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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 15.1918

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XV. Jahrgang (1917 / 1918)
DOI article:
Nr. 11 (14. Dezember 1917)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54654#0088
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DER KUNSTMARKT

»Maria« um 1480 30000 M., während er bei dem
»Bildnis des Octavius de Strada« von Tintoretto Herrn
Komm.-Rat Goldfarb aus Preuß.Stargard mit 230000 M.
den Vortritt lassen mußte. Nur noch das »Bildnis
des Savelli« von Moretto konnte eine ähnliche statt-
liche Summe erzielen, mit 200000 M. erwarb es
Komm.-Rat Castiglione-Wien. Das »Prokuratorenpor-
trät« Tintorettos mit 68000 M., Bassanos »Männer-
bildnis« mit 30000 M. und Beccaruzzis »Männer-
bildnis, stehend in Lebensgröße« mit 50000 M. (Drey-
München) hielten sich in der Taxgegend. Das »Brust-
bildnis eines Goldschmiedes« von Lorenzo Lotto aber
verdreifachte mit 7 7 000 M. (Berlin, Privatbesitz) bei-
nahe die Taxsumme. Den sehr guten Marco Zoppo,
Hieronymus«, konnte J. Rosenthal - München mit
27 000 M. billig erwerben; ebenso F. W. Lippmann-
Berlin den »Hieronymus« von Basaiti mit 13000 M.
Und die reizenden »Fünf Predellentafeln« von Inno-
cenzo da Imola konnten sogar für 6600 M. erstanden
werden, während 25 000 M. für Panettis großes »Al-
tarbild« und 10 000 M. für Grimaldis schlecht erhal-
tenes »Altarbild« den wenig angenehmen Tafeln gerade
noch gerecht wurden.
Der Nachmittag des ersten Auktionstages brachte
dann die große Erwartung, die nordischen Primi-
tiven. Und an erster Stelle das Bild der Sammlung,
das »Männerbildnis« von Roger v. d. Weyden. Mit
340000 M., womit es der Berliner Händler Dr. Wend-
land erwarb nach längerem Streit, schienen nicht alle
phantastischen Gemüter beruhigt zu sein. Mit der
»Madonna auf Rasen« in der Nähe des Flemalle-
Meisters hat das Kaiser-Friedrich-Museum seiner gro-
ßen Sammlung früher Niederländer ein sehr schönes
Stück einfügen können (80000 M.). Nicht immer war
es den Museen leicht, dem Ansturm der Sammler und
Händler standzuhalten. Darum wird man es beson-
ders begrüßen, daß dem Kaiser-Friedrich-Museum für
diese vortreffliche Katalogisierung von der Familie
v. Kaufmann die sehr interessante »Kreuzigung« eines
böhmischen Meisters um 1360 und das schöne »Bild-
nis eines jungen Mannes« von Hans von Kulmbach
geschenkt wurde. Die Münchener Pinakothek hatte
ihre Gönner an anderer Stelle sitzen, und als Prof. Lanz-
Amsterdam das »Schlaraffenland« von Pieter Bruegel
für 310 000 M. erstanden hatte und erklärte, daß er
unter Mithilfe von Gönnern im Namen der Münchener
Pinakothek geboten habe, löste sich die Spannung
des Publikums in einer Ovation. Auch Frankfurts
Staedelinstitut konnte ein Meisterwerk sich sichern,
indem es geheimnisvoll durch einen Fremden die
»Ausstellung Christi« von Hieronymus Bosch mit
105 000 M. erwarb. Mit 17000 M. konnte das Ger-
manische Museum die »Kreuztragung« von Schüchlin
erstehen. Reicher konnte die Desdener Gemäldegalerie
auftreten. Wenig begehrenswert erschien das »Mar-
tyrium des Bartholomäus« von Hans Holbein d. Älteren
für 32 500 M., während das reizende Stück der »Ge-
burt Christi« von Lucas Cranach mit 34 800 M. und
das »Männerbildnis« desselben Meisters, wenn auch
etwas hoch für 76000 M., gute Bereicherungen der
sächsischen Meister in der großen Galerie bedeuten.

Ebenso hat die Österreichische Staatsgalerie (Prof.
Haberditzl) mit dem »Abschied Christi« von Wolf
Huber ein vortreffliches Bild mit 27 500 M. erworben
und das Budapester Museum die »Magdalena« Co-
lijn de Coters mit 93000 M.
Lebhafter wogte das Hinundher, als die großen
Sammler an die berühmten Niederländer dieser Samm-
lung kamen. Den »Christuskopf« (im Rund) von
Memling erstand Herr Busch-Mainz und die kleine
Madonna desselben Meisters mußte man mit 135000 M.
nach Schweden zu Herrn Beskow wandern lassen.
Während die große Tafel der »Anna Selbdritt« vom
Ursula-Meister mit 265 000 M. Herr Lederer-Wien er-
stehen konnte. Von den Bildern Gerard Davids
gingen zwei kleine Altarflügel für 105 000 Mk. an
Herrn Onnes-Amsterdam und mit 76 000 M. entführte
Frau Dr. Kröller-Haag die etwas flaue »Pieta« des-
selben Meisters nach demselben Auslande. Den dritten
David, eins der schönsten Bilder der Sammlung,
rettete aber Herr v. Pannwitz mit 200 000 M. für
Berlin, der überhaupt als der stärkste Berliner Privat-
käufer auftrat. Gleich das folgende Stück, der reiz-
volle Flügelaltar von Adriaen Ysenbrant erwarb der-
selbe Sammler mit 76 000 M., derselbe das Bildnis
einer jungen Frau vom »Porträtisten der vierziger
Jahre« mit 80 000 M. und das prachtvolle Porträt von
Dirk Jacobsz mit 101 000 M., wie auch seine Wahl
der »Zwei Altarflügel« von Stefan Lochner (32100M.)
und der »Kopf des hl. Jacobus« von Bartholomäus-
Meister (35 000 M.) sowie die stehende Figur des
»hl. Weinher« vom Meister von Meßkirch sehr glück-
lich war. Von anderen Berliner Sammlern erwarb
Herr v. d. Heydt die »Madonna des Joos van Cleve
für 53 000 M. und die schöne »Madonna« des
Meisters des Heisterbacher Altars nach längerem Streit
für 63000 M. Herr Eduard Simon bezahlte die
»Landschaft« Patiniers mit der stattlichen Summe von
70 000 M. und Gossaerts reizende »Madonna« mit
59000 M. Herr Baurat Sommergut zahlte für die
»Anbetung der Könige« von Jacob Cornelisz 64 010 M.
Auch die kleine »Madonna« Holbeins d. Ält. verblieb
in Berliner Privatbesitz (Herr Pahlen mit 36 800 M.);
ebenso die »Novellenszene« von Schäufelein (Herr
Dr. Hirschler mit 22 500 M). In Frankfurter
Privatbesitz gelangte mit 91000 M. die schöne »Ge-
burt Christi«, von Friedländer dem Meister Virgo
inter Virgines zugeteilt; ebenso die »Anna selb-
dritt« des Westfälischen Meisters um 1460, deren
koloristischer Reiz auffiel (41 000 M.). Nach Wies-
baden zu Herrn Henckel ging die große Tafel der
Taufe Christi vom Bartholomäus-Meister für den hohen
Preis von 330000 M. Stark beteiligte sich auch Herr
Busch-Mainz, der den »hl. Christophorus mit27 000M.,
die »Geburt Christi mit Donatoren« von Bruyn d.
Älteren für 74 000 M. und das Bildnis eines jungen
Mannes vom selben Künstler für 24500 M. erwarb.
Die »Geburt Christi« mit dem Lichteffekt in der
Nacht, den auch derselbe Gegenstand von Bruyn ge-
zeigt hatte, die dem Joest van Calcar zugeschrieben
wird, bezahlte Herr Haniel-Düsseldorf mit 80 000 M.
und die »Magdalena« von Jacob Cornelisz Herr Chil-
 
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