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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 14.1917

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Nr. 44 (28. September 1917)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54676#0288

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278

DER KUNSTMARKT

zeugkrüge der Renaissance nach einer Zeit der Vergessen-
heit wieder zu Ehren gekommen, zuerst bei einigen Kunst-
freunden der Niederlande, die in ihrer Heimat, dem nächsten
Absatzgebiet der alten Krugbäckergilden von Siegburg,
Raeren und vom Westerwald, noch reiche Bestände dieser
stattlichen Schenkkannen und vielgestaltigen Krüge vor-
fanden. Damals entstand als eine der ersten die Samm-
lung Joan d’Huyvetter, die, schon 1829 in einem Tafel-
werk unter dem Titel »Zeldzaamheden« veröffentlicht, nach
ihrer Versteigerung den Grundstock für die höchst an-
sehnlichen Steinzeugsammlungen der Museen von Brüssel
und South Kensington bildete. Es folgten die Samm-
lungen Weckherlin im Haag, Renesse, Ch. Minard van
Hoorebeke in Gent, aus deren späterer Auktion manche
hervorragenden Hauptstücke, wie die seltenen Doppelring-
krüge, in die Sammlung Albert von Oppenheim überge-
gangen sind.
Von der wirklichen Herkunft und den Meistern der
Renaissancekrüge war in jener Zeit fast nichts mehr be-
kannt: in Siegburg, Köln, Frechen, Raeren waren die Krug-
öfen längst erloschen, und der dem haupsächlichsten Fund-
gebiet der ersten Krugsammler entnommene Name »Gres
flamand« mußte unterschiedslos alle Erzeugnisse der ver-

schollenen Betriebsorte decken. Hierin schufen erst am
Anfang der siebziger Jahre die Forschungen des Kölner Kap-
lans Dornbusch gründlichen Wandel, der die alten Töpfer-
plätze Siegburg, Frechen und Raeren sozusagen von neuem
entdeckte. Nach seinem Beispiel oder auf seine Anregung
begannen die beutereichen Ausgrabungen in den Brüch-
lingslagern und Scherbengruppen dieser Orte, die nicht
nur der historischen Erkenntnis eine sichere Grundlage
schufen, sondern auch dem Sammeleifer einen mächtigen
Anstoß gaben.
Überall, wo Museen und Kunstfreunde die Schätze
des alten Kunstgewerbes wieder zu heben und zu ver-
einigen strebten, wurden nun auch die Steinzeugkrüge be-
gehrt und heiß umworben, um so mehr, als sie dem der
deutschen und niederländischen Renaissance zugeneigten
Zeitgeschmack, von 1870 bis 1890 ungefähr, am vollkom-
mensten entsprachen. In ihren kraftvoll geschwungenen
Umrissen, den klar gegliederten Formen und dem bilder-
reichen Reliefschmuck hat sich die Renaissance des Nordens
eindrucksvoll verkörpert. Seit die rheinische Heimat des
Steinzeugs der Renaissance festgestellt war, wurde Köln
wieder ein Mittelpunkt des Krughandels, der es schon im
16. und 17. Jahrhundert gewesen war. Wie damals die



Stollenschrank. Rheinland, 16. Jahrhundert.
(Aus der Sammlung Oppenheim. Versteigerung durch Lepke und Helbing in Berlin.
23. Oktober 1917. Kat. 1726. Nr. 196.)

Ofenmodell. Winterthur, 17. Jahrhundert.
(Aus der Sammlung Oppenheim. Versteigerung durch Lepke und Helbing in Berlin.
23. Oktober 1917. Kat. 1726. Nr. 114.)
 
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