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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Meier, Burkhard: Kunstgewerbe der Frau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0242

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KUNSTGEWERBE DER FRAU
Unter diesem Titel veranstaltete der Rheinisch-West-
fälische Frauenverband eine Ausstellung im Landes-
museum zu Münster i. W. So klein sie an Umfang
war,'so gut war sie dem Inhalt nach: sie hatte für diese
behagliche, ohne Berührung mit der Kunst der Gegenwart
dahinlebende, mehr rückwärts, wie um sich und vorwärts
schauende Stadt eine solche Bedeutung, daß man die Er-
innerung an sie in Wort und Bild festlegen möchte. Man
wird natürlich in keiner Weise verlangen oder erwarten,
daß diese Ausstellung über die nähere Umgebung Münsters
hinaus Teilnahme findet, daß man sie für mehr als eine
heimatliche, auf örtliche Bedürfnisse zugeschnittene Veran-
staltung hält. Aber es waren doch Dinge dort zu sehen, die
durch künstlerische Qualität, als neue oder seltene Erschei-
nungen das Interesse auch weiterer Kreise verdienen. Einen
breiten Raum nahmen die Erzeugnisse der Schule fiir Spitzen-
kunst in Düsseldorf e.m, denen man neuerdings immer häu-
figer begegnet. Aber erwähnt sollen sie doch werden, da
dieses auf sozialer Basis gegründete Unternehmen, das die
Absicht verfolgt, den deutschen Heimarbeiterinnen lohnen-
den Absatz zu sichern und die deutsche Spitze gegenüber der
ausländischen zur Geltung bringen will, unsere wärmste
Teilnahme verdient. Das Hauptgewicht wird auf eine preis-
werte, dauerhafte Gebrauchsspitze gelegt; die Düsseldorfer
Spitzen sind einfacher als die aus den Schulen der Fürstin
Pleß in Schlesien und halten sich in den Mustern mehr
an die hergebrachten Formen.
Der zweite Flauptakzent lag in den Arbeiten der Ge-
werbeschulefür Mädchen in Hamburg (Direktion Frau Oakes),
deren kunstgewerbliche Klassen unter der Leitung von Cläre

Niemer und Paula Mem^-Drolshagen stehen. Aus den ver-
schiedenen Kursen, für Kindergärtnerinnen,Handarbeitslehre-
rinnen usw., waren einzelne Proben zu sehen, die jede ihre
besondere Methode zeigte. Besonderer Wert wird auf die
Ausbildung von Kunststickerinnen gelegt, für ihren Beruf in
Fabriken und Ateliers. In der Pflege der Stickerei erblicken
die beiden Damen ihre wichtigste Aufgabe, und auch die
Tradition halbvergessener Techniken wird beobachtet. Die
zahlreichen Schülerarbeiten ließen erkennen, daß aus der Tech-
nik jedesmal erst die Zeichnung entwickelt wird und alsdann
der Phantasie freier Spielraum gelassen wird. Die Schülerinnen
werden angehalten, selbständig zu entwerfen, gleichsam mit
der Nadel zu skizzieren, ohne in erster Linie an einen be-
stimmten Zweck zu denken. Die köstliche Frische und Un-
mittelbarkeit vieler Arbeiten ist das Ergebnis dieser vor-
züglichen Methode. Unter diesen namenlos ausgestellten
Schülerarbeiten fielen einige auf durch die lebendige und
kaprizinöse Gestaltung von Menschen und Tieren, die schon
ein ausgereiftes Können verrieten. Ebel heißt diese junge
Dame, von der hier eine Illustration zu einem Andersenschen
Märchen in Applikation und Wollstickerei auf farbigem
Grund, ganz ornamental und mit reizender Übertreibung
der Physiognomien, gezeigt wird. Und ähnlich ist der
Wandschirm, auf dem links die einheimischen, rechts
die ausländischen Giftpflanzen, personifiziert als häßliche
und absonderlich aussehende Menschlein, dargestellt sind.
Der Grund ist weiß, die linearen und vegetabilen Orna-
mente schwarz, die Giftpflanzen selber von fröhlicher Bunt-
heit. Der ausgeprägte Stil dieser Figuren mit ihren gra-
ziösen, eine Sprache für sich redenden Linien zeigt ganz
deutlich den Einfluß der neuen Wiener Kunst, die durch


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