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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 14.1917

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Nr. 38 (29. Juni 1917)
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DER KUNSTMARKT
XIV. Jahrgang 1916/1917 Nr. 38. 29. Juni 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten ^halbjährlich 6 Mark.
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leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
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Die nächste Nummer des Kunstmarktes (Nr. 39) erscheint Mitte Juli

DIE VERSTEIGERUNG AUMÜLLER

Seit den verschiedenen Versteigerungen der Samm-
lung des Baron von Lanna-Prag im Jahre 1909 hat
keine Sammlung alter Graphik ein so starkes Inter-
esse zu beanspruchen vermocht als die Sammlung
Aumüller, die Jacques Rosenthal-München in Berlin
durch die Firma Cassirer-Helbing am 19. und 20. Juni
zum Angebot brachte. Wenngleich der Kreis der
Interessenten für alte Graphik durch die enorme
Steigerung der Schätzung, welche die moderne Graphik
im letzten Jahrzehnt erfahren hat, sich erheblich ver-
kleinert hat und neben den Kupferstichkabinetten die
Privatsammler auf jenem Gebiet ganz vereinzelt stehen,
konnte die Sammlung, die an Stückzahl sich mit der
Lanna-Sammlung nicht entfernt messen konnte, doch
eine Gesamtsumme von über 400000 M. erreichen
und den einzelnen Stücken eine Preisierung ver-
schaffen, die oft das Doppelte der Lanna-Preise bei
gleicher Qualität der -Drucke erreichte. Neben den
Kupferstichkabinetten traten als Käufer besonders auf
die Herren Davidsohn-Berlin, Licht-Berlin, Busch-
Mainz, Gerstenberg-Berlin und die bekannten Händler
Meder-Berlin, Voigtländer-Frankfurt, Börner-Leipzig,
Halle-München, Heß-München u. a.
Der oft nur reproduzierenden Kunst der deutsch-
niederländischen Stecher des 15. Jahrhunderts, der
J. v. Meckenem und des Meister von Zwolle, scheint
sich die Gunst der Sammler nicht mehr wie früher
zuzuwenden, sicherlich unter der Einwirkung des
höheren Sinnes für das Originale in der graphischen
Erfindung, den die neuere Graphik erzogen hat.
Schongauer dagegen, der mit teils sehr guten Drucken
vertreten war, wurde oft heiß umstritten, zumal er
auf dem Markt zu den größten Seltenheiten zählt.
Das anmutige Blatt »Maria in einem Hofe« B. 32, stieg
auf 65oo M. (Licht-Berlin), den »Heil. Christopherus«
B. 48, erwarb das Kabinett in Budapest mit 4450 M.
und das Hauptblatt »Die große Kreuztragung« B. 21
fand mit 4100 M., die große Seltenheit der stehenden
»Verkündigungsmadonna« B. 2 mit 3200 M. und die
»GeißelungChristi« B. 12 mitigoo (Kabinett-Berlin) ihre
Käufer. Die Dürer-Drucke wurden oft dreimal so hoch be-
zahlt als bei Lanna, und selbst schwächere Drucke er-
zielten nie gehörte Preise. So ist trotz vorzüglicher
Druckqualität der Preis von 10700 M. (Busch-Mainz)
für den »Heiligen Eustachius« B. 57 ein sehr erheb-
licher, ebenso für das kleine Blatt »Christus am Kreuz«
B. 24, mit 2650 M. (Licht-Berlin). Die Meisterstiche
Dürers in sehr guten, aber doch nicht besten Drucken,

wie »Hieronymus im Gehäus« B. 60 mit 8700 M.
(Busch-Mainz), »Ritter, Tod und Teufel« B. 98 mit
10800 M., haben diese Preise kaum je erreicht. Auch
das sonst nicht sehr beliebte Blatt »Das große Glück«
B. 77, brachte den Preis von 8600 M. (Voigtländer-
Frankfurt). Von den anderen Arbeiten genießen die
Madonnen das größte Interesse, so stieg die »Madonna
an der Mauer« B. 40 auf 3910 M., die »Madonna
mit der Birne« B. 41 auf 2850 M. und die »Ma-
donna mit der Sternenkrone« B. 31 auf 1200 M.
(Davidsohn-Berlin). Von den Holzschnitten brachte
das »Marienleben« in schönen Probedrucken 11 600 M.
und die acht Blätter des »Triumphbogens Kaiser Max« in
der ersten Ausgabe mit deutschem Text vom Jahre 1522
die Summe von 15600 M. Schöne Drucke der »Drei-
einigkeit« mit 1000 M., »Christoph mit dem Christkind«
mit 950 M. erzielten hiermit ansehnliche Preise. Aus
dem Cranach-Werk sei nur der Clair-Obscurholzschnitt
des »Heil. Christopherus« mit 950 M. und die »Ruhe
auf der Flucht« mit 370 M. (Davidsohn-Berlin) genannt.
Besonders umstritten wurde der schöne Druck des
Holzschnitts »Das große Taufbecken« von Altdorfer,
der auf 680 M. stieg (bei Lanna, guter Druck, 1909
235 M.). Den deutschen Kleinmeistern ist das alte
Interesse geblieben. Bartel Behams Porträt des »Kaiser
Ferdinand 1.« wurde mit 620 M. versteigert und die
bekannten Blätter von H. Sebald Beham, wie »Der
Tod und das unzüchtige Paar« mit 240 M., die
»Dame und der Narr« mit 275 M. und »Der Dudel-
sackpfeifer« mit 480 M. hielten ihre Preise; ebenso
die Landschaften Lautensacks, die sich zwischen 200
und 300 M. bewegten, und die Porträts Aldegrevers,
von denen man für den »Knipperdolling« 550 M.
(Davidsohn-Berlin) bezahlte. Aus dem reichhaltigen
Lucas v. Leyden-Werk interessieren besonders die
schönen tiefen Drucke der Frühwerke, von denen das
Kabinett Berlin den »Heil. Lucas« für 1010 M. er-
stand und den zarten Stich der »Madonna in der
Strahlenglorie« B. 80 für 650 M. Die »Auferstehung
des Lazarus« wurde mit 710 M., die »Rückkehr des
verlorenen Sohnes« mit 1140 M. und das »Milch-
mädchen« mit 1000 M. (Davidsohn-Berlin) bezahlt.
Aus den Blättern Hendrick Goltzius fand das Selbst-
porträt des Meisters in Lebensgröße, einem Abdruck
vor der Schrift, mit 850 M. seinen Liebhaber.
Kleiner war der Interessentenkreis bei den Stechern
Italiens aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Ein seltenes
| Blatt von Montagna »Der Heil. Georg« brachte 450 M.,
 
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