was,
ihr seht den Wald vor Bäumen nicht mehr? Ihr traut
euch nimmer, euer Mut sei erfroren, ihr wollt lieber
zu Hause bleiben? Recht habt ihr, Kinder: Ost oder
West, to Hus ist best! Die Schönheit wird schon
mal zu euch kommen. Ihr habt ja das Abgangs-
zeugnis, sie kann nicht an euch vorbei. Ja, Kinder,
eines Tages, eines Tages . . . ! (Zitternd hoffendes
Lächeln huscht wieder über die enttäuschten Gesichter.)
Andere dagegen sagen: »Empfindungen, Anschau-
ungseigenheiten können nicht gelehrt, sie können nur
durch ein reiches geistiges Leben differenziert, ver-
feinert werden. Aber sie müssen vorhanden sein und
mitgebracht werden, die Schule kann dazu nichts tun.
Sie sollen aber vom ersten Tag an in Wirksamkeit
gesetzt werden, denn sie sind das eigentliche Kapital
des Schülers, sie machen die Stärke seiner Begabung
aus . . . Würde der Schüler lediglich Naturstudien
treiben, so lernt er zunächst nur, Gesehenes wieder-
zugeben, aber nicht, seine Vorstellungen ausdrücken.
Übernähme er fertige ornamentale Formen, so hätte
er damit auch präzisierte Empfindungen übernommen,
die nicht die seinen sind. Es muß daher erreicht

werden, den Schüler dazu zu bringen, daß er immer
nur sich selbst ausdrückt, mag es auch in noch so
unbeholfener Art geschehen . . . Anleitung zu pro-
duktiver Tätigkeit: das ist von Beginn bis Ende des
Studiums der eigentliche Zweck aller erzieherischen
Maßnahmen«. So spricht der Direktor der Magde-
burger Anstalt, Professor Rudolf Bosselt. Ja, er geht
noch weiter und mit folgendem Wort sticht er den
Präzeptoren von indiskutabel vorbildlicher Könner-
schaft mitten ins Herz: »Ein guter Lehrer ist der, aus
dessen Klasse -— unter seiner suggestiven Einwirkung,
aber nicht durch seine manuelle Einwirkung — Arbeiten
hervorgehen, die er selbst nicht machen könnte«.
So stehen sich, einmal nur schwarz und weiß gemalt,
die grundsätzlich gegnerischen Auffassungen gegenüber.
Das Leben ist ja launisch und wird zuweilen der ersten
Kategorie Begabungen in die Hände spielen, die, wie
wir es z. B. auf anderem Boden an Gertrud von Ku-
nowski erlebten, durch alles dozieren nicht tot zu kriegen
sind, sondern die Dozenten forsch ins Schlepptau
nehmen und zum nachposaunen zwingen; es wird
der zweiten Katogorie Schüler zuführen, die nicht mehr
als eine rezeptive Begabung besitzen, die nur eine
geschmackliche Erziehung vertragen, »Hilfskräfte der
Praxis, anpassungsfähig im besten Sinne«. (Bosselt nennt
sie »Durchgangsbegabungen«, weil sie »empfangen und
weiterleiten«.) Aber die nackte theoretische Regel kennt

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