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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Becker, Heinrich: Ausstellung der staatlich-städtischen Handwerkerschule in Bielefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0240

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wickeln, und daß die besten Kräfte nur aus dem Boden schöpferischer
Sinnlichkeit gezogen werden können. In diesem Sinne wird auch in
der Handwerkerschule gearbeitet, wenn ich den Geist ihrer Arbeit
recht erkannt habe.
Die Ausstellung, mit der der Neubau der Schule eröffnet wurde,
zeigte zum ersten Male seit ihrem Bestehen in vollem Umfange, was
Lehrer und Schüler wollen und leisten. Sie gab zugleich einen glänzen-
den Beweis von der neuen Gesinnung, die anfängt, auch in unsere
Handwerkskreise einzudringen. Mag man auch nicht allen Arbeiten im
einzelnen zustimmen, wie hier versucht wird, über das Schablonenhafte,
Schematische, Gedankenlose hinwegzukommen, hat etwas entschieden
Überzeugendes, auch für die weiten Kreise des Publikums. Kaum
irgendwo fand man etwas Gesuchtes oder Gequältes. Ein Zug von
Freudigkeit lag in den meisten Arbeiten. Das mag zum Teil an der
glücklichen Auswahl liegen, ist aber gewiß nicht restlos, vielleicht nicht
einmal in der Hauptsache daraus zu erklären. Und wer es noch
nicht wußte, konnte hier erfahren, was Qualität ist. Die beigefügten
Abbildungen, die nach Aufnahmen von Schülerarbeiten gemacht sind,
werden von dem hier Gesagten einen annähernden Begriff geben. Sie
erschöpfen natürlich nicht die Arbeitsgebiete der Schule.
Zwischen Kunst und Handwerk gibt es keine feste Grenze. Es
ist eine untrennbare Folge von dem einfachsten, unscheinbarsten Werk-
stück an bis zu den letzten Gipfeln der Kunst. Jede Scheidung an
besonderer Stelle ist willkürlich, und nur von besonderen Gesichtspunkten
aus richtig, im übrigen wichtig nur für Abstraktionen. Immerhin wurde
es in der Ausstellung klar, daß in der Handwerkerschule nicht der ab-
soluten Kunst, sondern dem Handwerk, der handwerklichen, der an-
gewandten Kunst gedient wird. Selbst in den plastischen Arbeiten und
in den Zeichnungen naturnachbildender und stilisierender Art wird diese
Tatsache unzweideutig klar. Aller Fortschritt der handwerklichen Arbeit
ist letzten Endes unmöglich ohne das Kennen und Nachbilden der natürlichen Erscheinungsformen. Worauf
es ankommt in der Kunst wie im Handwerk, ist das Machen, nicht das Reden, auch nicht das bloße Ent-
werfen. Der Entwurf muß Wirklichkeit werden. In den praktischen
Werkstätten, die einen beträchtlichen Raum in der Schule einnehmen,
sind wir darum am springenden Punkt des ganzen Schulbetriebs.
Hier ist die Verbindung zwischen Lehre und Leben, zwischen
Ersonnenem und Geschaffenem, zwischen Plan und Werk gegeben.
Hier muß sichs erweisen, was die Schule der gewerblichen Arbeit zu
bieten vermag. Wohl fürchtet der einzelne Handwerker hier Kon-
kurrenz. Aber was will das heißen? Die Handwerkerschulen sollen
nicht dem Handwerker, sondern dem Handwerk dienen. Sie wollen,
sie sollen den Wettbewerb eröffnen, Kopf und Hände zu neuen Taten
fortreißen. Alles Große entsteht im Kampf mit den Besten. Und es
handelt sich wahrhaftig um etwas Großes, um eine dem In- und
Ausland gegenüber gleichmäßig bedeutende nationale Sache: die
Wertsteigerung der deutschen Arbeit. Hier in den Handwerker-
schulen müssen Gradmesser geschaffen werden für das, was unser
Kunsthandwerk zu leisten imstande ist. Hier muß das Publikum
sehen, was ihm fehlt. Hier muß es den Sinn bekommen für
Qualität in Stoff und Arbeit. Hier muß das Begehren nach Gutem
geweckt werden. Es kommt schließlich doch dem Handwerker zugute.
Von besonderem Werte war es, daß in der Ausstellung auch
die Lehrer der Schule, außer Herrn Godewolds, mit einer größeren
Zahl von Arbeiten vertreten waren. Sie bildeten die notwendige
Ergänzung zu den Schülerarbeiten. Man sah Anfang und Ende
dessen, was in der Schule erstrebt wird. Die Architekten, ITerr
Wrba und Herr Wörnle, mußten sich im wesentlichen auf Pläne
und Photographien beschränken, wodurch ihre Arbeiten natürlich
nicht so unmittelbar zur Wirkung kamen. Wenige aber ausgezeichnete
Arbeiten waren von Frl. Kleinhempel und Frl. Hersei zu sehen.
Herr Muggly, soviel man auch an Glasbildern und Mosaiken von
 
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